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Sebastian Jones PoV.:
Wir fahren seit zehn Minuten und sie hat mich noch kein einziges mal angesehen. Sie blickt nur aus dem Fenster, scheint sich alles genausten einprägen zu wollen, während sie mit ihrem Finger unregelmäßigen Muster auf ihre Oberschenkel zeichnet. Ich nutze die Gunst der Stunde, um sie eingehender zu betrachten. Sie ist zierlich aber nicht zu schlank. Sie ist groß, aber etwas kleiner als ich selbst es bin. Ihre blonden Locken scheinen ihr wie flüssiges Gold über die Schultern und den Rücken zu fließen und ihre Hand, mit der sie immer wieder eine widerspenstige Strähne aus ihrer Stirn streicht, ist zierliche und schlank und gleichzeitig so kraftvoll. Mein Blick wandert weiter und bleibt an ihren vollen, zartrosa Lippen hängen. Sie knabbert daran, wie sie es immer tut, wenn sie nachdenkt. Ihre Gesichtszüge sind markant und gleichzeitig so weich. Sie ist Engelsgleich und erst ihre Augen! Es ist nicht das tiefe Blau, nicht die grauen und grünen Akzente und nicht die bernsteinfarbenen Sprenkel. Ich weiß nicht was es ist, aber es verzaubert mich, reißt mich mit sich.

Jana Mayers PoV.:

Ich fühle mich beobachtet, und als ich mich zu ihm drehe, mustert er mich tatsächlich. Er schüttelt kurt den Kopf, räuspert sich und sieht dann vor zum Fahrer. "Wohin geht's eigentlich". Der Taxifahrer murrt ein irritiertes "Bettery Park" und konzentriert sich weiter auf die Straße. Ich kann das kichern, das mir über die Lippen geht, nicht unterdrücken und auch er grinst breit. Ja Mister, ich glaube, das wusst er auch schon! "Also?" fragt er nun etwas leiser an mich gerichtet und ich grinse noch immer.  "Statue of Liberty! Ich wollte schon immer mal sehen, wie New Jork City von dort aus aussieht und wann wäre es besser, als wenn der Horizont in Flammen zu stehen scheint" erkläre ich und er nickt zustimmend. "Ja, ich bin mir sicher, das wird spektakulär. Ich nehme an, Sie waren noch nie zuvor in New Jork?" Ich lächle. "Nein, bedauerlicherweise habe ich Seattle vorher noch nie verlassen" Er wirkt ehrlich interessiert. "Und haben Sie vor das nach ihrem Abschluss nachzuholen?" Ich nicke. "Sie kennen Miss Kheen und Miss Smith?" als er nickt fahre ich fort. "Nach den Prüfungen Fliegen wir gemeinsam nach Miami" er zieht eine Augenbraue hoch. "Feiern" ich nicke. "Ja, feiern". Wir lachen beide und merken kaum, wie das Taxi hält. "Das macht dann 18 Dollar 40 Miss" Ich will gerade meinen Geldbeutel aus meiner Tasche holen, da legt er seine Hand kurz auf meine und reicht mit seiner Anderen dem Fahrer 20 Dollar. Ich bedanke mich und wir steigen aus.

Wir schlendern gemütlich durch den Park, auf dem weg zur Fähre, und sehen uns etwas um. Es ist wirklich schön hier, doch man merkt das er, je näher wir unserem Ziel kommen, dem Tourismus verfällt. Zu beginn schien alles hier so idyllisch, doch mitlerweile laufen wir an vielen, wie soll ich es nennen, Entertainern? vorbei. Sie sind alle als Freiheitsstatue verkleidet, halten die amerikanische Flagge in der einen und die Fackel oder das Buch, je nach dem, in der anderen Hand. Einerseits finde ich das irgendwie niedlich, andererseits doch ziemlich respektlos, aber naja, was soll man machen?

Wir laufen weiter, es wird immer voller, bis wir uns schließlich zwischen den vielen Menschen hindurchschlängeln müssen

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Wir laufen weiter, es wird immer voller, bis wir uns schließlich zwischen den vielen Menschen hindurchschlängeln müssen. Ich kann die Fähre schon sehen und will darauf zulaufen, als ich etwas anderes, bei weitem Interessanteres entdecke. Ein klassischer Touristen-Ramsch-Stand! Ich steuere darauf zu und halte nach dem unnötigsten mist ausschau. Als ich den Stand nun schon zum zweiten mal umkreise entdecke ich endlich, wonach ich gesucht habe. Ich schnappe mir zwei von diesen Schaumstoff Kronen und ebenfalls zwei kleine Mrs. Liberty Schlüsselanhänger. Ich suche den Verkäufer und bezahle, als er mich einholt und mich verwundert und gleichzeitig belustigt mustert. Ich bedanke mich bei dem netten Herren und gehe gemeinsam mit ihm auf die Fähre zu, die nur mehr wenige Schritte von uns entfernt ankert. Er sieht nach wie vor amüsiert auf die hellblauen Schaumstoff Kronen in meiner Hand und ich erkläre ihm lachen, warum ich diesen Ramsch gekauft habe, wären ich versuche es in meine viel zu kleine Tasche packe, was mir allerdings kläglich misslingt. "Alexis, Lillian und ich, Verzeihung, Miss Kheen und Miss Smith und ich haben da eine kleine Tradition. Wenn einer von uns verreist, bringt er einmal irgend einen Mist mit und einen Schlüsselanhänger und da ich bisher leider noch nie die Gelegenheit dazu hatte, selbst auch ein Souvenir für die Mädels mitzubringen, wollte ich es keinesfalls auf die lange Bank schieben und es schlussendlich vielleicht vergessen, also..." Oh Gott, hör auf wie ein Wasserfall zu quasseln! Schreit mich meine innere Stimme an und ich gehorche, doch ihm scheint es nichts ausgemacht zu haben, im gegenteil, er amüsiert sich über unsere kleine Tradition.

"Ich finde es wirklich bemerkenswert von Ihnen, dass sie selbst jetzt noch an andere denken" merkt er an, als wir die Fähre betreten. Ich sehe ihn irritiert an. "Verzeihung, wie darf ich das verstehen?" frage ich ehrlich interessiert und sehe ihn abwartend an. Er sieht mir in die Augen und beginnt zu sprechen. "Wissen Sie, nur weil Sie nicht an irgendwelchen Veranstaltungen auf der Bühne mitmachen, heißt das nicht, das keiner merkt, welch einen großen Anteil Sie an alle dem haben Miss Mayer. Sich vor Menschen zu stellen und irgend etwas vorzeigen kann jeder. Jeder kann sich ins Rampenlicht stellen und der Welt zeigen, dass er anteil hat, aber nur wenige tun alles für die anderen, engagieren sich so sehr für den erfolg eines anderen und verlangen selbst keinen Ruhm oder eine Ehrung dafür. Ich persönlich rechen Ihnen das sehr hoch an" Ich werde feuerrot und drehe mich weg, sodass er mein Gesicht nicht mehr sehen kann. Ich murmele ein "Vielen Dank" und ein "Ich muss mal kurz weg, bin gleich wieder da" und mache auf dem Absatz kehrt. 

Die Fähre legt ab und fährt langsam Richtung Liberty Island, als ich unter Deck gehe und die nächste Toilette aufsuche. Ich öffne die Türe, nur drei andere Frauen sind hier, eine von ihnen checkt ihr Make-Up und die anderen beiden gehen in eine der Kabinen. Ich stelle mich vor eines der Waschbecken, halte mich an dessen Rand fest und sehe in den Spiegel. Ich hasse das! Ich hasse es, wenn andere so etwas zu mir sagen. Ich arbeite gerne im Hintergrund. Ich will nicht vor allen stehen, will nicht für etwas gefeiert werden, das man tut, weil es nun mal von einem erwartet wird. Als verantwortungsvolle Studentin ist es meine Aufgabe bei solchen Dingen zu helfen und basta! Ich schüttele einmal den Kopf, spritze mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht und gehe zurück zu ihm.

Ich bin fast bei ihm, als ich inne halte. Er steht da, an die Rehling gelehnt und aufs Wasser hinaus blickend. Ohne zu überlegen ergreife ich die sich mir bietenden Chance und betrachte ihn eingehend. Er ist groß und sieht trainiert aus, aber nicht wie einer von diesen Bodybuildern, sondern anders. Einfach...heiß. Ich meine damit, dass sein Körper durchtrainiert aber nicht wuchtig ist. Sein Haar ist kastanienbraun und kurz geschnitten. Er hat markante, scharfe Gesichtszüge und lange, dunkele Wimpern. Mein blick gleitet weiter, über seinen sexy drei-Tage-Bart zu seinen schmalen Lippen. Oh Gott, diese Lippen! Ich werde rot, als ich an diesen Kuss zurückdenke. Für einen kurzen Moment habe ich das Gefühl seine Lippen auf meinen zu spüren und kaum ist dieses Gefühl verschwunden, wünsche ich mir nichts sehnlicher, als zu ihm zu gehen und ihn zu Küssen, einfach nur um es nochmal fühlen zu können. Ich gehe ein paar Schritte auf ihn zu, sehe mir seine Hände an, die lässig über der Rehling hängen. Sie sind schlank und dennoch kraftvoll. Kann es sein, dass er Klavier spielt? Mein Dad hatte auch solche Musikantenfinger, er war allerdings ein begnadeter Geiger und kein Pianist. Ich schüttle den Kopf und wende mich wieder meinen Beobachtungen zu. Seine Haut hat trotzt des vielen Regens in Seattle eine Spätsommerbräune. Und seine Augen. Sie sind so tief blau wie der Ozean. Seine Augen faszinieren mich. Manchmal sind sie so unendlich blau wie jetzt, manchmal sind sie grau,  fast, wie flüssiges silber und manchmal sind sie blau-grau, wie die stürmende See.

Ich stehe mittlerweile schon wieder fast neben ihm, doch kann ich meinen Blick nicht von ihm loseisen, weshalb ich erst gar nicht mitbekomme, wie er sich zu mir dreht. Er ergreift meine Hand, zieht mich neben sich an die Rehling und sieht mich an. Sein Gesicht ist meinem wieder so unfassbar nah, es macht mich fast verrückt. "Ich kann an nichts anders denken als an diesen Kuss und wenn du so vor mir stehst, so wunderschön, so verträumt, würde ich dich am liebsten an mich ziehen und dich Küssen, wie ich nie zuvor jemanden geküsst habe" raunt er mir mit gesenkter Stimme ins Ohr. Und noch bevor ich überhaupt anfange darüber nachzudenken, was er gerade gesagt hat, reagiere ich. "Dann tu es" hauche ich und recke ihm mein Kinn entgegen. Er drückt seine seidigen Lippen auf meine und ich habe das Gefühl, die Welt um uns herum würde stehen bleiben.

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