Erste Nacht

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,,Kann man dir irgendwie helfen?'' Ich blickte von meinem Handy auf. Ich hatte beschlossen nicht mehr wie eine Irre durch die Gänge zu laufen und mich zu blamieren.

Vor mir stand ein älterer Mann, der mich auffordernd, aber auch freundlich anschaute.

,,Ich bin Jonna und neu hier.''

,,Ah, ich habe dich schon in meinem Büro erwartet und hatte schon die Vermutung, dass du den Weg vielleicht nicht gefunden hast. Ist etwas unübersichtlich hier.'' Und wieso, verdammt nochmal, baut man dann keine Schilder auf!? Statt dies zu sagen, lachte ich nur, weil er es auch tat.

,,Na dann komm mal mit mir. Mein Name ist übrigens Willy.''  Er ging voraus und ich war unendlich froh endlich jemanden gefunden zu haben.

,,Das Internat ist in zwei Flure geteilt für Jungen und Mädchen. Wir gehen jetzt zu deinem Zimmer. Du teilst dir das Zimmer mit einer deiner Mitspielerinnnen. Sie wird dir alles was nötig ist nochmal in Ruhe mitteilen.'' Ich nickte. Dann war ich vorhin wohl im männertrakt gelandet.

Willy klopfte an einer Tür, ehe er sie öffnete. Gespannt schaute ich mich im Zimmer um und direkt fiel mein Blick auf ein Mädchen. Ich erkannte an ihrer Statur sofort, dass sie Handball spielte.

,,Ah Moin, du bist Jonna, richtig?'', fragte sie direkt und stand vom Bett auf, wo sie eben noch gelegen hatte.

,,Ähm Ja genau.'' Ich trat ein und hievte die Koffer hinter mir her.

,,Ich lass euch beide mal alleine, falls etwas sein sollte kannst du jederzeit zu mir kommen.'' Willy war genauso schnell weg gewesen wie er aufgetaucht war und ich richtete meinen Blick wieder zum Mädchen. Sie schien freundlich zu sein, denn sie nahm mir einen Koffer ab und rollte ihn zu meiner Hälfte des Zimmers, welche mit den kahlen Wänden ganz im Kontrast zu den des Mädchens stand.

,,Ich heiß übrigens Ella, ich wohne hier schon seit 5 Jahren inzwischen.'', erzählte sie. Wow, 5 Jahre das war aber wirklich lange. Ich vermutete, dass sie eine sehr gute Spielerin war.

,,Mein deutsch ist nicht super.. komme aus Norwegen.'', sagte ich direkt, damit sie nicht dachte, ich wäre zu dumm Deutsch zu sprechen.

,,Ah echt? Wie spannend, wir haben tatsächlich nur Deutsche hier. Wir hatten mal ein paar Dänen, aber die spielen hier nicht mehr.''

,,Welche Position spielst du?'', fragte ich neugierig, während ich den koffer öffnete. Ich war so froh, dass Ella mich so offen aufnahm. Ich dachte wieder an die Mädchen zurück aus der Küche, die im Nachhinein unglaublich unsympathisch auf mich wirkten.

,,Kreis und du? Bestimmt Mitte oder?'' Überrascht schaute ich Ella an. Wie kam sie darauf? Wusste sie, dass Sander mein Bruder war und hegte deswegen diese Vermutung? Ich wollte eigentlich nicht, dass jeder wusste, wer ich war. Zumindest noch nicht am Anfang.

,,Warum schaust du so? War nur eine Vermutung. Du bist nicht sonderlich groß, aber trotzdem relativ trainiert. Also hab ich recht?'', fragte sie abwartend.

,,Sorry, hab nichts verstanden.'' ich verzog entschuldigend das Gesicht. Es war sowieso ein Wunder gewesen, dass ich bis jetzt so viel verstanden hatte. Mir war es unangenehm, obwohl ich eigentlich nichts dafür konnte.

,,It's a guess. Your physical appearance is like a typical centre Player, you know?''

Ich nickte verstehend.

,,Abendessen war schon, aber ich habe dir was zu essen gebunkert, weil ich ja wusste das du noch kommst.'' Ich war mir nicht sicher, ob ich sie verstanden hatte, aber als sie mir ein Brot und eine Banane reichte, verstand ich.

,,Vielen dank!'' Ich lächelte sie glücklich an und biss hinein. Den Hunger hatte ich gar nicht mehr gespürt durch die ganze Aufregung.

,,Ich muss jetzt los, hab noch eine Besprechung mit dem Trainer. Wir sehen uns.'' und schon war sie weg.

Die restliche Zeit richtete ich mich ein und entspannte mich auf dem Bett. Was die anderen wohl gerade machten? Bestimmt gab es einen Gemeinschaftsraum, doch ich würde vorerst keine Ausflüge mehr alleine durch das Internat machen. Davon hatte ich defitniv genug. Also verbrachte ich den restlichen Abend in meinem Zimmer.

Eine gewisse Einsamkeit überkam mich und ich wünschte mir Menschen herbei, die mich kannten.

Ella kam nicht wieder bis ich eingeschlafen war.

-

Am nächsten Morgen wurde ich durch ein schrilles Klingeln geweckt. Ich brauchte einen Moment um mich zu orientieren.

Ich hörte Ella neben mir aufstöhnen und einen kurzen Moment später stoppte das Klingeln wieder.

,,Wir haben jetzt Training.'', erklärte sie, als wüsste Ella, wie es in meinem Kopf vor lauter Fragen rauchte.

,,Oh Gott, welche Zeit haben wir?'', seufzte ich. Als ich jedoch realisierte, dass ich gleich zum ersten Mal auf meine Mannschaft traf, schoss sogleich das Adrenalin aus meinen Adern und die Müdigkeit war verschwunden. Ich stand auf und schritt zum Kleiderschrank.

,,Halb sieben.'', murmelte Ella in ihr Kissen, ehe ich sie aufstehen hörte.

,,Wir haben 15 Minuten Zeit um uns fertig zu machen.'', murmelte sie noch, ehe ich sie rausgehen hörte. Wahrscheinlich ging sie in den Waschraum. Eilig folgte ich ihr, weil ich keine Ahnung hatte, wo der war.

Dort war ordentlich Betrieb. Ich versuchte mich unauffällig fertig zu machen und ging schließlich zurück in unser Zimmer, um mir meine Haare zu machen und mir Sportsachen anzuziehen.

Ich betrachtete mich noch einmal kurz im Spiegel. Meine Haare habe ich mir routiniert geflechtet und schließlich zu einem Dutt gebunden. Ich trug ein schlichtes Nike Shirt und eine weiße Hummelhose.

Zufrieden schnappte ich mir noch meine Sporttasche, ehe ich Ella folgte. Ich war wirklich aufgeregt. Ella war ziemlich ruhig, was die Situation nicht unbedingt angenehmer machte.

Wir gingen durch verschiedene Gänge und schließlich standen wir vor einer Tür, auf der Sportanlagen geschrieben stand.

Dahinter würden sie bestimmt schon alle stehen. Meine neue Mannschaft. Mein Herz schlug wahnsinnig schnell und ich erkannte mich selbst gar nicht wieder. Ich hatte nicht erwartet so aufgeregt zu sein.

Ella öffnete die Tür und schritt voran.

Moin, es tut mir so leid, dass es nur so ein nerviges Übergangskapitel ist.. aber leider gehören die manchmal auch dazu.

Under pressure. Everywhere. Where stories live. Discover now