Kapitel 43

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May trug eine große, gut riechende Brötchentüte mit sich und lächelte mich, nachdem sie an Peter vorbei gegangen war, so herzlich an, als wäre ich ihr Lieblingskind oder jemand, den sie mochte, aber leider nicht so oft sah.
Allerdings konnte ich das Gefühl nur erwiedern. May war einfach eine Nummer für sich. Sie legte die Tüte achtlos auf den Tisch und schaute dann ihren Neffen gespielt strafend an:,, Hast du nicht den Tisch gedeckt? Weg mit den Hausaufgaben, das sieht ja schrecklich kompliziert aus"
Peter schüttelte  den Kopf:,, Also bitte, das Nervensystem eines Wales ist doch nicht halb so kompliziert wie das eines Menschens. Theatralisch hob ich die Hände:,, Es stellt sich nur die Frage, wofür wir den ganzen Mist lernen müssen" Mein Mitschüler pikste mich leicht in die Seite, bevor er sein Zeug wegräumte:,, Du halt mal lieber den Mund. Ich hab sehr wohl mitbekommen, dass du die Hausaufgabe innerhalb von Sekunden innerhalb der Stunde fertig gemacht hast"
Während May drei Teller zum Tisch trug schaute sie mich überrascht an:,, Sag nicht, dass du noch schlauer bist als mein Neffe, dann muss ich nämlich leider ganz schnell aus dem Raum verschwinden"
Verlegen zuckte ich mit den Schultern. Für mich war es ganz normal, schon Sachen gemacht zu haben, die manche vielleicht nie in ihrem Leben lernen würden. Außerdem hatte ich meistens mit welchen zusammen gearbeitet, die auch mega intelligent waren, also hatte ich nie besonders herausgestochen, wenn ich eine komplizierte Rechnung schnell im Kopf erledigte oder irgendwelche kleinen Körperteile des Menschens genau beschreiben konnte.
Bevor ich deas ganze runter spielen konnte, antwortete Peter für mich:,, Sie ist ein echtes Genie. Ich habe noch nie jemand gesehen, der in Mathe so schnell ist. Außer natürlich Mr. Stark"
Nein, ich wollte nicht mit meinem Vater verglichen werden. Ich war nicht wie er. Ich verließ nicht einfach die Frau, die ich geschwängert hatte. Vielleicht besaßen wir ein paar ähnliche Talente und konnten gut mit Technik umgehen, doch vom persönlichen, wollte ich nie im Leben so arrogant werden wie er.
Deswegen zuckte ich bloß mit meinen schultern und wollte gerade von dem Billiardär ablenken, als May schon nachhakte:,, Wann ist eigentlich dein nächster Termin bei ihm? Du hast nie erzählt, dass du so nah mit ihm zusammen arbeitest.."
Peter schien die Fragerei etwas unangenehm zu sein, wahrscheinlich vor allem, weil ich nicht wirklich auf seine Aussage reagiert hatte , weshalb er bloß antwortete:,, Morgen will ich nach der Schule eben vorbei schauen, aber eigentlich sehe ich ihn auch nicht so oft. Er hat ja nicht mehr all zu viel mit Stark Industries zu tun"
Mit einer einladenen Geste zog May einen Stuhl für mich nach vorne und legte uns allen einen riesengroßen, gut duftenden Cookie auf den Teller, der noch ganz frisch sein musste, da die Schokolade noch am verlaufen war.
Oh, ich liebte diese Teile. Gut, ich liebte eigentlich, abgesehen von Milchreis, jegliche Art von Essen, aber Cookies hatte ich noch nie wiederstehen können. Tja, dann ersetzten diese jetzt wohl mein Mittag- und Abendessen. Das war es mir mehr als wert.
Ich hatte den Cookie genauso schnell wie Peter aufgefuttert, während May noch genüsslich mit geschlossenen Augen ihre erste Hälfte aß. Dabei hatte die ganze Zeit Ruhe geherrscht. Erst jetzt, als Peter die letzten Krümmel von seinem Teller pickte, fragte er mich:,, Was hast du noch vor? Wie weit seid ihr mit eurer Wohnung?"
Gute Frage, nächste Frage. Nein, ich hatte immer noch keine Nachricht von Luis erhalten, dass Fite jetzt offiziell für Tod erklärt war, also wusste ich nicht genau, was für Alibis Hydra zur Zeit erschuf. Am besten ich erwähnte ihn gar nicht erst.
,,Es läuft ganz gut, wir haben jetzt die Küche und alles fertig, nur der Fernseher fehlt noch, allerdings machte mir das gar nicht so viel aus.."  Ich hatte ja mein Handy.. Mist, gerade fiel mir erst wieder ein, dasss es jetzt ja auch tot war. Retten konnte ich es sicherlich nicht mehr. Also durfte ich mir alle Kontakte neu erstellen. Und ich hatte für immer meinen Chatverlauf den ich nicht löschen musste, mit Fite verloren. Ebenso wie alle Vater- Tochter- Bilder, die wir an allen möglichen Orten der Welt aufgenommen hatten.
Bei dem Gedanken, dass jetzt all diese Erinnerungen unwiederruflich gelöscht waren, hätte ich am liebsten geheult, nur wäre es nicht so förderlich, wenn ich innerhalb kürzester Zeit nochmal vor Peter und May zusammen brach. Dann würden sie sicherlich mehr nach bohren und es würde schwer werden, neue Lügen zu erfinden.
Also riss ich mich zusammen und lächelte tapfer:,, Wie lange wohnt ihr hier eigentlich schon" May runzelte ihre Stirn:,, das müssten jetzt schon einige Jahre sein. Das weiß ich nicht mehr genau. Dafür kann ich dir sagen, dass diese Dreckskerle die Miete von Jahr zu Jahr nicht nur um ein paar Cent erhöht haben."
Peter grinste in sich hinein, anscheinend hatte seine Tante sich schon öfter darüber aufgeregt und tatsächlich folgte jetzt eine längere, allerdings noch ziemlich milde, Schimpftirade, dass sie mal lieber schauen konnte, ob sie eibnen Fahrstuhl einbauten, anstatt immer nur ab zu kassieren.
Es musste hart sein, als alleinerziehende Mutter genug Geld rein zu bekommen, um eine Wohnung in New York, auch wenn es nur Queens war, bezahlen zu können und nebenbei noch genug Zeit zu haben, um ein Kind groß zu ziehen.
Aber das Kind groß ziehen, dass hatte May auf alle Fälle mit bravour geschafft. Ich hatte wirklich selten  jemand so schlauen, sympathischen, sportlichen Typen wie Peter gesehen. Und das sollte was heißen, denn ich begegnete vielen Leuten in meinem Leben, die allesamt schon älter waren.

Stark ist nicht starkWhere stories live. Discover now