III - 12

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Als sie auf dem Klo ankam, atmete sie tief durch. Sie trat ans Waschbecken und hielt ihre Arme unter kaltes Wasser, nahm eins der Papiertücher, befeuchtete es und strich sich damit über Haaransatz und Nacken, ehe sie ihrem Blick im Spiegel begegnete.
Leichte Fältchen zeigten sich langsam auf ihrer Stirn und um die Augen. Doch sie war immer noch eine schöne Frau. Wie wohl andere sie sahen? Augenrollend wandte sie den Blick ab und gestand sich ein, dass sie wohl eher interessierte, wie eine bestimmte Person sie sah.
Erneut wallte Sehnsucht in ihr auf. Wie damals, wo sie sich so verzweifelt danach gesehnt hatte, dass ein Mann sie als Frau wahrnahm, die sich nach Nähe sehnte. Auch da hatte sie doch keinen Weg gekannt, wie sie es hinbekommen sollte, dass sie diese bekam...

Gretel keuchte unter Hendricks Berührung und sie bog ihm ihren Oberkörper entgegen, um ihm noch besseren Zugang zu ihren Brüsten zu geben, die er sachte liebkoste. Sie würde mit Sicherheit jeden Moment verglühen, wenn er so weitermachte. Erneut stöhnte sie, als er sich mit seinem Körper weiter Richtung Süden schob und eine Spur Feuerbrände legte, die nur er löschen konnte. Ihre Finger krallten sich in seine breiten Schultern, während er mit der Zunge über ihren rechten Oberschenkel zu ihrem Knie strich. Sie würde vergehen, dachte sie, ehe ihre Hände kraftlos von ihm herabfielen, weil er an ihrer sensiblen Innenseite wieder nach oben glitt. Als Hendrik sein Ziel erreichte, keuchte sie und ihre Nägel gruben sich in das weiche Laken, als die Empfindungen auf sie einströmen. Sie merkte, wie sich die Energie in ihrem Bauch konzentrierte. Jeden Moment würde sie ... es klingeln hören?

Irritiert schüttelte Gretel ihren Kopf und schaute auf Hendriks, der weiterhin völlig unbeeindruckt zwischen ihren Schenkeln ruhte. Wieder klingelte es und das Geräusch zerriss die Blase, in der sie sich noch vor kurzem befunden hatte. Als erneutes Klingeln ertönte, riss sie die Augen auf und blinzelte verwirrt, als sie sich auf dem Sofa wiederfand. Allein. Ohne Hendrik, aber mit diesem Summen in ihrem Unterleib. Wieder schüttelte sie den Kopf, um klar zu werden, und schob sich dann von ihrer Couch.

Auf halbem Wege hörte sie, wie ein Schlüssel ins Schloss geschoben wurde, und beschleunigte ihre Schritte. Sie griff gerade nach der Klinke, als die Tür aufgestoßen wurde und wich erschrocken zurück. Dort stand nicht nur ihr Mann. Hendrik wurde gestützt von seinem ehemaligen Partner und einem weiteren Streifenpolizisten, der wirkte, als wäre gerade erst in der Ausbildung.

Ihre Pulsfrequenz erhöhte sich sprunghaft, während sich ihre Brust gleichzeitig zusammenzog, als sie Hendriks breites Grinsen wahrnahm. Es stand zu einem krassen Kontrast zu der ernsten Miene von David und sie schluckte. „Da is' ja mein Liebling! Siehst du, Dave, ich hab dir gesagt, dass sie zuhause auf mich wartet und du mich einfach geh'n lass'n kannst..."

„Hi, Gretel." Sie schluckte nochmal und ihre Augen huschten zwischen ihrem Mann und den beiden Uniformierten hin und her. Sie spürte, wie sich ein Kribbeln in ihrem Nacken festsetzte, das das Summen in ihrem Bauch ersetzte. Hitze schoss ihr in die Wangen. „Wir haben Hendrik aufgegriffen, als er vor dem Präsidium ein wenig Stunk machen wollte."

„Nee, komm schon. Ich hab nur ein bisschen gefeiert, dass mich die Poli..." Hendriks Blick glitt zu ihr und er unterbrach sich, als er sie ansah. „Fuck, klar, dass das niemand versteht. Keiner versteht mich."

Sie wollte etwas sagen, konnte aber nur auf die Szene und die Gesichter der drei Männer vor sich blicken. Ihr war eiskalt. Sie würde bestimmt auch ersticken, denn die Luft war viel zu dick, um sie in Sauerstoff umwandeln zu können. „Wohin?"

Vage deutete sie in die Richtung, in der sich die Treppe zum Obergeschoss befand. Sie beobachtete, wie Dave seinem Begleiter einen Blick zuwarf, während sie hörte, wie Hendrik krakelte, er könne allein gehen. Die drei setzten sich in Bewegung und sie wich automatisch zurück. Sofort fiel ihr auf, dass Hendriks schwankende Schritte zwischen den Armen, die ihn stützten, seine Behauptung widerlegten. Wieder lief ein heißkalter Schauer über ihren Rücken und sie versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie das mitnahm.

Als die Männer an ihr vorbei waren, löste sie sich aus ihrer Starre und stieg hinter ihnen die Stufen hinauf. „Erste Tür." Sie fing wie nebenbei das Nicken der beiden Polizisten auf und fragte sich, ob der Alptraum irgendwann enden und sie aufwachen würde, so wie vorher. Doch offenbar träumte sie gerade nicht, denn während sich Hendrik weiterhin lautstark beschwerte, dass es menschenunwürdig wäre, wie sie ihn behandelten, ließen ihn seine Kollegen aufs Bett gleiten. Sie eilte zu ihnen und ging in die Knie, um Hendrik seine Schuhe auszuziehen, indessen sie den Blicken auswich, die sich in ihre Haut fraßen. Als sie den Kopf hob, legte ihr Mann fahrig seine Hand an ihr Gesicht. Wobei er dafür mehrere Anläufe brauchte. Offenbar hatte er Probleme damit, auszumachen, wo sich ihr Gesicht befand. „Du bist das Beste, was mir je passiert ist. Du und Flo."

Sie murmelte eine Bestätigung und half ihm, sich hinzulegen, ehe sie sich zurück zu Hendriks Kollegen umwandte. „Danke, dass ihr ihn gebracht habt."

Dave nickte und sie schloss sich den beiden an, als sie den Raum wieder verließen. Sie lehnte die Tür an und hörte Hendrik ächzen. Gerade hasste sie ihn. Dafür, dass er aller Welt offenbarte, was sich hinter ihrer Haustür abspielte. Während sie die Treppe hinunterstiegen, drehte sich Dave zu ihr, nahm seine Kappe ab und strich sich mit der freien Hand durch sein kurzes blondes Haar. Seine grauen Augen musterten sie besorgt, ehe er seufzte. „Geht das schon lange so?"

Automatisch schüttelte sie den Kopf und merkte, wie Daves Augenbrauen sich zusammenzogen und er die Augen zusammenkniff. Sie musste sich räuspern, der Frosch in ihrem Hals verstopfte ihre Kehle. „Nein, das war nur ... ein Ausrutscher."

Dave musterte sie und ihr schoss wieder Hitze ins Gesicht. Sie erreichten den Fuß der Treppe und der jüngere Polizist wandte sich zu ihr um. „Kaum vorstellbar. Er hat fast 2 Promille. Ein ungeübter Trinker läge jetzt im Koma."

Ihr stockte der Atem und ihre Hand legte sich automatisch auf Davids Unterarm, weil sie das Gefühl hatte zu taumeln. „Ich mach das, Lukas. Geh doch schon mal zum Auto, ja?"

Sie registrierte, wie der Angesprochene das Gesicht verzog, dann aber nickte und ihr einen Abschiedsgruß zuwarf. Sie erwiderte ihn mit zittriger Stimme und merkte, dass sich Daves Hand automatisch auf ihre gelegt hatte. Hastig entzog sie ihm ihre Finger und ging mit holzigen Bewegungen in den Wohnbereich.

Sie bemerkte, dass der ehemalige Partner ihres Mannes ihr langsam folgte, doch sie kümmerte sich nicht darum. Ihre Kehle war ganz ausgedörrt. Hastig trat sie an die Spüle und angelte ein Glas aus dem Schrank über sich, ehe sie es füllte und gierig trank. „Was ist passiert, Gretel?"

Sie stellte ihr Trinkgefäß ab und wandte sich zu Dave um, der offenbar die Scherben auf dem Wohnzimmerboden gesehen hatte, und zuckte mit den Schultern, als sein besorgter Blick zu ihr wanderte. „Das war ich. Hendrik hat damit nichts zu tun."

Sie bemerkte, wie David seine Mütze in seinen Fingern drehte, während er sie musterte. Anscheinend erkannte er, dass sie ihn nicht angelogen hatte, denn er nickte und seufzte anschließend. „Gretel, er hat ein ernstzunehmendes Problem. Wir konnten ihn gerade noch abfangen, bevor er Gefahr laufen konnte, aktenkundig zu werden."

Hektisch schluckte sie und senkte den Blick auf den Boden, bis sie sich gefangen hatte. „Ich weiß." Erst danach konnte sie Hendriks ehemaligem Partner wieder in die Augen sehen. „Danke, dass du ihn vor Schlimmerem bewahrt hast."

„Jederzeit. Aber das geht nicht immer." Sie stimmte kleinlaut zu und Schweigen senkte sich zwischen sie. Schließlich seufzte David. „Ich muss wieder los."

„Ok."

„Gretel..." Dave unterbrach sich und strich sich durch sein Haar, als würde er nach Worten suchen. „Pass gut auf dich auf, ja? Ich meine, er war mein Partner, ich habe mein Leben in seine Hände gelegt. Doch im Moment würde ich ihm nicht vertrauen. Wenn was ist ... und ihr Hilfe braucht..."

„Wir kommen klar." Sie biss sich auf die Unterlippe, weil ihre scharfe Erwiderung durch die Luft zischte wie ein Peitschenschlag. Sie bemerkte, wie David wieder zu Boden sah, ehe er abermals nickte.

„Ok. Ich finde selbst raus. Das Angebot steht dennoch." Sie dankte ihm nochmal und schloss die Augen. Als die Tür ins Schloss klickte, zuckte sie zusammen. Wo sollte das enden?

Gretel - Das bin ichWhere stories live. Discover now