Mein Name ist dick und hässlich

21 - Unverhofftes

Sie sah zum Anbeißen aus. Mit ihren leicht geschwollenen Lippen, der zart geröteten Haut und den schweren Augenlidern unter denen sie ihn verunsichert ansah. Er fühlte, wie das Blut noch mehr in die Leistenregion schoss, als es ohnehin schon passiert war. So leicht reagierte er normalerweise nicht auf einen Kuss. Egal, wie heiß er war. Aber Anna machte ihn ganz schwach.

Er räusperte sich und meinte: „Ok. Weiß ich, dass du nicht so bist. Also, hab ich mir gedacht. Mein Hirn ist genauso leer."

„Hm", machte sie und biss sich wieder auf die Lippe, was seinen Blick aufs Neue auf ihren Mund lenkte.

Scheiße. Sie war mega sexy. Er hatte sich schwer zusammenreißen müssen, die Hände einfach an Ort und Stelle zu lassen. Denn die Versuchung, unter ihr schlichtes Shirt zu schlüpfen, war größer gewesen, als er sich das vorstellen konnte. Das Bedürfnis, ihre nackte Haut unter seinen Fingern zu fühlen und ihren Körper zu erkunden, war fast nicht auszuhalten gewesen. Weswegen es gut war, dass sie sich zurückgezogen hatte. Lang hätte er nicht mehr durchgehalten, es bei einem Kuss zu belassen. Vor allem, als sie an seinen Lippen gestöhnt und ihre Hüfte instinktiv vorgeschoben hatte, war er kurz davor gewesen, dass ihm die Sicherungen durchbrannten. Das würde die nächste Zeit jedenfalls spannend werden, erkannte er und versuchte an etwas anderes zu denken, als an die Tatsache, dass sie immer noch auf ihm saß und ihn so ansah. Scheiße, so hatte er noch nie empfunden. Was machte sie mit ihm?

„Wollen wir weiter Prison Break ansehen? Hausaufgaben stehen ja keine mehr an, weil sich das Schuljahr dem Ende zuneigt, da könnten wir einfach entspannen, oder? Ich versuche auch, diesmal nicht einzuschlafen", erklärte sie grinsend und er nickte.

Er konnte immer noch nicht anständig antworten, denn wenn sie lächelte, hatte das auch eine Wirkung auf ihn. Es machte ihn sowas von ehrfürchtig, dass ihm der Kopf schwirrte. Sie rutschte von seinem Schoß und angelte nach der Fernbedienung, wobei sie ihm unabsichtlich einen Blick auf das gewährte, was sie unter dem Shirt trug. Shit. Wie konnte so etwas Schlichtes, so eine Wirkung haben? Er musste sich wieder einkriegen, das war ja nicht normal! Sie startete die Serie und sah ihn erwartungsvoll an, weil sie wohl etwas gesagt hatte. Aber er hatte es nicht mitbekommen.

„Was? Äh, könntest du das nochmal wiederholen?", fragte er und ein sachtes Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel.

„Ob du auch was zu trinken willst, hab ich gefragt", stellte sie schmunzelnd fest, ehe sie ernst wurde, und fragte: „Bist du böse?"

„Wieso sollte ich böse sein? Weil du nicht weiter gehen willst?", erkundigte er sich verständnislos und sie nickte.

Dann seufzte sie und meinte: „Ich bin nicht verklemmt, oder so. Zumindest denke ich das. So viel Erfahrung hab ich ja nicht, aber egal. Ich will nur ... keine Ahnung. Ich muss erst mal wieder ein bisschen klarkommen. Denn im Moment hab ich einiges zu verarbeiten. Dass du dich in mich verliebt hast, hat mich kalt erwischt. Nicht, dass es mich nicht freuen würde, aber ich hab's einfach nicht erwartet. Genauso wenig wie meine Entscheidung, wenn ich ehrlich bin. Denn ich hatte mir geschworen, dass ich sowas wie Zweisamkeit und Beziehung nie wieder zulasse. Aber na ja. Scheiße, ich bin nicht mal 18. Vielleicht war der Schwur etwas zu hoch gegriffen, oder? Und äh, na ja, dass du zu deinen Gefühlen stehst, hast du bewiesen. Heute in der Schule und damit hab ich ehrlicherweise auch nicht gerechnet. Obwohl du es gesagt hattest, hatte ich Zweifel, weil, na ja. Bei sowas bin ich schon mal auf die Schnauze geflogen, wie du weißt. Und irgendwie ist momentan sowieso alles Achterbahn. Meine Gefühle spielen auf einmal Achterbahn und das muss ich erst ein wenig gebacken bekommen. Deswegen ... wär ich dir dankbar, wenn wir es erstmal bei kuscheln, im Arm liegen und ein bisschen küssen belassen. So nach dem Motto: Nähe ja, Sex nein. Also keine Ahnung. Bis ich das Gefühl habe, ich müsste nicht unter Wasser atmen. Ich brauch Zeit, denk ich. ‚Ich-hab-wieder-einen-Freund'-Gewöhnungszeit, oder so."