Horror- Tag

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Die Wochen vergingen elendig langsam. Das lag höchstwahrscheinlich daran, dass das Training unfassbar hart war und ich vom Trainer Zusatzschichten einlegen musste.

Der Kraftraum war zu dieser Zeit mein engster Freund. Ich hatte alle Kacheln gezählt und wusste genau wer wann zu welcher Zeit dort war.

Heute wachte ich mit einem schrecklich unangenehm Gefühl auf und mir wurde schnell klar wieso: Montag. Der erste Schultag. Der Horror-Tag war schneller gekommen als mir lieb war. Ich hatte keine Ahnung wo ich hin musste, was mich erwartete und wer überhaupt meine Mitschüler waren.

Ella war leider nicht in meiner Klasse, sondern ein Jahrgang über mir.

Mein Herz pochte unaufhörlich in meiner Brust, als ich dem Strom von Schülern folgte. Es war ein kurzer Weg von vielleicht 5 Minuten zur Schule. Die frische Luft ließ mich etwas runter kommen, doch als sich das Gebäude wieder vor mir erstreckte, begannen sofort meine Hände wieder zu schwitzen.

Hilfe. Hilfe.

Ich hatte mal wieder keinerlei Orientierung. Flashbacks kamen hoch von meinem ersten Tag in Flensburg.

Ich konnte nur ganz stark hoffen, dass ich nicht auch an diesem Ort in solche Leute hinein geriet.

Ich versuchte bekannte Gesichter zu finden von meiner Mannschaft, doch ohne Erfolg. Es war viel zu viel Gewusel. Kein Wunder am ersten Schultag.

Ich bewegte mich vom Fleck an dem ich kurz festgefroren war, und ging zum Eingang.

Die Schule war zum Glück mit Schildern ausgestattet, weshalb ich erstmal ausatmete. Ich folgte den Schildern zum Sekretariat und klopfte direkt, weil ich eigentlich pünktlich zum Unterricht kommen wollte.

,,Herein.'', hörte ich es dumpf durch die Tür und ich trat ein.

,,Hallo, mein Name ist Jonna.'', stellte ich mich direkt vor und schaute in das Gesicht ein älteren Frau, die mich freundlich anschaute.

,,Ah schön dich zu sehen.''

Was folgte war ewiges Gerede, bei dem ich ungefähr 20% behielt. Ich wusste nur noch, in welche Klasse ich ging und was ich jetzt für ein Fach hatte.

Sie führte mich zu meiner klasse. Mir blieb gar keine Zeit mir meine Wörter zurechtzulegen, denn sie klopfte direkt an der Tür.

Plötzlich schaute ich zuerst in die Augen meines neuen Klassenlehrers und dann in 25 Gesichter, bei denen mir einige wenige merklich bekannt vorkamen.

Danke, dass ihr mir den Anfang so leicht macht, dachte ich zynisch.

,,Und wer bist du?'', fragte der Lehrer verwirrt. Kommunikation war wohl auch etwas, was man hier nicht so kannte.

,,Das ist Jonna Sa..'', fing die Sekretärin an zu sprechen.

Wie aus Reflex unterbrach ich sie: ,,Ähm ja ich bin Jonna und neu hier.'' Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Das war knapp.

Der Lehrer schaute noch verwirrter, ehe er schließlich nickte und eine kurze Handbewegung machte, dass ich mich setzen sollte. Eilig ging ich auf den letzten freien Platz zu, ohne auf meine Umgebung zu achten.

Als ich endlich saß, dachte ich endlich durchatmen zu können, doch irgendwie meinte es das Schicksal in Flensburg echt nicht gut mit mir.

,,Lange nicht mehr gesehen, Bücherwurm.'', hörte ich eine bekannte Stimme dicht hinter mir.

Verwirrt drehte ich mich um.

,,Hallo Nervensäge.'', grinste ich ironisch und drehte mich direkt wieder nach vorne. Ich hörte ihn leise lachen und verfluchte gerade mein Pech.

,,Willst du mich direkt am ersten Schultag nerven?'', hörte ich die einschneidende Stimme des Lehrers und dachte erst, dass er mich meinte. Doch als ich sah, wie er eine Reihe hinter mir blickte zu Tommi, konnte ich mir ein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen.

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Tatsächlich war der Unterricht gar nicht so schlimm, wie ich es gedacht hatte. Der Lehrer war wirklich gut. Er war jung, motiviert und fair. Zumindest war das mein erster Eindruck.

Neben mir saß ein Junge und ein Mädchen, die glaube ich ziemlich introvertiert waren, doch damit hatte ich keinerlei Probleme.

Vier Mädchen aus meiner Mannschaft gingen in die Klasse: Nele, Johanna und die beiden Zicken.

Ja, die beiden Zicken waren tatsächlich in meiner Klasse. Inzwischen hinterfragte ich all diese Zufälle gar nicht mehr und versuchte mich nicht darüber aufzuregen.

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Nach der Schule war ich schrecklich müde. Zum Glück hatte ich heute kein Training, weil die Trainer auf einer Fortbildung waren.

Deshalb entspannte ich in meinem Zimmer, genauso wie Ella.

Mein Handy brummte und neugierig schaute ich nach, wer mir schrieb.

Ah, mein verehrter Bruder meldete sich mal wieder.

Komm mal raus😎

Verwirrt schaute ich auf das Display.

Spinnst du?

Ich erhielt keine Antwort mehr und wurde etwas unruhig.

,,Ich geh mal etwas spazieren.'' Ella nickte versunken in ihrer Serie, während ich unauffällig einen Blick aus unserem Fenster warf.

,,Hat er nicht gemacht.'', murmelte ich unglaubwürdig, während ich Sanders Protzauto betrachtete. Wenigstens saß er drinnen.

,,Was hast du gesagt?'', fragte Ella verwirrt und erst dann bemerkte ich, dass ich norwegisch gesprochen hatte.

,,Sorry, ist egal! Ich bin dann weg.'' Fluchtartig verließ ich das Zimmer.

Inzwischen kannte ich zum Glück alle Wege. Etwas aufgeregt, weil ich nicht wusste was mich erwartete, klopfte ich an die Tür ehe ich einstieg. Sofort umhüllte mich der Geruch meines Bruders und ein geborgenes Gefühl, das ich seit einiger Zeit nicht mehr verspürt hatte, übermannte mich.

,,Überraschung 2.0!'', rief er scherzhaft und umarmte mich ganz fest.

Ich erwiderte sie sofort.

,,Ich dachte ich komm mal vorbei und besuch das einzige Familienmitglied, welches in meiner Nähe ist.''

,,Ich hoffe doch, dass das nicht der einzige Grund ist.''

Sander grinste mich an und startete den Motor.

,,Woher weißt du das ich Zeit habe?.''

,,Vergesslich wie eh und je.''

,,Ey!'' Ich schlug Sander gegen die Schulter und erinnerte mich daran ihm vor kurzem erzählt zu haben, das an diesem Tag mein einziger freier Tag war.

,,Wie war dein erster Schultag?''

,,War gut.'', sagte ich direkt. Es entsprach nicht ganz der Wahrheit, doch ich wollte nicht, dass er sich unnötig Gedanken machte.

,,Wirklich?'', fragte er überrascht nach.

,,Traust du deiner Schwester nicht zu, sich einzuleben?''

,,Doch, doch! Aber ich kenn es sehr gut, wenn man in einer neuen Stadt ist und neue Menschen trifft. Und dann noch eine neue Schule..'' Sander verzog das Gesicht.

,,Die sind echt nett alle.'', widersprach ich ihm etwas zu harsch und musste mich beherrschen, ihm nicht meine kompletten Miseren zu erzählen.

,,Wohin geht's denn jetzt eigentlich?'', wechselte ich das Thema.

,,Ich dachte Strand wäre ne gute Sache.'' Ich nickte glücklich.

Sanders geheimnisvolles Grinsen, ließ mich jedoch nachdenklich zurück. Aber auf eine positive Art und Weise.

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