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Zum ersten mal seit langem weckt mich nicht mein Wecker, sondern die warmen Sonnenstrahlen, die mir durch die Glasfront ins Gesicht scheint. Es ist schon spät, halb Zwölf. Ich kann mich nicht mal mehr daran erinnern, wann ich das letzte mal so lange Geschlafen habe, denn während der Woche gehe ich in die Uni und an den Wochenenden Arbeite ich in einem Büro. Nur heute steht nicht viel an. Im Büro habe ich mich schon Krank gemeldet, meine Tasche ist schon gepackt und abgesehen von ein Paar kleineren Besorgungen, wie zum beispiel eine Powerbank, und noch ein Dankeschön-Geschenk für Lil und Al, habe ich eigentlich alles, weshalb ich beschließe, mir meine Unterlagen zu schnappen und ins Kaffee zum Frühstücken zu fahren. 

Ich steige also aus dem Bett und weiter zu meinem Kleiderschrank, wo ich mir einen ausladenden, roten Rock und eine dazu passende weiße Bluse nehme und hineinschlüpfe. Mit meiner Tasche über der Schulter laufe ich barfuß durch fas Haus, ziehe mir vor der Türe meine ebenfalls weißen Ballerina an und verlasse das Haus. Kurz überlege ich, ob ich mir mein Fahrrad nehmen soll, doch ich verwerfe den Gedanken schnell wieder. Heute steht mir der Sinn eher nach einem gemütlichem Spaziergang. Auf dem weg zum Kaffee mache ich kurz halt in einem Elektronik markt und erledige den ersten Punkt auf der heutigen Tagesordnung. Doch das mit Alexis und Lillians Geschenk wird nicht so leicht. Ich brauche etwas, das sagt, 'Danke, dass ihr euch die mühe mit mir und diesem riesen Drama macht'. 

Ich biege um die Ecke, in das selbe Kaffee, in dem ich schon gestern gesessen bin. Ich weiß nicht, warum ich unbedingt hier her wollt, ich meine, ich bin vor ihm weggelaufen, warum gehe ich das Risiko ein, hier auf ihn zu treffen?  Eigentlich ganz einfach, ich will ihn sehen! Aber das ist egal, denn er ist jetzt sowieso gerade in der Universität und hält seinen Physik-Kurs ab. Ich setzte mich also an den selben Platz wie gestern, bestelle das selbe wie gestern. Ich schließe meine Kopfhörer an mein Handy an und drehe die Musik voll auf. Mein Tee schmeckt gut, ich genieße den Moment, denke an gestern, daran wie ich genau an diesem Platz gesessen bin, wie er mich in seinen Armen hielt, an seine Worte. Ich muss breit grinsen, wenn ich daran denke. Aber jetzt ist Schluss damit. Ich hole die Unterlagen aus meiner Tasche hervor und beginne zu lesen, anzumarken, zu notieren. Mir wird ein Tee nach dem anderen gebracht. Ich merke gar nicht, wie schnell die zeit vergeht, während ich einfach nur hier sitze und anfangs nur meine Arbeit nochmals durchgegangen bin. Mittlerweile lerne ich für die Prüfungen. Als ich das nächste mal auf die Uhr sehe ist es bereits halb Vier.

