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Jana Maier PoV. :

Eine schrecklich laute und schrille Stimme quitscht 'Sebastian' und erregt die Aufmerksamkeit von mir und Mrs. Oats. Es dauert nur einen Augenblick, in der Sie die Nase über diese viel zu Laute Person Rumpf, und schon ost sie wieder voll fokussiert und erläutert mir weiter die Wichtigkeit der richtigen Prüfungsvorbereitung. Doch ich höre sie nurmehr gedämpft, wie ein leises, weit entferntes rauschen. Meine ganze Aufmerksamkeit gilt diesem ganz und gar entzückend aussehenden Geschöpf, mit dem ausgefallenen Kleid, den perfekt sitzenden schwarzen Locken und dem hinreißenden, strahlenden Lächeln, dessen Wärme und Offenheit bis zu mir zu scheinen reicht. Sie schmeißt sich ihm an den Hals, und er drückt sie fest an sich. Sie sagen etwas, doch ich bin zu weit weg, um etwas verstehen zu können und selbst wenn nicht, das einzige was ich höre, ist mein Herz, dass mir bis zu den Ohren hoch zu schlagen scheint. Wer ist sie?!

Der Tag verstreicht. Quälend Langsam. Wie ein Gletscher der sich über Jahre hinweg seinen Weg durch Gestein, Wurzeln und Erde geht. Und nur er ist daran schuld. Oder besser gesagt, die Frau, die er so voller Freude gleich zweimal an sich gedrückt hat. Wer ist sie? Eine Freundin? Seine Freundin? Es wurmt mich. Sie spuckt durch meinen Kopf, durch meine Gedanken. Jede Frau mit schwarzen Haaren scheint sie zu sein. Das Bild von ihr verfolgt mich durch meinen Tag in der Uni, durch meine Zeit als persönliche Sklavin von Lillian, durch meine Arbeitszeit. Es ärgert mich ungemein, dass sie sich so in meine Gedanken eingebrannt hat. Das kann ich nicht zulassen! Ich beschließe, meinem Gehirn etwas zu tun zu geben und packe zum gefühlt hundertsten mal meine Notizen für die anstehenden Abschlussprüfungen heraus. Gut. Dann lerne ich eben wieder. Kann ja nicht schaden.

Eine ganze Weile klappt das Ablenkungsmanöver, doch als ich zu meinen Notizen für Mathematik komme und die Anmerkungen sehe, die er in New York gemacht hat, fliegen meine Gedanken wieder zu dem Moment, als er sie an sich drückt. Mist! Ich stöhne genervt auf und werde einen Blick auf die Uhr. Es ist halb Zwölf Nachts. Ich sollte versuchen zu schlafen, aber ich kenne mich selbst zu gut, als dass ich glauben könnte, einfach einzuschlafen. Ich weiß, noch bevor ich mir mein schwarzes Negligé angezogen habe und unter die Decke geschlüpft bin, dass ich die halbe Nacht wach da liegen, an die Decke meines Schlafzimmers starren und versuchen werde, das Bild dieser Frau zu verdrängen. Wieder einmal ärgere ich mich über mich selbst. Seit wann bin ich bitte so? Ich habe früher nie verstanden, wieso es in so vielen Büchern darum ging, dass Frauen den lieben langen Tag wie hiernverbrannte Zombies nur an diesen einen Mann denken konnten und jetzt bin ich plötzlich eine von ihnen. Meine scheiß Gedanken sind von was getrieben? Eifersucht? Neid? Angst davor, dass er mich längst vergessen hat? Eine andere Frau spukt mor im Kopf umher, eine Frau die ich nicht einmal kenne, und das nur, weil er sie gut zu kennen scheint. Sehr gut sogar.
Ich greife nach meinem Handy, das auf dem Nachttisch zum Laden hängt und schalte Musik an. Ich beachte den Text nicht. Auch nicht die Melodie. Es muss nur laut sein. Und schnell. Lauter und schneller, als meine Gedanken.

Ich falle in einen unruhigen Schlaf und wache am nächsten Morgen vollkommen steif auf. Ich bin wie gerädert, steige aus dem Bett und schleppe mich in die Dusche, in der Hoffnung, dass mich etwas kaltes Wasser etwas mehr auf zack bringt - vergebens. Meine noch feuchten Haare schlinge ich mir zu einem Knoten zusammen und befestige sie mit einer großen schwarzen Klammer. Dann ziehe ich mich an- Unterwäsche, Kleid, Ballerina - und verlasse das Haus. Ich beschließe zu Fuß zur Uni zu laufen, einerseits, in der Hoffnung, dass mich die frische Luft und der ausgedehnte Spaziergang etwas munterer werden lässt, andererseits, weil ich viel zu erschöpft und müde bin, um mir dem Rad zu fahren. Ich genieße den leichten Wind, der so verheißungsvoll nach Regen riecht. Das Wetter war die letzten Wochen ungewöhnlich sonnig für Seattle und ich muss zugeben, die Regenschauer fehlen mir. Vorallem heute. Wieder habe ich diese Frau vor Augen. Meine Laune verschlechtert sich zusehens. Ja, ein plötzliches Gewitter zusammen mit einem Regenschauer würden genau meine Gefühlslage widerspiegeln!

Bei dem kleinen Kaffestand auf dem Campus hole ich mir einen widerlich schmeckenden Früchtetee, mit dem ich das imposante Hauptgebäude der Universität betrete. Ich ziehe mein Handy aus meiner Umhängetasche hervor und werfe einen Blick auf meinen Stundenplan. Toll. Die erste Vorlesung wurde gestrichen. Wieso können die das nicht vorher melden. Nein, man wartet lieber bis kurz vor knapp. So ein Scheißtag! Kurz überlege ich, ob ich zurück nach Hause soll, verwerfen den Gedanken aber gleich wieder. Wenn ich ankomme, müsste ich gleich wieder los. Ich mache mich auf den Weg Richtung Keller, als mir ein Gedanke kommt. Ich mache auf dem Absatz kehrt und laufe durch die Korridore. Es ist nicht viel los. Nur ein paar Studenten und vereinzelt auch Professoren laufen mir über den Weg. Die meisten aber sind um diese Urzeit noch zu Hause oder in einer der wenigen Vorlesungen. Als ich vor der Türe ankomme halte ich einen Moment inne. Ich weiß nicht, ob ich da wirklich rein möchte. Was, wenn er mich wieder zurückweist? Ich schüttle diesen Gedanken ab, klopfe und drücke die Klinke herunter.

Teacher loveWhere stories live. Discover now