VII. ReBel YeLL

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"I am no longer accepting the things
I cannot change.
I am changing the things I can no longer accept."

                                                                                                                 -Angela Y. Davis

Wie zwei Fremde sitzen Grace und ich uns im Wohnzimmer meines besten Freundes gegenüber, mustern einander stumm und suchen nach jeder noch so winzigen Veränderung, die der gestrige Abend unweigerlich mit sich gebracht hat.

Grace trägt ihr langes Haar heute offen, leicht wellig kommt es auf ihren schmalen Schultern zum Liegen. So mag ich es am liebsten.
'Ob sie das weiß? Habe ich ihr das je gesagt?' Vermutlich nicht. Solche Dinge verlieren mit den Jahren unmerkbar an Bedeutung. Komplimente und sanfte Gesten geraten in Vergessenheit, schwächen unwillkürlich das einst so feste Band in einer Beziehung.

Nervös knetet Grace ihre im Schoß liegenden Hände, erzeugt dadurch immer wieder weiße Flecken auf ihrer Haut, die ebenso schnell wieder verschwinden. Sie kann mich kaum ansehen, ohne dass sie mir dabei ihre tiefe Unbehaglichkeit offenbart.

Stephen unterbricht die drückende Stille, indem er uns zwei Tassen mit frisch gebrühtem Kaffee serviert. Anschließend überlässt er uns dem Unausweichlichen. Grace langt sofort nach ihrer Tasse, hält sie fest umklammert und streicht kontinuierlich mit ihrem Daumen über den oberen Rand. Es scheint sie zu beruhigen.

"Ich habe dich dutzende Male versucht zu erreichen", murmelt sie mit gesenktem Blick. Keines ihrer möglichen Wörter hätten mich gestern Abend noch besänftigen können. Ihre bloße Anwesenheit erdrückt mich auch jetzt noch. Ich betrachte sie schon fast mitleidig. Grace wirkt unsicher. Für mich ist das eine ganz andere Seite, die sie mir hier gerade präsentiert.

"Mein Handy war auf lautlos geschaltet." Keine wirkliche Rechtfertigung, geschweige denn eine Entschuldigung für mein ignorantes Verhalten. Darauf sollte Grace auch nicht setzen. Sie hatte es nicht anders verdient.

"Es wäre schön gewesen, wenn du mir wenigstens vorher Bescheid gegeben hättest, dass du woanders nächtigst. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht", beteuert sie.

Es fällt mir schwer Grace' Worten Glauben zu schenken. Zu viele ihrer gestrigen Aktionen haben mir nur allzu deutlich gezeigt, dass sie für keine Sekunde daran gedacht hat, wie ich bei alldem empfinde.

Grace hat mich verletzt, mich bloßgestellt und gedemütigt. Das kann ich nicht vergessen.
"Du weißt, es gibt nur eine Person zu der ich fahren würde", verteidige ich mich und greife nach meiner Kaffeetasse, genehmige mir einen kleinen Schluck der herben Essenz.

Ich lasse mich tiefer in die Couch sacken und schlage dabei mein rechtes Bein über das linke. Ich muss sagen, sie macht meiner eigenen Couch starke Konkurrenz.

Grace' argwöhnischer Blick haftet sich auf meine Knie. Sie kämpft eindeutig mit ihren Gedanken, die fieberhaft ihren Weg nach draußen suchen. 
"Auch Stephen hielt es nicht für nötig meine Anrufe entgegenzunehmen", erklärt sie säuerlich und ich bin mir sicher, dass es nicht die Worte sind, die Grace eigentlich aussprechen wollte.

"Was willst du Grace?", seufze ich schwer und betrachte sie fragend.
Gerade in diesem Augenblick wird mir klar, dass dieses Gespräch rein gar nichts bringen wird. Grace ist nicht bereit zu hören, was ich wirklich zu sagen habe. Ich hingegen kann kein Verständnis für ihre fragwürdigen Motive aufbringen. Eine Pattsituation.

Color Palette 🌈 (🔞)Where stories live. Discover now