Schuld oder keine Schuld?

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Ungläubig betrachtete ich die Anzeigetafel. Wieso lagen wir hinten? Was ging hier vor sich?

Ich bedeckte mein Gesicht verzweifelt mit meinen Händen. Abwehr ok. Angriff war eine Katastrophe und ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich erhebliche Mitschuld daran trug.

Ich spürte die Blicke der Zuschauer auf mir, fühlte mich von mal zu mal unwohler und wollte am liebsten flüchten.

Das Pech schien mich zu verfolgen. 

Wir hatten verloren. Doch das war noch nicht mal der Höhepunkt des Tages.

Mir war bewusst, dass ich nicht mit offenen Armen in der Kabine empfangen wurde.

Doch die Mannschaft schien tatsächlich alle Schuld auf mich zu schieben. Dabei war ich nicht diejenige gewesen, die in der zweiten Halbzeit die Chance hatte, das Spiel für sich zu entscheiden.

,,Tut mir den Gefallen und macht euch Gedanken, was heute das Problem war. Morgen um 6:30 Uhr Lauftraining.'', sagte Lars kühl an und die beiden Trainer verließen kopfschüttelnd die Umkleide.

Es war mucksmäuschenstill.

,,So eine scheisse.'' Nele schlug wütend gegen den Mülleimer, der gegen die Tür flog. Ich zuckte kurz zusammen.

,,Das ist alles deine Schuld.'', hörte ich Johanna sagen. Es war klar, dass sie mich ansprach.

,,Ich hab's nicht genau gesehen. Aber rot war es nicht.'', meldete Pia unsere Torhüterin sich. Sie stand direkt daneben, musste es also gesehen haben.

,,Sag ich doch!'' Es tat gut meinen Mund aufzumachen. Wochenlang hatte ich immer alles hingenommen. Die verurteilenden Blicke.

,,Bleib mal ruhig!'' Cassandra schaute mich beschwichtigend an. Sie nahm die Rolle als Kapitänin anscheinend sehr ernst.

Ich winkte ab und verschwand in der Dusche. Mich nervte alles und jeder.

Nach dem Spiel ging ich in die Halle nebenan, wo Tommis Mannschaft spielte. Es war das erste Mal, dass ich die Möglichkeit bekam, ein Spiel von ihm zu schauen.

Ich war richtig gespannt, was mich erwartete. Ich hatte von Maxi gehört, dass er zu den Leistungsträgern gehörte. Konnte ich mir sehr gut vorstellen. Mit seiner lockeren witzigen Art war er bestimmt beliebt.

Ich ging zur Tribüne und entdeckte Maxi. Ich wurde zögerlich. Mich zu ihr setzen? Weggehen?

Lass ihr Zeit

erinnere ich mich an Tommis Ratschlag. Er kannte Maxi besser als ich. Ich sollte auf ihn hören.

Meine Beine hatten jedoch andere Vorstellungen und bewegten sich zu Maxi.

,,Dein ernst?'', fragte sie fassungslos. Augenblicklich bereute ich meine Entscheidung. Dabei wollte ich doch einfach nur, dass so schnell wie möglich alles wieder normal wurde.

Maxi schüttelte den Kopf und verließ die Halle. Ich setzte mich geschlagen auf ihren Platz.

Die Situation, dass Cassandra und ihre Freunde das ganze mitbekamen, machte das ganze nicht besser.

Die ganze Zeit beschäftigte mich die Frage: Reichte abwarten?

Die männliche A Jugend spielte schon lange zusammen. Das musste einfach so sein, wenn ich sah wie flüssig jede einzelne Aktion war. Alles war perfekt abgestimmt. Die Abwehr ließ kaum Lücken zu, die Kommunikation stimmte.

Tommi war tatsächlich ein außergewöhnlich guter Spieler. Er spielte Rückraumlinks.

Das Timing stimmte jedes Mal, wenn er den Ball bekam. Er sah den Kreis, die Außen, seine Nebenspieler. Hatte eine unglaubliche Athletik.

Ich musste zugeben, dass ihr Spiel deutlich ansehnlicher war als unseres.

Es würde mich wundern, wenn nicht mindestens die Hälfte Profi werden würde.

Das würde ich Tommi aber selbstverständlich niemals unter die Nase reiben, sein Ego war groß genug was den Handball anging.

,,Und wie fandest du es?''

,,Langweilig, ihr habt mit 15 Toren gewonnen. Spannung sieht anders aus.'', zuckte ich mit den Schultern.

,,Na na na! Ich habe doch deine kugelgroßen Augen genau sehen können, während des Spiels.''

Ich war etwas erstaunt. Oder bluffte er?

Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute ich ihn an.

,,Ich schaue gerne meine treusten Fans an.''

,,Witzig.''

Wir beschlossen uns nach draußen in die Sonne zu setzen.

,,Du hast ne rote Karte bekommen?'', fragte Tommi ungläubig, nachdem er einen kurzen Blick auf sein Handy geworfen hatte.

,,Denkt man wohl gar nicht von mir, was?'' Deprimiert riss ich Grashalme aus dem Boden.

,,So wie du das Gras gerade misshandelst, kann ich mir das sehr wohl vorstellen.'' Ich konnte nicht wirklich lachen. Irgendwie war ich schon nicht ganz unschuldig an der Niederlage, wenn ich nochmal darüber nachdachte mit ein wenig Abstand.

,,Woher weißt du das überhaupt?'', fragte ich und blickte auf sein Handy.

,,Äh.. Cassi hat mir das geschrieben.''

,,Ah, hat die Nette sich bei dir schön ausgelassen über mich?'' Ich konnte meinen Frust über sie nur schwer verbergen. Bisher hatten wir selten über seine ach so tollen Freunden geredet. Ich wusste nur, dass seine Freundesgruppe mit Cassandra, Lissi, Flo und ihm schon lange Bestand hatte. Maxi kam da so mit zu und noch zwei andere. Doch wieso Cassandra? Was fand Tommi an ihr? Und vor allem: Wie konnte er mit ihr zusammen sein?

Dass er ebenso mit Ella zusammen gewesen war, verstand ich ansatzlos. Sie war nett, hübsch, zuvorkommend. Aber Cassandra?

,,Äh ne, ich habe sie nur vorm Spiel gefragt, warum ihr verloren habt.'', sagte er zögerlich, weil er bekanntermaßen um unsere Differenzen wusste.

Ich erzählte ihm nicht viel von Cassandras Verhalten mir gegenüber. Maxi war die Person, der ich immer alles erzählt hatte. Sie war mit Tommis besten Freunden schon lange befreundet und somit auch irgendwie in der Gruppe integriert. Doch mit Cassandra kam sie gar nicht klar.

Es war ein kompliziertes und verzwicktes Unterfangen in dieser Gruppe. Anfangs hatte ich gedacht, dass da Friede Freude Eierkuchen herrschte, doch der Schein trügt.

,,Tue mir den Gefallen und mach dir keine Vorwürfe.'', bat Tommi mich.

,,Unsere Trainer wollen uns umbringen beim nächsten Training- ich freue mich schon.'', seufzte ich und überging seine Bitte.

Tommi erwiderte nichts, wahrscheinlich weil er wusste, dass ich recht hatte.

Das nächste Training würde der Horror werden.

Bin nicht so unzufrieden mit dem Kapitel :( aber wollte mal wieder ein neues Kapitel hochladen.

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