Nacht 1

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Zwielichtige Gestalten schlichen im Schutz der Dunkelheit um die Lodge herum. Sie waren klein, nicht viel größer als Kinder. Sie trugen Halstücher über Mund und Nase und Tarnkleidung.

In der Nacht sah man nur das Weiß ihrer Augen, wenn sie ins Licht sahen.
Leise, vorsichtige Schritte erfüllten die sonst fast geräuschlose Luft, begleitet von metallischem Klicken und flüsternden Stimme.

Ein Mann stand auf der Veranda der Lodge. Er war groß und eindrucksvoll. Über seiner Schulter hing ein Sturmgewehr und in seinem Gürtel steckten allerlei Messer.

Unter seinen Leuten war er bekannt, als die dunkle Klinge und alle nannten ihn Schwarzmesser. Seinen richtigen Namen kannte keiner, aber das spielte auch keine Rolle.

Schwarzmesser hatte es auf allerlei wertvolle Objekte in der Lodge abgesehen, die sich auf dem Markt gut verkaufen würden. Damit könnte er Waffen und Medizin kaufen und sich seine gestohlene Goldmine zurückerobern.

Er warf einen Blick in den weitläufigen Garten. Überall waren schattenhafte Gestalten zu sehen, die regungslos da saßen und auf seinen Befehl warteten.

Die letzten Lichter in der Lodge erloschen und alles wurde ruhig.
»Tötet alle!« sagte Schwarzmesser zu seinem ersten Offizier. Dieser winkte hinaus in den Garten und die Schritte drei Duzend Paar Füße ertönten.

Leise und vorsichtig schlichen sie zu den Eingängen.

Ein dünner, kleiner Junge knackte die Tür der Veranda und ließ Schwarzmesser eintreten.
Dieser sah sich im Foyer suchend um.

Schon hier gab es allerlei Wertgegenstände, die sich lohnen würden. Er schickte seine Goldkinder voraus und diese stopften alles, was nicht Niet und Nagel fest war, in große Säcke.

Die Feuerkinder schlichen durchs Gebäude und kontrollierten jeden Raum nach möglichen Zeugen. Sie wussten, wo sie sich aufhalten mussten.

~~~

Ein Schuss fiel und gleich darauf noch einer.

Robin schreckte aus dem Schlaf und sah sich erschrocken um.

Hatte er sich das nur eingebildet? War es im Traum gewesen? Alles war still, sogar die Tiere in der Nacht. Angestrengt lauschte Robin.

Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und sein Adrenalinspiegel stieg von Sekunde zu Sekunde mehr an.

Eine gefühlte Ewigkeit passiert nichts. Robin wollte sich gerade wieder hinlegen, als Schritte auf den Holzdielen im Flur ertönten.
Langsame und irgendwie bedrohliche Schritte. Auf jeden Fall keine von den Personen, die sich im Haus befinden sollten.

Robin hielt den Atem an. Jemand schaltete draußen das Licht an. Es kroch unter der Tür in sein Zimmer. Ein paar Füße ging daran vorbei.
Er atmete erleichtert aus und verlagerte sein Gewicht. Das Lattenrost knatschte. Robin bekam den Schock seines Lebens, als die Schritte sich plötzlich umdrehten und rasch zurückkamen. Jemand öffnete die Tür und ein Schuss ertönte. Robin schrie auf. Die Person vor seiner Tür war es nicht gewesen. Jemand anderes wurde erschossen.

Robin hatte das Gefühl, als würde ihm gleich das Herz aus der Brust springen und seine Adern würden vor lauter Adrenalin gleich platzen.

Die Tür wurde ganz geöffnet und die schmächtige Gestalt eines Jungen in Robins Alter erschien. Er hatte ein bedrohliches Gewehr über der Schulter und trug Tarnkleidung. Seine Augen leuchteten weiß im Licht des Flures.
Mit einem schnellen Schritt war er im Raum und schaltete das Licht an.
Robin blinzelte und presste sich an die Wand.

Der weiße TigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt