43.Kapitel

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Meine Fingerspitzen strichen über ihr Bett und dann fand ich auch schon einen kleinen Zettel.
Ich wusste es doch.
Ich nahm den Zettel aus ihrem Bett, öffnete ihn und begann ihn zu lesen.

Liebe Lucy, lieber David,
wie ihr sicherlich schon bemerkt habt, wollte ich erst eure Tochter entführen und euch so einen Schrecken einjagen.
Außerdem wollte ich euch beweisen, wie leicht es für mich ist, einen von euch zu entführen, wenn ich schon eure Tochter entführen konnte, die nur ein paar Meter neben euch war.
Es war ein großer Fehler von euch, mir eine Falle zu stellen und das werdet ihr noch bitter bereuen.

Ich ließ den Zettel sinken und sah David geschockt an.
"Er wollte sie wirklich erst entführen, um uns zu beweisen, wie leicht das für ihn ist. "Dieses Arschloch", stieß David wütend aus und drückte Rose einen Kuss auf die Stirn, bevor er sie vorsichtig  in ihr Bett legte.
"Ich-ich weiß bald nicht mehr was ich machen soll. Mir sind die Hände gebunden und das fühlt sich so grausam an nichts tun zu können", sagte er verzweifelt und lief auf und ab.
"Mir sind doch auch die Hände gebunden, David", sagte ich und berührte ihn sanft an seinem Oberarm.
Er sah auf mich herunter und strich mir behutsam eine Haarsträhne hinter mein Ohr, die sich aus meinem Zopf gelöst haben musste.

"Ich muss sie beschützen. Ich muss euch beide beschützen, denn ohne euch beide macht meine Welt keinen Sinn mehr."

*

Später, nachdem wir beide einfach nur im Bett lagen und unseren eigenen Gedanken nachgingen, kamen meine Eltern und Emily wieder zu uns.
Wir wollten heute zusammen an den Strand gehen und mir schwebte schon genau vor Augen, wohin ich meine Eltern und Emily hinführen würde.
In der Nähe von unserem Haus, gab es eine kleine Bucht, die sogut wie nie von jemanden außer Jonathan, Lydia, David und mir besucht wurde.

Als meine kleine Schwester den Raum verließ um aufs Klo zu gehen, kam meine Mutter zu mir und sagte:
"Hope ist gestern von uns gegangen."

Als sie das sagte, hatte sie Tränen in den Augen und ich selbst musste auch weinen.
Hope war eine kleine Hündin gewesen, die Emily sich letztes Jahr kaufen durfte.
Sie war da gerade mal ein Jahr alt gewesen.
Jahrelang hatte meine Mutter mir und meiner Schwester den Kontakt zu Tieren verboten.
Ich hatte es zwar schon einmal erwähnt, aber falls ihr euch nicht mehr daran erinnern könnt, meine Schwester und ich hatten damals keinerlei Möglichkeiten gehabt jemals einem Tier zu begegnen.
Wir durften keine Freundinnen mit Haustieren besuchen und von einem Zoobesuch ganz zu schweigen.

Doch dann änderte sich alles vor gut einem Jahr.
Als meine Mutter und mein Vater sich geändert haben.
Ihre Fehler die sie getan hatten, bereut haben.
Es war, als wäre aufeinmal alles wieder klar erleuchtet gewesen, sodass sie mich und Emily wieder richtig wahr genommen haben.
Meine Mutter hatte sich ja daraufhin eine Auszeit genommen um für Emily da zu sein.

Und die erste große Veränderung, nach der Hochzeit von David und mir war, dass Emily sich einen Hund kaufen durfte.
Sie nannte sie Hope, da Hope für sie die Hoffnung auf ein besseres Leben war.
Ein besseres Leben, indem sich unsere Mutter und unser Vater wieder richtig um sie kümmerten.

"Was? Sie ist tot? Aber das kann doch nicht sein, sie war doch gerade einmal zwei Jahre alt", sagte ich ungläubig.
Sie konnte nicht tot sein.
Sie durfte es nicht.
Meine Schwester brauchte sie.
Wenn sie wirklich tot war und meine Schwester das erfahren würde, dann würde sie daran zerbrechen.
Sie liebte Hope vom ganzen Herzen, so sehr wie nun einmal ein Mensch ein Tier lieben kann.

"Sie hatte einen bösartigen Tumor.
Es war schon zu spät, die Ärzte konnten nichts mehr machen."
"Hast du vor es Emily zu...", wollte ich gerade fragen, als ich von einer kleinen piepsigen Stimme unterbrochen wurde.

"Sie ist tot?", erklang auf einmal die Stimme meiner Schwester, in der soviel Trauer mitschwang.
Meine Mutter und ich drehten uns zu Emily herum.
Emily stand angelehnt im Türrahmen und aus ihren kleinen blauen Augen liefen Tränen heraus.

"Nein, mein Schatz, die Nachbarskatze ist gestorben."
Wieso tat meine Mutter das jetzt?
Emily konnte sich doch denken das Hope tot war.
Wieso sagte sie ihr nicht einfach die Wahrheit, obwohl eine Lüge viel schmerzloser wäre?
Emily würde es doch trotzdem erfahren, wenn nicht jetzt, dann wenn sie wieder zu Hause war.
Doch ich konnte meine Mutter auch verstehen, sie wollte, dass Emily eine schöne Zeit hier hatte und nicht ständig an Hope denken würde und ihren Aufenthalt hier so nicht genießen könnte.

"Doch, sie ist tot. Hope ist tot", sagte sie, wobei ihre Stimme bei jedem Wort lauter wurde.
Sie drehte sich auf dem Absatz um und rannte ins Badezimmer.

Ich sah meine Mutter hilfesuchend an.
Doch meine Mutter saß einfach nur da und wusste nicht was sie tun sollte.
Ich stand auf um Emily zu folgen um für sie da zu sein, als meine Mutter mich an meinem Arm packte.
"Gib ihr ein paar Minuten, Lucy. Sie muss das jetzt erst einmal alles verarbeiten."
"Aber nicht alleine. Stell dir doch einfach mal vor wie es ihr jetzt geht.
Stell dir doch mal vor, wie es wäre, wenn du alleine mit diesem erdrückenden Schmerz wärst.
Wenn du alleine da sitzt und weinst und nicht mehr aufhören kannst zu weinen und niemand ist für dich da.
Wäre es dann nicht besser, wenn du diese Last, diesen Schmerz nicht alleine tragen musst? Wenn jemand bei dir ist, der dir ein Teil diesen Schmerzens abnimmt, der für dich da ist?"
"Da hast du mal wieder Recht, mein Schatz. Los, nun geh schon zu ihr.
Ich glaube ich würde es nicht schaffen jetzt so für sie da zu sein."

Meine Mutter ließ meinen Arm los, sodass ich zum Badezimmer lief, indem sich nach den Geräuschen zufolge Emily befand.
Mein Herz zog sich zusammen, als ich hörte wie sie weinte.
Ich klopfte an die Tür und sagte: "Emily?"
Doch ich bekam keine Antwort von ihr.
Ich öffnete die Tür und sah, wie sie zusammengekauert auf der Toilette saß.
Sie hob ihren Kopf und sah mich mit Tränen in den Augen an.
"Sie ist tot, Lucy. Tot", und als sie das sagte liefen noch mehr Tränen aus ihren Augen heraus.
"Sie hatte eine wunderschöne Zeit bei dir gehabt, daran musst du immer denken, du musst an die positiven Dinge denken, die du mit ihr erlebt hast, wie sie dich zum Lachen gebracht hat."
"Ich kann daran nicht denken, im Moment tut es noch so sehr weh", sagte Emily und stand von der Toilette auf.
"Komm her, Emily", forderte ich sie dazu auf zu mir zu kommen, sodass ich sie umarmen konnte.
Ich zog sie in eine Umarmung, wobei mir selbst auch wieder ein paar Tränen aus meinen Augen heraus liefen.
Ich strich ihr über ihren Rücken und weinte mit ihr.
"Es ist verständlich, dass es jetzt noch so sehr wehtut, aber in ein paar Tagen wird der Schmerz schon erträglicher sein."
"Woher weißt du das so genau?"
"Weil erst vor etwas mehr als einem Jahr Mia und Sophia gestorben sind.
Auf den Tod kannst du dich nicht vorbereiten.
Er trifft einfach plötzlich ein, in manchen Fällen, weiß man circa wenn ein Mensch oder ein Tier stirbt, zum Beispiel wenn dieses Lebewesen Krebs hat.
Auch wenn man es dann nicht genau weiß, weiß man doch, dass es bald mit einem zu Ende gehen wird.
Der Tod ist grausam und leider wird es immer wieder so wehtun, wenn die nächste Person, oder das nächste Tier, dass man liebt stirbt.
Den der Tod ist das schmerzhafteste seelische Gefühl, dass man sich vorstellen kann."

Geliebt von einem Vampir Where stories live. Discover now