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Ich schiebe die Glaswand der Dusche auf, greife nach meinem Handtuch und trockne mich ab. Im ganzen Badezimmer herrscht eine schwüle Hitze, Nebelschwaden hängen in der Luft und der große Wandspiegel, sowie das undurchsichtige Milchglas der Dusche sind beschlagen. Das Wasser meiner noch nassen Haare tropft auf den Boden, oder rinnt mir den Körper hinab zu meinen Füßen. Ich hülle mich in eines der weichen, weißen Hotelhandtücher, gehe zu meinem Koffer, der neben der verschlossenen Tür steht und öffne ihn. Während ich nach meinen Schlafsachen suche, fällt mir auf, das die Dusche eben genau das Richtige war. Ich fühle mich schon viel besser, als hätte das heiße Wasser all den Schmutz und die Sorgen des heutigen Tages einfach fort gespült. Ich ertaste etwas seidiges zwischen der ganzen Kleidung und ziehe es hervor. Scheiße! Sag bloß, ich hab nur sowas eingepackt!? In meinen Händen halte ich ein halb durchsichtiges, schwarzes spitzen Negligee mit einer ebenfalls schwarzen mini-Schleife am Dekolletee. Panisch durchwühle ich meinen Koffer. Das kann doch jetzt nicht wahr sein! Ja, ich trage diese Dinger furchtbar gerne zum Schlafen, weil sie bequem sind und der Stoff so leicht ist und ja, ich habe, als ich gepackt habe nur darauf geachtet, dass ich genug mitnehme und nicht was ich mir da greife, doch es kann doch nicht sein, dass ich ausschließlich nach ziemlich dürftiger Schlafbekleidung gegriffen habe! Von wegen aus versehen, du wolltest ihn verführen und er hat dich schon nach dem ersten richtigen Kuss abblitzen lassen! spottet meine innere Stimme und gebe ihr kopfschüttelnd recht. Ich schlüpfe in den weichen und hauchdünnen Stoff und trockne mir die Haare, während ich über mich nachdenke. Was ist den nur aus mir geworden? Bevor ich ihn kannte war ich ganz anders, bevor ich ihn traf, wäre ich nie auf die Idee gekommen, so eine Nummer abzuziehen und ganz ehrlich: Mir ist die ganze Situation gerade überaus Peinlich und ich hoffe, er sieht mich nicht in diesem Hauch von einem Nichts.

Ich trockne den Fußboden noch ab, bevor ich meinen Koffer schließe und mit ihm unter dem Arm hinaus und in mein Zimmer laufe. Ich hatte tatsächlich einmal Glück, er ist anscheinend noch immer auf seinem Zimmer und hat mich dementsprechend nicht in diesem Aufzug gesehen. Ich schließe die Tür hinter mir und setze mich auf mein Bett. Den koffer habe ich kurzerhand einfach mitten im Raum abgestellt. Ich sehe mich zum ersten Mal richtig um. Ich sitze auf einem großen Doppelbett, mit einer weichen Matratze und Daunendecken und Kissen. Beides ist mit schimmernder weißer Seide bezogen und fühlt sich herrlich weich unter meinen Fingern an. Zu beiden Seiten des Bettes steht ein schwarzes Nachtkästchen, auf der wiederum eine ebenfalls schwarze Lampe mit weißem Schirm steht. Gegenüber vom Bett steht eine edele, schwarze Kommode, über der ein Bild einer stürmischen See hängt. Die wände sind weiß, ein perfekter Kontrast zu der dunkeln Möblierung, wie ich finde. Aber am besten finde ich die bodenlange, nach außen verspiegelte Glasfront, von der aus ich die im dunkeln leuchtende Skyline der Stadt betrachten kann. Es ist ein unfassbar schönes und gleichzeitig befremdliches Gefühl. Als währe ich in einem Palst aus Glas. Gefangen in einem Turm aus dem perfekten Arrangement von schwarz und weiß. Es ist eine schöne Weilt, aber es ist nicht meine Welt. Ich greife nach meinem Handy, wähle ihre Nummer. Nach dem dritten Klingeln hebt sie ab. Eine verschlafene Stimme meldet sich zu Wort. "Jana, warum rufst du so spät noch an, ist irgendetwas vorgefallen? Ist alles in Ordnung bei dir?" ich höre die sorge in ihrem Tonfall und bekomme sogleich ein schlechtes gewissen. "Nein Kara, es ist alles bestens, bitte mach dir keine Sorgen" Ich höre sie verächtlich schnauben. "Ich mache mir doch immer Sorgen und daran wird sich auch nichts so schnell ändern . Nicht wenn du Einundzwanzig bist und auch nicht wenn du Hundertzwanzig bist" Ein grinsen erscheint auf meinem Gesicht und mir entfährt ein Kichern. "Ich vermisse dich mein Schatz, wann kommst du mich mal wieder besuchen?" frägt sie etwas vorwurfsvoll und wieder bekomme ich ein schlechtes Gewissen. "Ich weiß, ich vermisse dich auch, aber ich kann hier nicht weg, wegen der Prüfungen..." Kurze stille, dann lacht Kara am anderen Ende der Telefonschnur auf. "Also wenn ich mich recht entsinne, befindest du dich gerade nicht in Seattle, sondern in New York" auch ich lache. "Aber das hat einen anderen Gru..." sie unterbricht mich. "Ich wollte dich nur auf zeihen Liebes, ich weiß ja, warum du dort bist und ich wünsche dir viel Erfolg"  Ich lächle breit. "Danke" kichere ich in den Hörer. "Wir sehen uns aber ganz sicher bei deiner Abschlussfeier, aber jetzt geh schlafen" meint sie mit einem Ton in der Stimme, der keinen Widerspruch duldet. "Zu befehl, Käpt'n, mein Käpt'n" Sie lacht und ich tue es ihr gleich. "Gute Nacht Jana". Ich gähne. "Bis bald Kara" ich lege auf, räume das Handy weg, auf die Kommode und lege mich in die weichen Federkissen. Langsam fallen mir die Augen zu und isch schlafe ein. Ich beginne zu Träumen. Träume meine verhassten Träume, träume von der Vergangenheit. 

