14 - Streit

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Florian war pünktlich bei ihr aufgekreuzt und hatte sie zur Arbeit gefahren, aber er war immer noch komisch gewesen. Er hatte auf keinen ihrer Gesprächsversuche richtig reagiert, sondern war einsilbig und wortkarg gewesen. Sie checkte es nicht. Was war denn gestern Nacht passiert, dass er sich jetzt so verhielt?

Sie hatte doch nur Tatsachen angeführt, mehr nicht. OFFENSICHTLICHE Tatsachen. Sie hatte ihn nicht angegriffen, sie hätte ja auch keinen Grund dazu gehabt. Sie hatte nur benannt, wie es war. Aber er war wie ausgewechselt. Schon als er sie hatte aussteigen lassen, war er anders gewesen. Sie hatte sich nochmals bei ihm bedankt und er hatte sarkastisch erwidert, dass man einem Elefanten ja auch Spaß gönnen müsse. Sie hatte ihn noch nie so sprechen hören. Davon abgesehen, dass Florian sie nie so tituliert hätte. Also war ihm dieser Kommentar gegen den Strich gegangen. Aber wieso?

Immer wieder stellte sie sich diese Frage, während sie die Kinogäste mit Popcorn, Getränken und anderen Naschereien versorgte. Es war heute viel los. Kurz nachdem sie zu Hause angekommen war, hatte es ein heftiges Gewitter gegeben und es regnete immer noch Bindfäden. Demnach strömten die Unternehmungslustigen ins Kino. Sie hoffte, dass der Regen aufhörte, sonst würde sie klatschnass sein, wenn sie nachher mit dem Fahrrad nach Hause fuhr. Sie seufzte und sah auf die Uhr. Noch knapp 15 Minuten Dienst. Dann würde sie mit Florian sprechen, beschloss sie, als sie eine altbekannte Stimme hörte und herumfuhr.

„Fetti, sag mal gibt es die Uniform auch in deiner Größe? Die spannt ja hinten und vorne. Vor allem hinten. Ich sag nur: Arsch frisst Hose", erklärte jemand laut und Anna registrierte, wie sich alle Blicke auf sie hefteten.

‚Super, das hat mir gerade noch gefehlt', dachte sie und meinte: „Hallo Saskia. Was möchtest du?"

„Ist ja klar, dass sie dich hinter den Tresen beim Popcorn stecken. Wobei ... Haben die keine Angst, dass du ihnen alles wegfrisst?", fragte Florians Ex jetzt und sie verdrehte innerlich die Augen.

Sie sah, dass Erik auf ihr Gegenüber zutrat. Mit zwei Tickets in den Händen und einem amüsierten Lächeln auf den Lippen. Sie seufzte. Gleich im Doppelpack. Konnte sie nicht wenigstens am Wochenende ihre Ruhe haben?

„Möchtest du jetzt was? Ansonsten nehme ich den Kunden hinter dir dran", entschied sie und bemerkte, dass Florian auf sie zukam.

‚Oh oh', dachte sie, als sie die gefurchte Stirn auf seinem Gesicht entdeckte und vernahm: „Keine Ahnung. Jedenfalls nichts, was du mit deinen Fettfingern angefasst hast. Was meinst du, Erik, wollen wir Gummibärchen? Ich denke nämlich, ich verzichte heute auf Popcorn. Zu fettig. Machst du uns dazu zwei Cola, Fetti? Aber die Becher schön unten anfassen..."

Sie nickte nur und schluckte hektisch, als sie die Wut in Florians Gesicht sah. Der hatte wohl die letzte Bemerkung gehört. Kein Stress jetzt hier, bitte. Bitte nicht. Nicht noch mehr Aufmerksamkeit. Sie sah die amüsierten Blicke der andere Wartenden. Halt einfach die Klappe, Flo. Sag nichts. Nimm keine Stellung dazu.

„Du solltest das Popcorn nehmen. Erstens schmeckt's besser und zweitens muss keiner deiner unzähligen Stecher Angst haben, dass er sich an deinen Hüftknochen aufschürft...", hörte sie und wurde blass.

Sie sah aus dem Augenwinkel, wie Saskia zu Florian herumfuhr, der locker die Hände in die Hosentaschen gestopft hatte. Sie beeilte sich jetzt noch mehr, die Bestellung fertig zu machen, denn ihre Klassenkameradin funkelte Flo entrüstet an, während Erik sich zwischen den beiden postierte.

„Du Arschloch! Denkst wohl, du kannst dir alles erlauben, oder was? ERSTENS hat sich noch nie jemand beschwert, dass er nicht voll auf seine Kosten gekommen wäre, und ZWEITENS vergisst du wohl, dass du auch sehr glücklich warst, ihn reinstecken zu dürfen! Also halt bloß dein verficktes Maul! Nur weil du seit neuestem auf eklig und fett stehst! Kommst du überhaupt rein, wenn du durch die ganzen Fettschichten musst, ja? Ich meine, mich zu entsinnen, dass du nicht den Längsten hast...", fauchte sie und Anna erstarrte.

Mein Name ist dick und hässlichWhere stories live. Discover now