34 - Zweisamkeit

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Er registrierte ihren erstaunten Blick und fuhr Richtung See. Da würden sie ungestört sein. Er kämpfte seine Wut nieder. Er hätte Saskia so gerne den Marsch geblasen, oder sich bei ihrem Vorgesetzten beschwert, aber er musste stillhalten. Erst musste er noch das Ding mit der Wette klären. Das hatte er ganz vergessen. In der letzten Schulwoche hatte es sich nicht ergeben und danach hatte er es schlicht verdrängt. Aber es wurde Zeit. Er würde einfach zu Kreuze kriechen, dachte er und fing Annas erstaunten Blick auf, als er am See hielt.

„Hier willst du essen?", fragte sie und er nickte.

„Keine Glotzer. Hier können wir unser Essengehen genießen", entschied er und sah, wie ein leichtes Lächeln über ihre Züge huschte.

„Ok. Danke", sagte sie und er nickte, ehe sie ihn überraschte, weil sie fragte: „Hast du noch die Decke im Auto? Wir könnten am Ufer essen, oder?"

„Äh, ja. Klar. Wieso nicht?", erwiderte er erstaunt und beobachtete, wie sie sich die beiden Tüten schnappte und ausstieg.

Da sie ihm einen fragenden, auffordernden Blick zuwarf, beeilte er sich, ihr zu folgen. Er holte die Decke aus dem Kofferraum, die sie immer zum Baden benutzten, und gesellte sich zu ihr. Er wusste, dass sie sich mit dieser Geste bei ihm revanchieren wollte, weil er hierher gefahren war, und freute sich unwahrscheinlich darüber. Doch im Moment konnte er es ihr nicht so zeigen, wie er es sich wünschen würde. Denn die Sache mit Saskia hatte sich in seinem Kopf festgesetzt. Also breitete er schweigend die Decke aus und beobachtete, wie Anna sich lächelnd daraufsetzte und ihm die größere der beiden Tüten reichte. Er nahm sie entgegen und ließ sich neben ihr nieder.

„Das hab ich noch nie gemacht, Ace. An einem See gegessen, mit einem Menschen, den ich liebe. Du hattest Recht, das ist etwas Besonderes. Mit dir erlebe ich tatsächlich ein Abenteuer nach dem Nächsten. Und ich würde keines missen wollen", entschied sie leise und sein Blick flog zu ihr.

„Ich auch nicht", stellte er gerührt fest und sie nickte lächelnd.

Dann packte sie schweigend die latschigen Pommes und die eiskalten Nuggets aus, die, wie er selbst feststellte, wie Arsch und Friedrich schmeckten und grinste, als sie den Strohhalm in ihre „Capri Sonne" steckte.

„Das hab ich schon mindestens tausend Jahre nicht mehr getrunken", scherzte sie mit amüsiert blitzenden Augen und er musste lachen.

Schlagartig verflog seine schlechte Laune und er beugte sich zu ihr, küsste sie zart und meinte: „Ich liebe dich wirklich, Anna."

Jetzt strahlte sie ihn aus vollem Herzen an und flüsterte: „Ich dich auch, Ace."

Dann verleibten sie sich schweigend ihr Essen ein, während sie auf den See hinaussahen, an dem sie schon so viele besondere Stunden erlebt hatten. Florian konnte sein Glück nicht fassen. Da saß Anna völlig entspannt neben ihm und aß eine Kalorienbombe. Ok, ein Bömbchen, weil sie ja ernsthaft auf das Kindermenü bestanden hatte.

„An was hast du gedacht? Vorher, als du fast eine Panikattacke hattest?", fragte er leise und ihr Blick flog zu ihm.

„Unschöne Geschichte. Die willst du nicht hören, Ace", entschied sie, doch er schüttelte den Kopf.

„Doch, will ich. Denn so in Panik hab ich dich nie gesehen, Anna. Nur die Vorstellung, dass du in der Öffentlichkeit essen sollst, hat dich so geängstigt, dass du fast aus dem Auto gesprungen bist, das hab ich bemerkt. Also, was haben sie dir angetan?", wiederholte er seine Frage und sie seufzte.

Dann erzählte sie ihm die Geschichte und er merkte, wie schwer es ihr fiel, über die Geschehnisse von damals zu sprechen. Aber sie tat es, wieder einmal deswegen, weil es ihm wichtig war. Er lauschte ihrer Erzählung und litt mit ihr. Immer machte ihn nach wie vor betroffen, wie gehässig und feindselig die Menschen doch waren. Und dann kam Saskia und bestätigte ihre Ängste. So wie er damals, in dem Café.

Mein Name ist dick und hässlichWhere stories live. Discover now