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(Die kursive Schrift sind entweder die Gedanken des Protagonisten oder eine andere Sprache.)

Die heiße, afrikanische Sommersonne brannte auf die kleine Ferienlodge im Nordosten Zentralafrikas nieder.
Am Pool der Lodge lag ein Junge und ließ sich ein wenig bräunen. Allerdings schlief er und wenn ihn nicht bald jemand weckte, würde er sich einen fiesen Sonnenbrand holen.

Robin hatte keine Lust auf Safaritouren oder andere Besichtigungen. Er wollte nur seine Ferien in vollen Zügen genießen. Und hier in Afrika, weit weg von dem verregneten Hamburg, und mit der vielen Sonne, konnte man es sich, seiner Meinung nach, gut gehen lassen.

Also warum stundenlang durch den Busch pilgern und hoffen irgendwelche besonderen Tiere zu sehen und zu fotografieren? Es ging doch viel entspannter. Der Winter war lang und es gab genug Dokumentationen über Afrika im Fernsehen und im Internet. Dafür musste er sich nun wirklich nicht die Füße wund laufen.

Seine Eltern sahen das zwar anders, aber um die kümmerte er sich gar nicht. Sollten sie doch ihre dämlichen Fotos machen. Er würde sich nicht rühren. Da müsste schon ein Außerirdischer kommen und ihm Maracujaeis bringen, das gab es hier draußen leider nicht. Einer der vielen Nachteile an dem von seinem Vater gewählten Urlaubsort.

Aber Robin wollte sich von solch Kleinigkeiten nicht die Laune verderben lassen und betrachtete deshalb lieber die Vorteile ihrer Reise.
Ein Pool, viel Sonne, kein städtischer Lärm, eine Kühltruhe und ganz wichtig Fernsehen und WLAN.

Das waren seine Wünsche gewesen und auch die einzigen. Robins Mutter war es egal gewesen, wo sie hinfuhren, Hauptsache die Familie war zusammen und es schien endlich mal die Sonne.
Sein Vater wollte unbedingt nach Afrika, also waren sie nun hier und schlimm war es nicht. Auch, wenn Robin ein wenig gleichaltrige Gesellschaft vermisste. Außer seinen Eltern, einem älteren Ehepaar und einem depressiven Rechtsanwalt, hatte sich nämlich niemand hier raus in die Pampa gewagt. 

Nun ja, da gab es noch die Lebensmittellieferanten und die Hausverwaltung, aber die zählten für Robin nicht.

Die Frau des älteren Ehepaars hatte sich gestern ein paar Blasen gelaufen und machte heute ebenfalls einen Wellnesstag am Pool, allerdings lag sie nicht, wie Robin in der prallen Mittagssonne, sondern unter einem Sonnenschirm.

Gerade öffnete Robin nach einem kleinen Nickerchen wieder die Augen und blinzelte durch seine Sonnenbrille in den strahlend blauen Himmel.
Die Frau beobachtete ihn skeptisch über den Rand ihres Buches hinweg.

»Du wirst einen schrecklichen Sonnenbrand bekommen.« meinte sie vorwurfsvoll »Vielleicht bekommst du sogar Hautkrebs, so blass, wie du bist oder warst.« Robin setzte sich auf und sah sie an. Sie trug einen großen Sonnenhut und hatte sich sehr viel Sonnencreme auf Arme und Beine geschmiert. Er konnte sie bis auf die andere Seite des Pools riechen.

»Muss doch nicht Ihr Problem sein.« antwortete er »Ich will nur fix braun werden. Sie wissen das vielleicht nicht, aber da oben im Norden gibt es relativ wenig Sonnenschein. Ich habe Sonnenentzug. Das muss ich jetzt schleunigst aufholen.«

Die Frau schüttelte nur verständnislos den Kopf und widmete sich wieder ihrem Buch.

Robin stand auf und streckte sich. Das Wasser im Pool plätscherte leise vor sich hin und die Sonne warf kleine Regenbögen auf die Oberfläche.
Er überlegte nicht lange und sprang ins Wasser. Es war angenehm. Er tauchte einmal die lange Seite auf und ab und zog sich wieder hinaus.

»Schwimmst du in der Freizeit?« fragte die Frau nun. »Wie kommen Sie darauf?« fragte Robin zurück und wischte sich das Wasser aus dem Gesicht. »Du hast ganz schön lang die Luft angehalten.« Er musste auflachen.

Der weiße TigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt