6. Kapitel

30.2K 1K 452
                                    

Vorsichtig setzte der Junge mich auf dem Badewannenrand ab, sodass ich meinen Knöcheln nicht weiter belasten musste.

Ich strich mir die Haare hinters Ohr und wischte mir dann die Tränen aus den Augen, die beim Zusammenkneifen entstanden waren.
Erst nachdem meine Sicht wieder klar war und sich an das helle Licht des Badezimmers gewöhnt hatte, konnte ich erkennen wer da eigentlich vor mir stand.

Irgendwie kam er mir doch bekannt vor.
Verwundert legte ich meinen Kopf schief und schaute ihm dabei zu wie er die Schubladen durchsuchte.

Schnell hatte er das gefunden, wonach er gesucht hatte und stieß die Schublade mit einem lautem Knall zu.
Dann drehte er sich zu mir um und kam mit einer Packung Voltaren und Verbandszeug auf mich zu gelaufen.

„Krempel mal deine Hose hoch!", hörte ich seine tiefe Stimme murmeln.
Ich reagierte nicht, sondern starrte ihn immer noch etwas verdattert an.

Erst als er seinen Blick zu mir wandern ließ und seine Augen meine trafen viel bei mir der Groschen.

Das war er.
Der Bruder von Leonardo

Wie war sein Name noch gleich?

Irgendwas mit „A"
Alfredo?, Nein
Vielleicht Andrew?

Nein, nein es war irgendwas anderes!
Etwas italienische, dass war zumindest das Einzige, was ich mir gemerkt hatte.

„Du willst wissen wie ich heiße, oder?", riss mich seine raue Stimme aus den Gedanken, sodass ich nun in das gut aussehendes Gesucht schauen konnte.
„Ähh", stotterte ich und sah wie sich seine Mundwinkel leicht hochzogen.

Warum war ich denn gerade so nervös?
Es machte mir doch sonst auch nichts aus, wenn irgendwelche Pappnase mich ansprachen..

Naja, jedoch gab es momentan einen kleinen Unterschied.

Das da vor mir war ganz sicherlich keine Pappnase...

Normalerweise waren die meisten Jungs immer etwas angespannt, wenn sie mit mir sprachen.
Dadurch machten sie mir es nur noch einfacher sie zu ignorieren.
Jetzt hatten die Rollen jedoch eindeutig getauscht.

Außerdem saß ich auch noch auf dem Rand der Badewanne, wodurch er nun von oben auf mich herunterblicken konnte.
Mehr Selbstbewusstsein gab mir das auch nicht.

Trotzdem sollte ich mich davon nicht einschüchtern lassen.
Er war nur ein Junge.
Genau wie die ganzen Anderen mit denen ich sonst redete.
Also, keine Widerrede sondern Pokerface aufsetzen!

„Woher weißt du denn, dass ich das fragen wollte?", entgegnete ich und legte meinen Kopf leicht schief.
„Du warst verwirrt und das bestimmt nicht wegen meines Aussehens", antwortet er

Verwundert zog ich die Augenbrauen hoch.
Dachte ich mir es doch!
Eingebildet wie jeder Andere.

„Aber ich verrat ihn dir trotzdem, wenn du mir deinen sagst", erwiderte er und setzte sich vor mir in die Hocke, sodass wir auf der gleichen Höhe waren.

Ich spürte wie er die Voltaren Creme auf meinen Knöchel machte und dann den Verband anlegte.
„Und warum sollte ich das tun?"

„Weil ich hier gerade deinen persönlichen Sanitäter spielen, also wird es doch nicht so schwer sein mir deinen Namen zu verraten", entgegnete er und knotete den Verband zu.
Dann stellte er sich wieder richtig hin und schaute von oben auf mich herab.

Mein Gott warum musste er auch so groß sein und dann auch noch so breit gebaut.
Da würden meine High Heels mich ja nicht mal größer machen, wenn ich neben ihm stand.

Angelo | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt