Under pressure. Everywhere.

Absturz

,,Sander!'', rief ich erleichtert und riss mich von dem Typen los. Ich ließ mich in seine Arme fallen.

,,Ich muss die Zeit vergessen haben.'' Sander kratzte sich am Hinterkopf und ich erkannte, dass auch er mehr als angeheitert war. Ich begann zu grinsen.

,,Dule! Das ist meine beste Schwester Jonna!'' Sander schob mich zu Duvnjak, der uns beide amüsiert und neugierig musterte.

,,Mist, Tommi und Maxi! Ich hoffe jetzt dürfen die rein!'' Ich schaute den Typen triumphierend an, der mich nun kopfschüttelnd in Ruhe ließ.

,,Wo gehst du hin?'', rief Sander, während ich zum Eingang ging.

,,Ich hole Maxi und Tommi!'' Sander nickte nachdenklich. Anscheinend wusste er nicht mehr, was wir vereinbart hatten.

,,Da bist du ja!''

Ich entdeckte Tommi und Maxi draußen verloren stehen. Entschuldigend schaute ich die Beiden an.

,,Ihr könnt reinkommen!'', sagte ich kleinlaut und mit schuldbewusster Miene.

Das schien die beiden aufzuheitern.

,,Auf gehts!'', lachte Tommi und marschierte hinein. Er nahm meine Hand und zog mich mit sich. Wärme durchströmte meinen Körper und ich konnte mein breites Lächeln nicht unterdrücken. So glücklich war ich schon lange nicht mehr gewesen.

Ich wollte, dass dieser Abend niemals endet.

—

Ich wusste nicht mehr wie, aber irgendwie hatte ich viel zu viel Alkohol getrunken. Wohl eher inhaliert.

Das sollte nicht weiter ein Problem sein, denn Sander erging es ähnlich. Er war schließlich schon am Anfang dabei gewesen, als ich gekommen war.
Maxi und Tommi waren weniger betrunken, schienen sich aber prächtig zu amüsieren. Wobei ich sagen musste, dass mein Urteilsvermögen hinsichtlich Alkohol schon einmal besser gewesen war.

,,Trink mal nichts mehr!'', schwafelte Magnus Landin herum, mit dem ich mich die letzten Minuten, oder waren es Stunden?, unterhalten hatte. Er war wahnsinnig witzig und ich hatte ihn direkt ins Herz geschlossen.

,,Wieso das denn?'', fragte ich auf Norwegisch.

Magnus grinste amüsiert und ich verstand erst, als er auf dänisch antwortete, dass wir kein Deutsch redeten.

,,Weil du richtig richtig betrunken bist und es gerade mal 0 Uhr ist.'' Magnus grinste mich noch immer breit an.

,,Ach was!'' Ich griff zu meinem Cocktail, den ich mir bestellt hatte. Eventuell hatte ich nach meinem Ipanema Cocktail eine dezente Sucht. Er schmeckte unglaublich gut und der Alkohol war einfach nicht rauszuschmecken.

,,Dein wievielter ist das?'', hörte ich ihn fragen. So langsam fiel es mir immer schwerer den Worten meiner Gesprächspartner zu folgen. Stattdessen hörte ich mehr und mehr alles in Watte und meine Umgebung verschwamm vor meinen Augen. Dabei fühlte es sich wahnsinnig gut an. Endlich konnte man mal die Realität vergessen.

Ich vergaß Magnus zu antworten und steuerte stattdessen die Tanzfläche an, denn gerade lief eins meiner Lieblingslieder.

Doch vorher wollte ich noch schnell meinen bestellten Cocktail austrinken.

Ich musste mich kurz an Magnus festhalten, als ich aufsprang.

,,Alles in Ordnung? Du siehst nicht gut aus!''

,,Danke, schön zu hören!'', rief ich grinsend und stolzierte zur Tanzfläche.

Ich fiel jemanden in die Arme, ohne zu wissen, wem ich so dicht bevorstand. Ich stützte mich an dieser Person ab und schaute neugierig nach oben.

Duvnjak, herrje.

Zum Glück fehlte mir die Scham.

,,Oh hallo!'', lachte er und brachte Abstand zwischen uns. Trotzdem ließ er sich nicht abbringen, weiter zu tanzen, was mich ebenfalls zum Lachen brachte.

Ich sagte nichts weiter und wandte mich ihm ab. Stattdessen ließ ich die Musik von ABBA auf mich wirken, die meine Kindheit geprägt hatte.

—

,,Jonna! Jonna, bitte!'' Ich hörte ganz leise Stimmen gedämpft durch mein Ohr. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Wange, die immer aggressiver gegen mich schlug. Das war nicht sehr angenehm. Ich hatte keine Ahnung , wo ich war. War der Morgen und ich hatte verschlafen?

Ich öffnete leicht meine Augen und sah verschwommen zu Tommi und Maxi. Hinter ihnen stand Sander, der mich ängstlich anschaute. Moment! Warum ängstlich?

,,Was soll sein?'' Meine Zungen war unglaublich schwer.

,,Der Krankenwagen kommt gleich!''

Plötzlich brachte ich die einzelnen Puzzleteile zusammen. Mein Zustand, den ich gerade hatte, war nicht die Müdigkeit. Es war der Alkohol! Doch so schlecht erging es mir doch nicht oder?

Das sagte ich meinen Gegenübern auch. Diese schauten mich noch sorgenvoller an.

,,Du bist umgekippt beim Tanzen und warst nicht ansprechbar, Jonna!'' Sander schaute mich vollkommen aufgelöst an und hockte sich vor mich hin.

,,Krankenwagen?'', nuschelte ich verwirrt.

Mein Herz schlug wahnsinnig schnell, weil ich mit der Situation überfordert war und noch immer nicht alles durchblickt hatte. Was genau war passiert? Wo waren wir? Ich wusste nichts mehr.

Meine Augen waren wahnsinnig schwer und ich gab mich der Dunkelheit hin. Das Schlagen an meiner Wange konnte mich nicht daran hindern. Und die entfernten Stimmen erst recht nicht.

—

Ich wurde wach, als mich ein unfassbares Gefühl von Übelkeit überkam. Ich fuhr hoch und entdeckte einen Eimer neben meinem Bett. Ich beugte mich hinunter und entlud meinen Mageninhalt. Mit Tränen in den Augen lehnte ich mich vollkommen ausgelaugt zurück. Tränen, weil mir mit einem mal bewusst wurde, was ungefähr passiert sein musste.

Wie konnte es dazu kommen? Seit wann trink ich so viel? Ich schaute auf mein Handgelenk. Ich hatte einen Katheter oder sowas in der Art und realisierte, dass ich im Krankenhaus war.

Ich wusste nichts mehr von dem Abend. Das war umso beängstigender. Nur noch ein Gespräch war mir in Erinnerung geblieben. Das Gespräch mit Magnus, bevor ich die Tanzfläche gestürmt hatte.

Ich hatte Sander mit Sicherheit den Abend versaut. Er hatte die Champions league gewonnen und musste sich um seine betrunkene kleine Schwester kümmern.

Ich schämte mich so sehr und wollte am liebsten die Flucht nach Flensburg ergreifen.

Ich sah mich zum ersten Mal im Zimmer um und hätte beinahe einen Herzinfarkt bekommen, als ich Sander in einem Stuhl sitzen sah. Schlafend.

Zum Glück. Das würde mir Zeit geben, um mich dem Gespräch zu stellen.

Dienstag schreiben ich Mathe und dann habe ich es geschafft! Realisiert habe ich das Ganze noch nicht..