XX. PeRfEcT HaRmOnY - Part I

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"Once in a lifetime you meet someone who changes everything."

                                              -Jagjit Singh

Auf der Autofahrt zu Stephens Wohnung nehme ich meine Umgebung seit langer Zeit wieder einmal richtig wahr. Wie oft mir in der Vergangenheit die Erkenntnis kam, mich an meine zurückgelegte Autofahrt nicht erinnern zu können, weil ich schon wieder in Gedanken bei der Arbeit, einer unnötigen Diskussion mit Grace oder einfach noch nicht richtig wach war, ist erschreckend.

Doch heute bin ich trotz weniger Stunden Schlaf hellwach und strotze förmlich vor Energie.
Die Farben um mich herum wirken nun deutlich kräftiger als sonst, das Licht der Sonne wärmer und samtig funkelnd. Ich weiß nicht, ob es an dem Zauber des goldenen Herbstes liegt oder an meinem inneren Hochgefühl, das allein durch den Gedanken an Magnus ausgelöst wird.

Es fiel mir vorhin wirklich schwer, ihn in seinem warmen und kuschligen Bett zurückzulassen. Fast hätte ich mich Magnus' starkem Klammergriff ergeben.
Auch er wollte nicht, dass ich gehe und versuchte mich zudem mit hypnotisierenden Küssen zu bestechen. Teuflisch dieser Mann, aber vor allem seine süßen und vollen Lippen. Dennoch würde ich ihm überallhin folgen. Selbst nach Edom. Der Abstieg in die Hölle ist leicht, habe ich einst gelesen.

Neben Magnus aufzuwachen, befriedigt mich zutiefst. Die Wärme seines Körpers, dicht an meinen geschmiegt, lässt mein Herz im Gleichklang mit seinem schlagen.
Ich liebe ihn, mehr als ich es hätte erahnen können.

Seit ich Magnus begegnet bin, ist von dem Alec, der rastlos und trübsinnig durchs Leben ging, nur noch ein Staubkörnchen übrig. Die nächste Herbstbrise wird auch diesen letzten Zeugen hinfort wehen. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge werde ich ihn verabschieden. Dabei wispere ich die Worte: 'Sei gegrüßt und Lebewohl.' Ein Abschied für immer.

Ein Neuanfang war meine letzte Hoffnung und Rettung. Wenn ich Magnus nicht begegnet wäre... Wer weiß, ob ich nochmal die Kurve bekommen hätte. Diese Was-wäre-wenn-Fragen bringen mich nicht weiter, das weiß ich. Und doch erwische ich mich immer wieder dabei mir vorzustellen, wie durch andere Entscheidungen meine Zukunft ausgesehen hätte.

'Wäre ich längerfristig bei Grace geblieben oder hätte sie mich irgendwann verlassen? Wäre eine Paartherapie wirklich die Lösung unserer Probleme gewesen?' Vermutlich nicht.

Ich habe mich gegen sie entschieden und bewusst für Magnus. Diese Entscheidung werde ich gewiss nicht bereuen und sie mit dunklen Flecken des Zweifelns beschmutzen.
Er ist es, den ich küssen und in meinen Armen halten will. Nur Magnus soll mir so nah sein, dass er den Schlag meines Herzens hören und spüren kann.
Er allein ist es, der mich Sein nennen darf.

Schmunzelnd parke ich meinen Wagen an der Straße vor Stephens Wohnhaus und entdecke meinen besten Freund bereits die steinernen Treppen zu seiner Wohnungstür hinaufhechten.

"Guten Morgen, Sonnenschein", rufe ich ihm fröhlich hinterher, als ich schwungvoll aus dem Auto steige.
Abrupt bleibt er stehen und wendet sich ungläubig zu mir um.
"Morgen", brummt mein Freund mürrisch. Schwerfällig und mit dunklen Augenringen kommt er jetzt auf mich zu.

"Wer bist du und was hast du mit Alec gemacht? Es ist kurz nach sieben Uhr. Langsam bekomme ich wirklich Angst", mault er mich an.
"Hast du überhaupt geschlafen?", frage ich ihn stattdessen halb scherzend und gehe Stephen die letzten Meter entgegen.

Ich befürchte die Antwort auf meine Frage bereits zu kennen, warte aber trotzdem auf eine ehrliche Erklärung meines Freundes.
"Kann man so nicht sagen", erwidert Stephen leicht verlegen und doch mit einem milden Lächeln auf den Lippen. Sein Blick schimmert verträumt und ich bin wahrlich überrascht, dass es Lilly in so kurzer Zeit geschafft hat, ihm derart den Kopf zu verdrehen.

Color Palette 🌈 (🔞)Where stories live. Discover now