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Kein andere, außer uns ist noch hier, abgesehen von einem Angestellten der wohl während diesen, eigentlich unmöglichen Zeiten für Pizza, den Laden schmeißt und selbst er hat sich nach hinten in die Küche verzogen. Wir sitzen gemeinsam in der hintersten Ecke des Restorants und essen jeder unsere Pizza, während ich ihr erzähle, was an diesem Wochenende und danach alles passiert ist. Sie sagt kein Wort, sondern sieht mich einfach nur an, hört mir zu und isst dabei ein stück Pizza nach dem anderen. Ihr Gesichtsausdruck springt von Erstaunt, zu Fröhlich, wieder zu erstaunt und schließlich zu Mitleidig. Schließlich halte ich das alles nicht mehr aus und starre beschämt auf meinen mittlerweile halb leeren Teller. Mir wird schlicht vom Anblick der Margarita und dennoch konzentriere ich mich darauf, als wäre es der Nabel der Welt, nur, damit ich Lil nicht ansehen muss. Ich habe eine scheiß Angst davor, was sie jetzt von mir denkt oder zu mir sagen wird. Oder vielleicht auch, dass sie nichts sagt? Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass ich mir wünsche, ich hätte es ihr nicht erzählt. Nach einer gefühlten Ewigkeit halte ich es nicht mehr aus, hole meinen Geldbeutel hervor, lege dreißig Dollar auf den Tisch und stehe auf, um so schnell wie möglich abzuhauen, um dieser ganzen, total schrägen und unangenehmen Situation zu entgehen, doch Lil hält mich auf. "Und...hassen wir ihn jetzt, oder nicht?". Sie sieht mich mit einem schiefen lächeln an und es dauert keine fünf Sekunden, da fange ich an zu schmunzeln. Ich zucke mit den Schultern während sie aufsteht und wir langsam Richtung Türe schlürfen. Wieder stehen wir auf den dunklen Straßen Seattles, noch immer Müde, aber wenigstens mit vollem Magen. "Was hast du jetzt vor?", fragt Lil mich irgendwann und wieder fällt mir nichts besseres ein als mit den Schultern zu zucken. Nach einer kleinen Weile antworte ich dann aber doch: "Ich weiß nicht so genau...ich will so gerne wieder mehr sein als eine X-beliebige Studentin, aber andererseits hat er mir klar und deutlich mitgeteilt, dass er kein Interesse hat, also...", ich seufze und kicke einen imaginären Stein aus meinem Weg. "Ich glaube, du siehst dass alles völlig falsch." Ich schüttle den Kopf über diese Aussage. "Was soll man denn an den Worten 'das war ein riesiger Fehler', und 'das war nichts, nur ein Ausrutscher' denn bitte missverstehen?!". "Ich weiß noch nicht so genau", entgegnet Lillian, "aber so wie er sich deiner Erzählung nach und in der Uni dich betreffend benimmt, entspricht eher jemandem, der sich hals über Kopf verliebt hat, es aber nicht darf, so wie in...keine Ahnung...Romeo und Juliette!". Ich tue ihren Gedanken mit einem winken ab. "Du meinst wohl eher wie in 'The Choice' . Lil, du phantasierst dir da was zusammen, weil du überarbeitet und Müde bist. Er hat klar gemacht, was er empfindet, daran gibt es nichts geheimes oder verbotenes, es ist einfach nur eine echt beschissene Situation!". Lil scheint wohl zu wissen, dass sie heute nurnoch auf eine Mauer aus Widerstand und Ignoranz trifft, denn sie schüttelt nurnoch den Kopf um ihren Protest darzustellen, läuft dann allerdings ohne ein weiteres Wort zu diesem Thema neben mir her bis wir nach einiger Zeit dann endlich meine Haustür erreichen. "Willst du noch weiter bis zu dir, oder willst du hier pennen?", frage ich und schließe den Hauseingang auf. Lil sieht mich an als hätte ich gerade behauptet, die Erde würde von der Sonne umkreist. "Du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass ich jetzt noch weiter zu mir heim Laufe, das würde nämlich nicht nur bedeuten, dass ich noch später zum schlafen komme, sondern auch, dass ich früher aufstehen muss um in die Uni zu fahren?! Man, J, denk mal nach!", einen Moment lang hält sie die Miene der Fassungslosen und Geschockten aufrecht, bis sie dann noch zu grinsen anfängt und mir ins Haus folgt. Ohne ein weiteres Wort laufen wir beide ins Innere meines Zuhauses. Lillian biegt ab und läuft ohne weitere Umschweife in Al's altes Schlafzimmer, während ich mich müde die Treppe hinauf zu meinem Bett quäle. Meine Tasche rutscht von meiner Schulter und auf den Boden neben dem Treppengeländer während meine Schuhe quer durch das Wohnzimmer fliegen. Kaum habe ich die Zimmertüre erreicht und geöffnet, liege ich auch schon in meinem Bett und schlafe.

Mein Wecker klingelt und reißt mich aus einem Traum, den ich schon fast wieder vollkommen vergessen habe...und während ich angesträngt darüber nachdenke, was ich geträumt habe und warum zum Teufel ich mich nie mehr so wirklich daran erinnern kann, sobald dich meine Augen geöffnet habe, verdränge ich den Gedanken daran, dass ich eigentlich noch todmüde bin und mache mich fertig, sodass ich schon nach zwanzig Minuten ausgehfertig bin. Als ich mein Zimmer verlasse, sammle ich meine Schuhe ein, werfe mir meine Tasche, die ich gestern... wobei, eher heute Nacht, so achtlos auf den Boden habe fallen lassen und mache mich auf den Weg nach unten, um Lil zu wecken. Als ich die Tür zu Alexis altem Zimmer öffne, muss ich mich zusammenreißen, um nicht gleich laut los zu Lachen. Lillian liegt total verdreht, mit verwuschelten haaren und einem spektakulären Gesichtsausdruck im Bett und träumt seelenruhig vor sich hin. Ich rüttle sie sanft an der schulter um sie zu wecken, doch sie gibt nur ein grummeln von sich und dreht sich um. "Lil, komm schon, wir müssen zur Uni", versuche ich es weiter und rüttle sie erneut, nur dieses mal etwas fester, doch sie zieht sich nur die Decke über das Gesicht. "Sag Al dass sie mich abholen soll", nuschelt sie kaum verständlich in ihr Kissen. "Hab nen Wecker auf halb Acht." Ich seufze, drehe mich um und mach mich alleine auf den Weg, während ich Al anrufe.

A: "Alexis Kheen."

J: "Hey, Al, guten Morgen!"

A: J, "hey, danke, dir auch. Was gibt's?"

J: Lil hat hier gepennt und...", sie unterbricht mich lachend.

A: "Ich soll sie abholen?"

J: "Jap"

A: "Okay, na dann sehen wir uns später in der Uni?"

J: "Ja, bis später"

Tja, wir kennen uns wohl alle schon viel zu gut. Ich packe mein Handy in meine Tasche, hole mein Fahrrad und mache mich auf den Weg in die Uni, allerdings mit einem Zwischenstopp, nachdem ich jetzt weiß, dass Lil und Al wohl erst zur ersten Vorlesung in die Uni kommen werden.

Teacher loveWhere stories live. Discover now