Auf der Suche nach Entspannung

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Ich ließ das wohlig warme Wasser auf mich einprasseln, während ich mich in der Badewanne entspannt zurück lehnte. Endlich Ruhe. Wärme. Entspannung. Wobei Letzteres erst langsam in meinem Körper eintrat. Zu viele Probleme beherrschten gerade mein Leben.

,,Jonna? Kann ich kurz reinkommen?'', hörte ich plötzlich Sanders Stimme dumpf durch die Tür. Er klopfte zwei mal an und sah es anscheinend als selbstverständlich an, einfach eintreten zu dürfen.

Perplex tauchte ich etwas weiter runter, da ich mich entblößt fühlte.

,,Ich habe dich früher ständig nackt gesehen. Wir waren zusammen in einer Badewanne. Ich habe schlimmeres mit dir erlebt.'' Sander setzte sich seufzend auf den Toilettendeckel, während ich ihn verdattert beobachtete. Sein Blick zeigte mir, dass ihm etwas auf dem Herzen lag. Und ich wusste bereits, worum es ging.

,,Was ist Sander? Ich würde gerne endlich mal entspannen.'' Ich tat, als wäre es mir egal, dass ich nackt vor meinem großen Bruder in der Badewanne lag, aber in Wahrheit war es komisch und unangenehm.

,,Ciljan weint immer noch.''

,,Ihm tut es leid. Ehrlich gesagt tut es mir auch leid.'' Sander schaute mich komisch an und ich begann ihm zu erzählen, was ich dachte.

,,Du musst ganz sicher kein schlechtes Gewissen haben, Jonna! Wir sind älter geworden, Dinge verändern sich. Unsere Interessen verändern sich. So ist es auch mit dem Schlitten fahren.'' Sander hatte nicht ganz unrecht. Und trotzdem: Ich fühlte mich schuldig.

,,Aber wieso redet er nicht mit uns?'' Ich schaute bedrückt auf das Wasser vor mir und hatte ganz vergessen, dass ich in der Badewanne saß.

Sander sagte nichts und ich begriff, dass wir die Antwort längst wussten: Ciljan kam nicht damit klar, dass wir beide in Deutschland waren.

Ich fühlte mich schrecklich. Ich hatte nur an mich gedacht und mir keine Gedanken darüber gemacht, wie es Ciljan gehen konnte.

Da der Tag ziemlich chaotisch begonnen hatte, beschlossen wir alle, dass wir den restlichen Tag in der Hütte verbringen würden. Spiele spielen, lesen, reden. Das stand auf der Agenda. Ciljan ließ sich bis zum Nachmittag nicht blicken. Ich saß im Wohnzimmer und las in meinem Buch. Niko saß direkt neben mir und schrieb mit seiner Schwester, wie er mir erzählte. Harald war draußen Angeln. Sander machte sich einen Kaffee. Rune machte FaceTime mit Stine. Es war ziemlich ruhig und ich genoss, endlich runter fahren zu können.

So langsam nahm ich auch Abstand vom Handball. Dem Internat. Den Konflikten. Es tat unfassbar gut nachhause gekommen zu sein. Mal abgesehen von meinen Eltern.

Rune kam wieder herein geschlendert und schaute sich kurz um.

,,Ist Ciljan immer noch oben?'', fragte Rune stirnrunzelnd.

Wir nickten alle.

,,Kann mal jemand zu ihm gehen?'', fragte Rune vorwurfsvoll. Ich schaute Betreten auf mein Buch. Ich hatte Schuldgefühle. Und ich war schon am Morgen bei ihm gewesen, doch hatte nichts bewirkt. Sander musste endlich mit ihm reden.

Niemand antwortete und Rune seufzte.

,,Dann mach ich das eben!'' Rune polterte die Treppen hoch.

,,Ich habe keinen Draht zu ihm.'', murmelte Niko in die Stille.

,,Alles gut! Rune reagiert manchmal über, wenn es jemanden schlecht geht, den er gerne hat.'' Niko schaute mich nachdenklich an.

,,Ist bestimmt schwierig mit Sander als großen Bruder.'',  ich dachte zuerst es war ein Scherz, erkannte jedoch, dass Niko das vollkommen ernst meinte. Ich spürte Haralds amüsierten Blick auf uns liegen. Ich hatte Niko deutlich zurückhaltender eingeschätzt, mich wohl aber offensichtlich geirrt.

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