51 - Gewissheit

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Sie zuckte hilflos mit den Schultern und gab zu: „Aber jetzt hab ich keine Angst mehr. Also nicht mehr vor dem Abenteuer, das Liebe bedeutet. Angst hab ich schon noch, dass ich dich überfordere, weil ich so sicherheits- und liebesbedürftig bin. Und so abhängig. Ich bin so irrsinnig abhängig von deiner Liebe. Deswegen hab ich Angst, dass ich dich ersticke. Aber vor unserer Liebe, vor der hab ich keine Angst mehr. Ich würde das Abenteuer gerne wagen. Mit dir zusammen. Wenn du das noch willst, jetzt, wo du die wahren Hintergründe kennst."

Er merkte, wie sie automatisch die Luft anhielt, während sie auf seine Antwort wartete. Doch er konnte nicht sofort Stellung dazu nehmen. Denn eine Reihe von Emotionen kämpften in seiner Brust um die Vorherrschaft. Allen voran Glück, Liebe, Freude und Erleichterung. Er zog sie näher und drückte ihr einen Kuss ins Haar und spürte, wie sie die Luft ausstieß und ihn fragend ansah.

Er küsste sie zärtlich und sagte: „Anna, ich liebe dich so sehr, weißt du das? Ich danke dir, dass du das richtiggestellt hast, weil ich dachte, ich würde für ewig das Stigma des Lügners, der alles versemmelt hat, auf meiner Brust tragen. Das ist das eine. Das andere ist: Anna, du musst keine Angst haben, mich zu ersticken. Denn auch ich habe viel über mich gelernt, in den letzten Monaten. Zum Beispiel, dass mich die Liebe nur ausfüllt, wenn jemand das Loch schließt, das mein Dad hinterlassen hat, und das tust du. Ich habe erkannt, dass ich besitzergreifend bin, am liebsten rund um die Uhr Zeit mit der Person verbringe, die ich so liebe. Vor dir hatte ich keine Ahnung, wie wichtig es für mich ist, zu kuscheln und die Nähe des anderen zu genießen."

Er zuckte mit den Schultern und raunte: „Anna, mir geht es auch so. Vor dir, hatte ich eine vage Vorstellung von der Zukunft, ok? Durch dich hab ich erkannt, dass ich alles will: Kinder, am besten zwei, noch nicht jetzt gleich, aber irgendwann und heiraten, was ich zwar nie ausgeschlossen, aber nicht so relevant gefunden hab, auch das irgendwann. Aber ich will es. Aber nur mit dir. Und ich will Illustrator werden. Ich habe seit dem Tod meines Vaters keinen Stift mehr in der Hand gehalten, um zu zeichnen. Vorher hab ich praktisch ständig gezeichnet, wenn ich nicht mit Freunden unterwegs oder auf dem Fußballplatz war. In meinem Sideboard hab ich eine ganze Mappe von Zeichnungen, die ich irgendwann mal angefertigt hatte und die an den Wänden meines Zimmers hingen. Doch als mein Dad starb, hab ich sie alle abgenommen. In mir war keine Kreativität, kein Wille mehr."

Sie sah ihn verdutzt an und er erklärte lächelnd: „Aber du hast mir all das wiedergebracht, weißt du das? Als ich deine Geschichte gelesen hab, da musste ich die beiden zeichnen. Durch dich weiß ich jetzt so klar, was ich mit meinem Leben anfangen will, mit dir an meiner Seite. Es gäbe eine Hochschule, wo ein Studiengang zum Illustrator angeboten wird. Die ist in Stuttgart. Gerade, als ich zu dir auf den Balkon kam, hab ich darüber nachgedacht, ob ich dich dazu überreden könnte, ob du deine Ausbildung dort absolvierst. Für den Fall, dass ich angenommen werde. Das ist ja noch nicht sicher. Aber meine Träume beinhalten immer auch dich, Anna. Du bist es, ok? Du bist mein Alpha zu meinem Omega, oder so. Also ja, ich würde mich gerne kopfüber mit dir in das Abenteuer stürzen, das unsere Liebe für uns bereithält..."

Er sah, dass Tränen in ihren Augen schwammen, und küsste sie zärtlich, als sie aufschluchzte und murmelte: „Wieso heule ich immer, wenn ich bei dir bin?"

„Weißt du, Anna, ich sehe das so: Das ist ein Kompliment an mich. Denn sonst verbirgst du deine Gefühle, so gut es geht. Bei mir hast du das nicht nötig. Du kannst dich fallen lassen, die Kontrolle abgeben und nur sein. Das ist alles, was ich mir von einer Beziehung erhoffe. Das ich jemandem diese Sicherheit gebe", gestand er und jetzt rollten dicke Tränen über ihre Wangen.

„Dann ist es ja ok", hauchte sie und küsste ihn, ehe sie wisperte: „Ich liebe dich, Ace. So sehr. Können wir jetzt zurück ins Bett und Liebe machen? Denn dieses Mal bin ich bereit dafür und werd danach nicht weglaufen, versprochen..."

Mein Name ist dick und hässlichWhere stories live. Discover now