33 - Überwindung

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Er verließ das Bad und ging zurück auf die Terrasse, wo Anna immer noch auf einem der Stühle saß. Doch entgegen ihrer ursprünglichen Pläne hatte sie wohl nicht weitergelesen. Stattdessen hörte sie offenbar Musik, denn sie sang leise mit. Er hatte sie noch nie singen gehört. Ihre Stimme klang leicht kratzig. Doch dadurch wirkte sie nicht schief und derb, sondern auf eine besondere Art zerbrechlich und verletzlich. Er erkannte das Lied. Es war „Bubbly" von Colbie Callait.

Darin sang die Interpretin, wie sie jemand kribbelig machte - von den Zehen angefangen, bis zur Nasenspitze und wie sehr sie wünschte, derjenige würde bleiben. Sie erzählte, wie sicher sie sich in dessen Armen fühlte und wie sehr es sie berühre. Es berührte ihn so tief, dass ihm die Luft wegblieb. Er wusste, dass sie nicht ahnte, dass er lauschte. Aber er spürte, dass Anna jedes Wort genauso meinte, wie sie es mit ihrer kratzigen, verletzlichen Stimme sang. Dass sie so empfand, machte ihn schwindlig. Und glücklich. Unsagbar glücklich. Ihm ging es doch genauso.

Er wartete, bis der Song zu Ende war. Er hatte eine leise Ahnung, dass es sie beschämen würde, wenn sie wüsste, dass er sie gehört hatte. Er merkte, dass jetzt ein rockiges Lied kam und Anna schwieg. Also löste er sich von seinem Lauschposten und trat auf sie zu. Sofort flog ihr Blick zu ihm, ein leichtes Lächeln spielte um ihre Mundwinkel und sie zog die Kopfhörer ab.

„Na, wieder salonfähig, Ace?", neckte sie ihn und er setzte sich zu ihr, ehe er sie zart küsste.

Dann lehnte er sich zurück und meinte: „Du bist wunderschön, Anna, weißt du das?"

„Äh, nein. Aber ok. Das weißt du ja. Aber danke", murmelte sie jetzt und er musste schmunzeln.

Mit solchen Äußerungen brachte er sie immer aus der Fassung. Er hob ihr Kinn an, denn sie hatte automatisch den Blick auf ihre Hände gesenkt und drückte ihr noch einen Kuss auf die Nasenspitze.

Dann seufzte er und holte tief Luft: „Was deinen Vorschlag anbelangt, mit dem Essen für Ma: Das können wir gerne mal machen. Aber nicht heute, ok? Ich hatte heute was anderes geplant, wenn ich ehrlich bin..."

„Ach ja? Was denn? Ich dachte, heute wäre wieder Filmabend mit deiner Ma?", fragte sie erstaunt und er nickte.

„Ja. Normalerweise, aber heute nicht. Weil na ja. Ich bin eigentlich keine Leuchte darin mir Daten zu merken, aber dieses hab ich mir gemerkt. Wir waren letzte Woche Samstag genau einen Monat zusammen und da wollte ich schon was mit dir machen, aber du hast arbeiten müssen. Deswegen heute. Da hab ich mir gedacht, obwohl es mir so vorkommt, als würde ein Monat nicht reichen und wir wären länger zusammen, machen wir was Besonderes. Ma weiß Bescheid. Sie kommt gar nicht nach Hause, weißt du? Sie bleibt bei ihrer Freundin, Weiberabend und da gucken sie eine Liebeskomödie oder so. Jedenfalls na ja. Heute ist kein Filmabend", erklärte er und sie sah ihn erstaunt an, ehe sie nickte.

Dann lächelte sie und stellte fest: „Du hast mir aber trotzdem noch nicht gesagt, was wir machen, Ace."

„Ach so, ja. Ist eine Überraschung. Ich hab das Auto, wie du weißt. Also komm", sagte er und sie sah ihn irritiert an.

„Oh ok? Muss ich mich umziehen oder so?", fragte sie und sah ihn verunsichert an.

„Nein. Du bist perfekt, so wie du bist. Komm", bat er und stand auf, ehe er ihr auf die Beine half.

Sie sah ihn nochmal lange an, ehe sie sich ihre Sachen griff und sein Glas, um es aufzuräumen. Er verdrehte innerlich die Augen, weil er selbst nicht daran gedacht hatte und so wieder Anna hinter ihm für Ordnung sorgte. Sie verließen das Haus und stiegen ins Auto. Mit klopfendem Herzen fuhr er zu ihrer Überraschung, während er weiter betete, dass sie nicht aus dem Auto sprang, wenn sie erfuhr, was es war.

Mein Name ist dick und hässlichWhere stories live. Discover now