Gemächlich packe ich meine Tasche zusammen, bezahle den vielen Tees, die ich in der Zwischenzeit getrunken habe und mache mich auf den weg, doch anstatt nach Hause zu gehen, tragen mich meine Beine in Richtung Doc. Der Salzige Geruch dringt immer stärker hervor und lässt die Abgase im Hintergrund stehen. Der wind wird stärker, mein Rock flattert um meine Beine und ich genieße das Gefühl, die die salzige Briese auf meiner Haut hinterlässt. Kaum dass ich das Wasser nur sehe, fühle ich mich gleich um vieles besser, so entspannt, so seelenruhig. Es ist, als würde die raue See alle Gedanken aus meinem Kopf spülen und völlige, unfassbar wohltuende leere hinterlassen. Ich laufe über den harten Beton Boden am Doc, starre auf das Wasser, auf die Wellen die sich immer und immer wieder überschlagen. In Gedanken liege ich an irgendeinem Strand, weit abseits von jeglicher Zivilisation und genieße den Sand zwischen meinen Fingern. Einfach mal abschalten, einfach mal die Ruhe genießen, sich über nichts sorgen zu machen und über nichts nachzudenken, wie lang ich das schon nicht mehr gemacht habe. Die Uni bestimmt mein Leben, wie ich meine Zeit verbringe, was ich tag für tag mache. Es ist als hätte man mich eingesperrt, als würde irgendjemand, der um so vieles größer ist, als ich, bestimmen, wie mein Leben verläuft. Nie wollte ich eine Marionette sein, nie wollte ich die Kontrolle über mein Leben verlieren, doch in diesem Moment wird mir klar, dass ich keine Kontrolle mehr habe, dass ich die Fäden schon lange nicht mehr in meinen Händen halte und die ganze Zeit über nichts dagegen getan habe, um sie wiederzuerlangen. Viel zu lange ist es her, dass ich einfach mal wieder verrückt und ich selbst war, viel zu lange ist es her, dass ich mal wieder spontan war. Das wissen, darüber, zu wem ich geworden bin, dass ich jemand bin, den ich nicht wiedererkenne, den ich nicht mag, macht mich fertig. Ich beginne zu laufen, ich laufe, so schnell ich kann, in der Hoffnung, vor diesem jemand, vor dieser Persönlichkeit weglaufen zu können. Meine Lunge brennt und meine Beine fühlen sich an, als hätte sie jemand in Brand gesteckt, doch ich ignoriere den Schmerz und laufe weiter, immer weiter, runter, bis zum Ende des Doc's. Ich laufe, immer näher an das Wasser heran, immer näher an die alles verschlingenden Wellen. Als der Beton unter mir weichem, matschigem Grund weicht, werfe ich meine Tasche auf die Seite und schleudere meine Schuhe gleich hinterher. Ich renne weiter, in das eiskalte Wasser hinein, in die See, die meine Beine kühlt und gleichzeitig die Luft aus meinen Lungen weichen lässt. Ich schwimme, das Wasser spült all diese Gedanken hinfort. Endlich schaltet mein Hirn ab, denn zum ersten Mal seit langem mache ich etwas total verrücktes, spontanes, etwas, das mich daran erinnert, wer ich bin. Ich fühle so vieles und gleichzeitig absolut Garnichts. Es ist einfach nur herrlich!

Ich bin platschnass, mir ist eiskalt und ich habe noch mindestens zehn Minuten Wegstrecke vor mir, doch das hat sich gelohnt, denn ich fühle mich nicht nur ausgezeichnet, sondern mir ist auch ein Geschenk für Lillian und Alexis eingefallen, über das sie sich sicher freuen werden. 

Ich komme endlich daheim an, schmeiße meine Tasche in mein Zimmer und springe direkt unter die heiße Dusche. Das heiße Wasser auf meiner haut fühlt sich an, als würde es mich schmelzen, es tut beinahe schon weh, doch ich ignoriere den schmerz weitestgehend und kaum eine Minute später, ist die hitze nur mehr eine wohltat. Ich wasche mich, steige wieder aus der Duschkabine und wickle mich in ein blaues, seidenweiches Handtuch. Anschließend setze ich mich mit meinem Laptop auf dem Schoß auf mein Bett und kümmere mich um das Geschenk. Ich dachte mir, nach den Abschlussprüfungen brauchen wir Mädels mal wieder etwas Zeit zum entspannen und um einen drauf zu machen, also habe ich mich dazu entschlossen, einen Ladys-Urlaub für uns drei zu buchen, wo es ausschließlich darum geht uns zu verwöhnen, zu feiern und zu entspannen und da wir alle immer schon von den Stränden von Miami schwärmen, dachte ich, das wäre das perfekte Reiseziel für eine Woche. Nach einer ausgiebigen suche entscheide ich mich schließlich für ein tolles vier-Sterne-Hotel am Beach. The Gates Hotel South Beach - a Doubletree by Hilton. Ich glaube, dieses Hotel könnte auch Al und Lil gefallen!

Es ist halb zehn.Ich drucke die Reservierung und die Flugtickets aus und Packe sie in zwei Umschläge auf die ich in Schönschrift jeweils Lillian und Alexis schreibe und lege sie in meine Nachttischschublade. Die beiden werden die Kuverts nach den Prüfungen bekommen und ich meine direkt nach dem schreiben, denn ich glaube, wir sollten dahin fahren, egal was kommt. Damit will ich zwar jetzt nicht sagen, das einer von uns durch die Prüfung fällt, aber man kann ja nie wissen, deshalb gehe ich lieber auf Nummer sicher. Ich räume meinen Laptop zurück auf den Schreibtisch, ziehe mir ein Negligee an und setzte mich ins Wohnzimmer auf die Couch.  Ich schalte den Fernseher ein, zappe durch die Kanäle und merke, wie meine Lieder immer schwerer werden, bis ich schlussendlich einschlafe.

Teacher loveWhere stories live. Discover now