Kapitel 54

187 12 0
                                    

P.o.V. Peter Paker:

Ich ließ diese ungewöhnliche Person vor mir nicht aus den Augen. Bis jetzt hatte ich nicht besonders viel über meinen Entführer herausgefunden. Er war stark, so viel wusste ich jetzt auf jeden Fall. Ach und, dass weder Max noch Justin seine richtigen Namen sein würden. Blieben also nur noch ein paar Millionen andere. Super.
Justin, Nyx, Lee, oder  wie auch immer ich die komplett verhüllte Person nennen sollte,schien völlig entspannt zu sein, während er, ohne mich auch nur an zu schauen, abwechselnd kleine Kirschtomaten und Weintrauben aß. Dabei beachtete er nicht mal den Bagel, welcher aus einer vollen Brötchentüte lugte. Der war doch viel leckerer!
Verdammt, er hatte sich echt Mühe gegeben, dass ich dem Essen nicht wiederstehen konnte. Aber wenn ich meine Maske nur bis zum Mund hoch zog...
Justin schien wirklich nicht meine richtige Identität erfahren wollen. Generell kam ich mir in seiner Gegenwart so unglaublich klein und schlecht vor, als wäre meine Existenz unnötig. Jede meiner Fragen schien er mit einer schlauen und gleichzeitig lässigen Antwort entgegenen zu können. Das einzige, womit ich ihn ein kleines bisschen aus der Fassung bringen konnte,war die Sache mit der Folter.
War Nyx wirklich schon mal gefoltert worden? Ich hatte die Frage eigentlich nicht ernst gemeint, aber das zögern war die erste, echte Verunsicherung, die ich an ihm bemerken konnte. Doch ich wollte an das Gespräch nicht unbedingt an knüpfen.
Stattdessen sollte ich mir mal lieber überlegen, wie ich hier raus bekam. In den paar Stunden die ich allein gewesen war hatte mich eine unglaubliche Langeweile umfangen. Es gab keinen Weg aus dieser Lagerhalle, egal was ich anstellte und eine gute Möglichkeit, einen Hilferuf nach draußen zu schicken, fiel mir auch nicht ein, wobei ich darauf gewettet hätte, dass Nyx mindestens drei Wege gekannt hätte.
Komischerweise war er mir sogar sympathisch. Er erinnerte mich ein wenig an einen Teenager, auch wenn die Stimme, welche natürlich durch die Maske gedämpft wurde, nicht so ganz passte.
Anscheind schien es ein einsamer, alter Teenager zu sein, denn er zückte plötzlich ein Kartenspiel,TopAss, und fragte:,, Wenn du schon nicht isst, wollen wir dann wenigstens ein Spiel spielen? Eine Stunde hätte ich noch Zeit"
Aha, also standen noch andere Sachen,als Leute zu entführen, auf dem Plan von Lee. Schön zu wissen. Jetzt war es ungefähr halb acht, dass bedeutete er könnte... so gut wie überall einen Termin haben. Außer vielleicht beim Zahnarzt, der machte Sonntags normalerweise nicht auf.
Ich fragte mich, wie lange ich hier noch versauern musste, bis ich raus gelassen werden würde, denn, dass Mr. Stark mich finden könnte, wage ich einfach mal zu bezweifeln. Er ist zwar super krass, aber ohne jegliche Information über mein verschwinden und den Entführer oder das Motiv... Dürfte schwierig werden.
Mein Verschwinden muss mittlerweile aufgefallen sein. Ich hatte mich gestern noch mit Mr. Stark treffen wollen und May war den gesamten Abend zu Hause gewesen. Mein Magen zog sich vor Schmerz zusammen, als ich an May dachte, die sich vermutlich ziemlich viele Sorgen machte. Ich war selten bis nie, länger als sie es erlaubt hatte von zu Hause weg geblieben. Sie musste völlig im dunkeln tappen, was mit mir geschehen war. Ob Ned oder Iron Man sie wohl auf klären würden? Würde Laila auch von meinem zweitem Leben als Spiderman erfahren. Ich hoffte nicht!
,,Hallo? Bist du verstummt?", erkundigt Justin sich mit einer genervten Stimme. Erschrocken zuckte ich zusammen. Ups, da war ja was. ,,Klar, gerne, wenn es für dich okay ist, wenn ich die da abzocke"  Das Spiel war ein totales Glücksspiel, wenn man nur schlechte Karten hatte, dann konnte man meistens auch nichts erreichen.
Außer die Karten waren gezinkt, doch das glaubte ich kaum. Was würde es Nyx bringen, unser Spiel zu fälschen, wo es doch um gar nichts ging.
Keine zehn Minuten später zweifelte ich da schon wieder dran. So ein Mist. Er schien die gesamten Karten auswendig gelernt zu haben, denn als ich am Anfang den Fehler machte und mich darüber freute, dass ich einen blauen Audi hatte, wusste er sofort, welche Karte ich besaß. Schrecklich.
Missmutig schmiss ich ihm meine letzte Karte hin. Das machte doch gar keinen Spaß. Naja, mir machte es keinen Spaß, mein Entführer hingegen freute sich wie ein Kleinkind, bevor er aufstand und sich einmal streckte.
,,Ich muss jetzt los, guten Appetit noch, ne. Oder willst du wieder versuchen raus zu kommen?" Beleidigt zog ich eine Schnute, er war einfach nur unfair gut trainiert, vielleicht sollte ich mir mal Gedanken darüber machen, irgendwelche Tricks zu üben.
Die letzte Frage ignorierend entgegnete ich:,, Wann kommst du wieder? Kannst du dann irgendein anderes Spiel mitbringen?" 
Darauf folgte ein heiseres Lachen:,, Jetzt stellt der feine Herr noch Ansprüche? Ich bring dir später Mittagessen, Max, aber keiner hat so viel Zeit wie du. Einfach die ganze Zeit in einer Lagerhalle rum lungern. Die Jugend heut zu Tage. Geht ja  gar nicht."
Wut kroch in mir hoch, doch bevor ich was erwidern konnte war Justin im Prinzip schon aus der Tür verschwunden, wieder ohne, dass ich einen kurzen Blick nach draußen erhaschen konnte. Das schien seine liebste Taktik zu sein: Ein Gespräch anfangen und das dann völlig abrupt zu beenden, damit man sich völlig uninteressant fühlte. Herzlichen Dank auch.
Nachdem ich mich mit Hilfe der Wärmekamera vergewussert hatte, dass er sich entfernte, streifte ich meine Maske ab und ignorierte den strengen Geruch. ,,Wie in einem Fuchsbau, hätte mein alter Sportlehrer jetzt wohl gesagt. Tatsächlich täte mir eine kleine Dusche sicher nicht schlecht und die notdürftige Toilette begann auch zu riechen. Naja, wenigstens hatte ich erstklassiges Essen. Und mehr als genug Zeit, um jede Sekunde unserer Unterhaltung zu analsieren, damit ich einen möglichen Fluchtweg  finden konnte.

Stark ist nicht starkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt