Tag 61

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Der Hang war mit Akazien bewachsen und bot viel Schatten und Deckung.
Die Jungen lagen auf der Lauer und warteten auf Schwarzmessers Befehle.
Die Männer warteten hinter dem Hang an einem bewachsenen Teich.

Vor ihnen erstreckte sich eine hügelige Ebene voller Bäume und Sträucher. Dazwischen war ein hoher Erdwall zu erkennen an dessen Fuß Lehmhäuser standen. Eine Staubwolke näherte sich den Häusern und man hörte die Motoren von Lastwagen.

Eine Maschine begann zu dröhnen und ließ die Erde unter ihren Füßen beben.
Ein Hund bellte und kleine Kinder schrieen vergnügt. Alles wirkte idyllisch, doch der Frieden würde sich bald in Luft auflösen.

Das Sturmgewehr in Robins Hand lag schwer und er zitterte heftig. Er spürte Feuerfängers Blick auf seinen Schultern und er drückte ihn in den Sand.

Rotes Blut, der wieder gesund war, lag neben ihm und schickte ein Stoßgebet nach dem anderen zum Himmel. Toter Drache hockte in der ersten Reihe mit einem Gürtel voller Sprengsätze um die Hüften.

Robin fürchtete um seinen Freund und auch um die anderen, die ganz vorne standen. Ein leiser Ruf ertönte und die Jungen gaben den Befehl weiter.

»Weißer Tiger nach hinten.«
»Tiger zurück
»Weißer Tiger.«

Robin drehte sich überrascht um und erblickte Schwarzmesser ganz oben am Hang. Er bedeutete ihn zu ihm zu kommen. Er robbte nach oben und stellte sich vor dem Anführer auf.

»Ich habe dich im Blick, junger Mann. Dein Gewehr ist heute Abend leer und deine Kugeln stecken in Leichen, die unter der Erde liegen. Hast du mich verstanden?« Robin nickte nervös. Schwarzmesser klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.

»Du packst das mein Freund. Schwächere als du konnten abdrücken, also...zurück auf deinen Posten.«

Er ließ sich den Hang hinunter gleiten und bezog wieder neben rotes Blut Stellung.

»Scheint so, als wärst du nun Schwarzmessers Freund.« meinte dieser. Er schüttelte abwertend den Kopf. Rotes Blut schmunzelte und fixierte einen Punkt in der Ferne.

Langsam begann es zu dämmern und die langen Schatten der Akazien krochen über die Ebene.

»Vorrücken!« ertönte ein Befehl und alle setzten sich langsam und vorsichtig in Bewegung. Robin hielt sich dicht an rotes Bluts Seite. Er wollte nicht in seiner aufsteigenden Panik alleine sein.
Sein Freund achtete auf ihn.

Die beiden kannten sich nun schon lange genug, um zu wissen, was der andere dachte. Robin war noch nie mitten in einem Kampf gewesen und das war gefährlich für ihn, denn Adrenalin und Panik waren in einer Schießerei keine guten Partner. Es könnte passieren, dass er versuchen würde zu fliehen und dann würde er entweder, wegen fehlender Deckung von den Gegnern erschossen oder von Schwarzmessers Männern, da er versuchte zu entkommen.

Rotes Blut wusste, dass er Robin schützen musste und Robin wusste, dass rotes Blut auf ihn aufpassen würde.

Also krochen sie gemeinsam vorwärts und tauschten alle paar Sekunden vielsagende Blicke.

Sie näherten sich mit der aufziehenden Dunkelheit den Häusern und damit dem Erdwall. Die Menschen waren zurück in ihren Hütten und nur vereinzelnd brannte ein schwaches Licht.

Am Eingang der kleinen Siedlung stand ein Generator, der eine kleine Straßenlaterne antrieb. Die Maschine machte sehr viel Lärm und übertönte somit die ohnehin schon leisen Schritte der Jungen, die barfuß voran schlichen.

Der weiße TigerWhere stories live. Discover now