"Jana komm jetzt, wir müssen los"  ich schüttle energisch meinen Kopf, sodass die blonden Locken nur so fliegen. "Mommy ich will noch nicht gehen" sage ich trotzig und verschrenke die Arme vor der Brust. Sie streckt mir ihre Hand entgegen. "Komm jetzt mein kleines Sonnenblümchen, wir holen dir unterwegs noch ein Eis" ich grins und laufe auf sie zu, an ihr vorbei und ins Auto. Ich setze mich in meinen Sitz, schnalle mich an und warte, dass wir losfahren. Mommy und Daddy unterhalten sich vorne und ich sitze hier hinten und sehe aus dem Fenster. Wir fahren aus der Stadt raus durch einen kleinen Wald. Äm Ende vom Wald ist eine Kurve, bei der stehen keine Bäume nee auf der Wiese. Daddy fährt hier immer langsamer als sonst. Dann fliegen die Wolken nicht mehr so schnell an mir vorbei und ich kann sie anschauen. Ich schaue mir die Wolken an als Mommy plötzlich schreit. Ein Anderes Auto hat unser Auto geschubst, wir fallen um, wir drehen uns im Kreis. Ich schreie ganz Laut. Ich habe Angst und ich habe mir am Kopf weh getan. Mommy ruft Daddy, aber er sagt nichts. "Ist Daddy böse auf mich? Ich wollte nicht schreien Daddy, ich mach das auch ganz bestimmt nicht wider Daddy" aber er sagt nichts. "Schnall dich ab Blümchen. Schnall dich ab und Steig aus, tu Mommy diesen gefallen, ja Blümchen?"  Ich nicke und mache, was sie gesagt hat. Das Auto sit kaputt. Es raucht vorne aus dem Auto raus.  Ich gehe an das Fenster von Mommy und ziehe an der Tür, aber sie klemmt. Mommy sieht komisch aus und sie Blutet. Daddy blutet auch und Daddy schläft.  "Wach auf Daddy!Aufwachen Daddy!" Molly schüttelt den Kopf.  "Sieh mich an Jana, sieh nur mich an"  ich weine. "Ich habe Angst" Mommy weint auch. Ich habe Mommy noch nie weinen gesehen. "Ich weiß Jana, aber du musst jetzt tapfer sein. Du musst jetzt gehen, okay?" Ich schüttle den Kopf. "Doch Jana, du musst jetzt gehen. Du kennst den Weg mein Schatz. Geh und hol Hilfe"  Och nicke und renne los. Ich weine immernoch. Ich laufe und weine. Ich weiß nicht wie lange ich laufe, aber da kommt ein anderes Auto. Ich winke und er hält an. Eine Frau steigt aus, sie fasst meinen Kopf da an, wo er weh tut. "Was ist den passiert kleine? Wo sind deine Eltern!" Ich kann nicht mehr sprechen. Ich kann keine Worte mehr sagen. Ich zeige auf  die Straße. Ich zeige dahin, wo ich hergekommen bin. Sie setzt mich in ihr Auto und ruft mit ihrem Telefon wo an als sie fährt. Und dann sind wir wieder bei unserem Auto. Bei der Kurve. Ich steige aus und laufe zum Auto. "Mommy, schau, ich habe Hilfe geholt, wie du wolltest" Ich lauf zum Auto, zu ihrer Tür. Mommy schläft. "Mommy wach auf! Mommy! Ich habe Hilfe geholt Mommy, wie du es wolltest!"  Sie schläft weiter. Sie wacht nicht auf. So wie Daddy. Es ist meine Schuld. Ich war nicht schnell genug. Es ist meine Schuld, dass Mommy und Daddy schlafen. Ich war nicht schnell genug.

Teacher loveTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon