Frust

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,,Was machst du hier?'', fragte ich trocken. Meine Laune war nicht auf allerhöchsten Niveau, wie man vielleicht merkte.

Sander schaute mich mit einer Mischung aus Verständnis und Mitleid an, was ich gar nicht ertrug in diesem Moment. Es erinnerte mich daran, dass auch meinetwegen, die Niederlage so schrecklich hoch ausgefallen war.

,,Ich hab zugeschaut- und keine Sorge: mit Maske und Cap erkennt mich niemand.''

Meine Gedanken kreisten wieder um mein Problem während des Spiels und es fiel mir schwer Sander Aufmerksamkeit zu schenken.

War das vielleicht das Problem? Meine Identität, die ich versteckte?

,,Bist du ok?'', hörte ich Sander fragen. Nein, es war nichts okay, Idiot!

,,Jaja, ist nur ein Spiel.''. Ich spürte, dass Sander mir kein Wort glaubte. Er kannte mich leider zu gut.

,,Komm, wir gehen etwas spazieren.'' Mein Bruder legte einen Arm um mich und zog mich mit sich.

,,Niederlagen sind einfach Müll.'', brachte Sander es auf den Punkt.

,,Absolut.''

,,Ich hab gemerkt, dass mit dir etwas nicht stimmt.'', sagte Sander plötzlich und ich spürte seinen intensiven Blick auf mir ruhen.

,,Ich war zu aufgeregt.'', redete ich mich heraus.

,,Jonna.'', seufzte Sander schon fast verzweifelt.

,,Ich mach mir irgendwie Sorgen.''

,,Sorgen? Wieso das? Bleib mal ruhig! Ich war lediglich aufgeregt und bin vielleicht gerad gestresst! Mehr ist das nicht!''

,,Und wieso wirst du dann so laut und redest dich so heraus?'' Es war ein ähnlicher Streit, wie wir ihn letztens bereits geführt hatten. Ich erkannte, dass auch Sander darüber nachdachte und wusste, dass er dieses Mal nicht nachgeben würde.

,,Wir streiten nie, weil du die ausgeglichenste Person bist, die ich kenne.'', brach Sander die Stille.

,,Bitte lass es einfach.'' Ich hatte wirklich nicht die Kraft dafür. Ich war erledigt. Von der Schule, dem Stress, dem Spiel.

,,Ich muss jetzt gehen.'' Es tat mir leid, dass ich Sander einfach so stehen ließ. Doch ich war einfach durch.

Die nächsten Tage kam ich schwer aus dem Bett. Alles und Jeder ging mir auf die Nerven. Die Trainer. Sander. Tommi. Meine Eltern.

Alle wollten irgendwas von mir. Deswegen verzog ich mich jede freie Minuten in mein Zimmer.

Maxi war die Einzige, die verstand, dass ich Freiraum benötigte, um das Ganze erstmal zu verdauen.

Ich hatte mich mal wieder in mein Zimmer zurückgezogen und ließ mich ausgelaugt auf mein Bett fallen.

Hatte ich die richtige Entscheidung getroffen? Ich wusste es nicht, doch wollte mich nicht so schnell geschlagen geben. Ich hatte erst ein Spiel absolviert, viele Weitere würden noch folgen. Kein Grund zur Sorge. Das versuchte ich mir vor Augen zu führen.

Wen ich jedoch an die nächsten Spiele dachte, wurde mir schon ganz schlecht zumute. Meine schlechte Leistung förderte nicht unbedingt meine Integration zur Mannschaft. Wenn ich den Anschluss wiederbekommen wollte, musste ich liefern.

Ich ließ mich ausgelaugt auf mein Bett fallen und gab mich der Ruhe hin. Versuchte runter zu komme. Mein Gedankenkarussel abzustellen.

Meine Beharrlichkeit gegenüber meines Plans ließ etwas zu wünschen übrig. Ich redete mir jedoch ein, dass dies nur von kurzer Dauer war. Ich musste die Niederlage einfach verdauen.

Meine Gedanken wanderten zur Schule. Auch hier hatte ich einige Baustellen, die mich unruhig werden ließen, wenn ich darüber nachdachte.

Passend zum Beginn der Saison forderte die Schule immer mehr von uns. Ich konnte jedoch nicht abliefern. Die Klausuren hatten wir zurück bekommen. Meine Eltern würden Anrufe bekommen und ich verfluchten meine Inkompetenz.

Während ich weiter über mein verkorkstes Leben grübelte, spürte ich wie meine Augen immer schwerer wurden. Es tat unglaublich gut der Realität auf so eine einfache Art und Weise entfliehen zu können.

Die nächsten Tage durchlief ich emotionslos. Die Niederlage verfolgte mich noch immer. Ich sah mich auf dem Spielfeld- eine schlechte Aktion nach der anderen. Mein Gehirn schaffte es nicht, das Spiel abzuhaken.

Schon wieder kam die Wut auf mich selbst in mir hoch. Frustriert schlug ich gegen einen Baum, der sich gerade mir in den Weg stellte.

Ich war nach draußen gegangen, um die Zeit zwischen Schule und Training an der frischen Luft zu verbringen.

An diesem Tag war Abschlusstraining und danach stand schon das nächste Spiel an.

Ich beobachtete Nele, Johanna, Rike und Ella, die auf der Tischtennisplatte saßen und laut lachten. Sie hatten die Niederlage wohl alle verdaut.

Ich entschloss mich dazu in den Schulgarten zu gehen. Da war meist keine Seele und ich ertrug die Blicke der Mannschaft nicht länger.

Cassi und Lissi hatten es tatsächlich geschafft, dass sich die gesamte Mannschaft gegen mich stellte. Inzwischen hatte ich keine Hoffnung mehr auf eine Veränderung.

Doch ich konnte nicht zurück nach Norwegen. Es würde sich wie eine Niederlage anfühlen, verbunden mit Schmerzen in einem ganz anderen Ausmaß.

Lieber ertrug ich dann die Blicke.

,,Scheiße.'', seufzte ich. Die deutschen Schimpfwörter hatte ich extrem verinnerlicht. Lag wohl an meinem Umfeld.

,,Wieso müssen wir diesen scheiß machen?'', hörte ich plötzlich eine Stimme, die mir merklich bekannt vorkam und ähnlich frustriert klang, wie ich es war. Ich entdeckte Tommi und Flo,  der sich noch immer aufregte.

Als die beiden mich sahen, schauten sie mich erstaunt an.

,,Es gibt also doch noch Menschen, die sich hierhin bewegen.'', seufzte Flo niedergeschlagen.

Verwirrt musterte ich Tommis besten Freund, mit dem ich bisher nicht viel zutuen gehabt hatte.

,,Was machst du hier?'', fragte Tommi mich stirnrunzlend. Genervt musterte ich seine Sorgenfalten.

,,Ich wollte tollen Pflanzen anschauen.'', sagte ich ironisch.

,,Naja, wenn du schon hier bist, kannst du uns ja helfen. Gärtnern hilft gegen schlechte Laune.'', zwinkerte Tommi.

,,Bitte was?''

,,Weil Tommi mal wieder was angestellt hat, müssen wir jetzt neue Pflanzen hier einpflanzen.''

Flo zeigte auf die Erde und die vielen Pflanzen, die hier rumstanden.

,,Was hast du angestellt?'' Ich fühlte mich wie eine Mutter, die mit ihren Sohn sprach und ihn zur Rede stellte.

Tommi grinste nur und zuckte mit den Schultern.

,,Muss ich jetzt ein Loch butteln, Pflanze rein stecken und Erde drüber, oder wie macht man sowas?'' Flo schaute seine Schaufel in der Hand mit verzogenen Gesicht an.

Ohje, der arme Schulgarten.

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