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Das stete Brummen meines Handys reißt mich aus meinem Schlaf und holt mich zurück in eine Welt, von der ich mir nicht sicher bin, ob ich schon in sie zurückkehren möchte. Ich verweile noch einige wenige Augenblicke in meinem Bett, bevor ich mich doch dazu entschließe, in die Realität zurück zu gehen und mich aus meiner kuschlig-weichen Decke zu winden. Kaum bin ich auf den Beinen, bin ich auch schon hellwach und laufe, mit einem kleinen Zwischenstopp bei meinen Kleiderschrank, ins Badezimmer um mich fertig zu machen.

Kaum dass ich aufgestanden bin, bin ich auch schon geh bereit und schon fast aus dem Haus. Ich werfe mir meine Tasche über die Schulter und setze die Kopfhörer auf, als ich bemerke, dass ich viel zu früh dran bin und die Uni erst in einer Dreiviertelstunde öffnet. Einen Moment lang überlege ich, ob ich mich einfach noch einmal hinlegen soll, doch dieser Gedanke ist so schnell verworfen, wie er mir gekommen ist. Ich kenne mich genug, um zu wissen, dass ich nicht wieder einschlafen kann, also schnappe ich mir meine Schlüssel und verlasse das Haus. Während ich die Tür zu ziehe, weiß ich, wo ich hin will, also starte ich meine Playlist, schnappe mir mein Fahrrad und verlasse den Innenhof, auf dem Weg zu den Cafe, in dem ich das letzte mal war.
Es ist gerade mal halb Sechs und ich fahre mit flatternden Kleid durch die Straßen von Seattle und genieße die leichte Wärme der aufgegangen Sonne die am Horizont strahlt und mit ihrem Licht die ganze Stadt zum glänzen bringt. Es braucht nicht lange, bis ich bei meinem Ziel ankomme, von meinem Silber-blauen Fahrrad Absteige und das niedliche kleine Kaffee betrete. Sofort steigt mit der betörende Duft von frischem Gebäck in die Nase und beinahe automatisch erscheint ein Lächeln auf meinen Lippen. Ich bestelle mir, wie auch schon bei meinem letzten Besuch hier, einen Früchtetee und ein Croissant und setze mich an einen der kleinen Tische vor dem bodenlangen Fenster. Mit meiner Teetasse in der Hand greife ich in meine Tasche und hole einige Unterlagen hervor um noch etwas für die Prüfungen zu lernen und tauche dabei immer weiter in meine eigene kleine Welt ab, bis ich alles um mich herum vollends ausgeblendet habe.

Sebastian Jones PoV.:
Ich verlasse meine Wohnung und Laufe die Straße entlang um mir meine tägliche Dosis Koffein zu holen als ich sie in Fenster meines Lieblingskaffees sehe. Ohne dass ich es will erscheint die vor meinem inneren Auge und in meinem Gedanken. Ihr lächeln, ihr Gesicht. Ich spüre ihre Haut unter meinen Fingern und ihre Berührungen, ihre Lippen auf meinen. Die ist wie ein niemals endender Rausch, die verbotene Frucht in Garten Eden und ich kann einfach nicht von ihr ablassen. Meine Beine Trafen mich gegen meinen Willen in das Kaffee und auch, wenn ich mich nicht zu ihr setzte oder sie grüße, ist es dennoch als würde ich alle Regeln brechen und gegen jeden Sturm laufen nur um ihre Nähe noch einen kleinen Augenblick länger fühlen zu können. Ich schüttle den Kopf um diese Bilder und diese Gefühle aus meinem Kopf zu verbannen und bestelle mir einen Kaffee. Kaum halt ich das heiße, wie Spühlwasser aussehende Getränk in meiner Hand werde ich ihr noch einen verstohlenen Blick zu und verlasse den laden, um viel zu früh in die Uni zufahren. Du tust das alles zu ihrem besten. Für unser bestes! Ich wiederhole diese Worte immer und immer wieder in meinem Kopf in der Hoffnung dass ich mich selbst davon überzeuge. Ihr bestes...ja. Aber meins? Ich habe mich verliebt. Hals über Kopf und ich kann am nichts anderes mehr denken als daran, wie ich letztes Wochenende ihre Hand gehalten habe, wie ich die geküsst habe...wie wir uns geliebt haben.

Jana Mayer PoV.:
Mittlerweile bearbeite ich zum unendlichsten mal die selben Aufgabentypen, dass es mich fast schon langweilt, also beschließe ich, den Lernstoff noch ein letztes mal durchzugehen und mit nur mehr die Sachen heraus zuschreiben, die ich nicht zu einhundert Prozent kann, denn irgendwann sollte auch Schluss sein. Also gehe ich die Unterlagen durch, die ich bei mir habe und nach eine guten halben Stunde bin ich mit circa zwei Drittel meines Stapels durch und betrachte mit stolz das extra Blatt, auf dem gerade einmal zwei Aufgaben stehen. Zufrieden blicke ich bin meinen Unterlagen auf und Stelle fest, dass die vorhin noch verschlafene Stadt erwacht ist und zu pulsieren scheint. Der verkehr, die Leute und das geschäftige treiben. Jeder von ihnen und alles hat ein anderes Tempo, ein anderes Ziel und dennoch wirken sie alle wie ein einziger lebender, sich regender Organismus. Seit ich klein bin, lebe ich in dieser Stadt, früher zwar weiter abseits, doch immer noch in Seattle und schon als Kind habe ich zu gerne nur da gesessen und mir all die verschiedenen Menschen angesehen. Ich weiß noch, als ich fünf war, habe ich mit meinem Dad immer auf einer Bank vor der Arbeit meiner Mom mitten in der Stadt gesessen und während wir darauf gewartet haben, bis sie aus dem Büro kam, immer das selbe Spiel gespielt. Wir haben uns jemanden ausgesucht, der an uns vorbei läuft und dann haben wir uns eine Geschichte ausgedacht. Wir haben uns seine Geschichte ausgedacht. Mein Dad könnte das immer besser als ich. Ich schließe meine Augen und sitze wieder auf dieser Bank, mitten in Seattle vor diesem riesigen Tower aus Glas und Stahl. Ich blicke zur Seite und sehe meinen Dad, sehe das kleine, blonde, fünfjährige Mädchen, dass ich einmal war.
"Ich glaube, der da ist ein Chef, so wie der von Mommy!" Das kleine Mädchen zeigt auf einen Mann in einem, ihm etwas zu großen, schwarzen Anzug und ich sehe meinen Dad Lachen. Ich grinse. Heute spiele ich dieses Spiel besser. "Siehst du, dass sein Anzug zu groß ist und die große Uhr an seinem Handgelenk?". Das kleine Mädchen nickt energisch, so dass ihre blonden Locken in alle Richtungen wirbeln. "Aber seine Schuhe und sein Aktenkoffer sehen nicht so gut aus. Eher billig.". Ihre blauen Augen strahlen ihn an, sie scheint nicht ganz zu verstehen, worauf er hinaus will. "Das ist einfach. Der Mann ist kein Chef, aber er will gerne einer werden, deswegen zieht er sich an wie einer, verstehst du, kleine Blume?". Wieder nickt das Mädchen und dann scheint es etwas nachzudenken. Sie sagt erst nichts, bis sie dann doch Luft holt und ihre Frage stellt. Vollkommen ernst sieht sie Dad an als sie ihn fragt: "Will Mommy Präsidentin werden?" Er lacht laut und glücklich, steht auf und hebt das Mädchen hoch. "Wie kommst du denn darauf, meine kleine Sonnenblume?"  Sie sieht ihn noch immer ernst an und scheint nicht ganz zu verstehen, warum er lacht. "Weil Mommy sich so anzieht. Ich glaube eine Präsidentin zieht sich auch so an, wie Mommy". Dad grinst das Mädchen breit an und streicht ihr eine Locke aus der Stirn. "Ich glaube nicht, aber wir können sie ja mal fragen", entgegnet er und läuft mit ihr auf seiner Hüft sitzend auf das Gebäude zu.
Das Bild verschwimmt langsam vor meinen Augen und ich sehe nur mehr das gleißend helle Licht, dass zum Fenster hinein scheint. Ich packe meine Sachen zusammen, hole mir noch einen Tee für unterwegs und bezahle, bevor ich das Kaffee verlasse und mir mein Fahrrad schnappe.

Teacher loveWhere stories live. Discover now