6. Immer für dich da? || Überarbeitet

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Dumpfes Pochen holte mich aus dem tauben Schlaf und schmerzverzogen öffnete ich meine Augen.
Helles Licht fiel in mein Zimmer und mein IPhone blinkte neben mir auf dem Nachttisch.
Ich hatte unzählige Nachrichten und das um halb zwölf.
Ich schlug die Decke beiseite und kramte direkt eine Aspirin heraus, ehe ich in die Küche schlurfte.
„Guten Morgen." Aus Schreck rutschte mir mein Wasserglas aus der Hand und ich wirbelte herum, wo Carlo in seinem Shirt von gestern Nacht und Boxershorts vor mir stand. Er hatte im Gästezimmer geschlafen, wie konnte ich das vergessen?
„Oh Gott, sorry hab dich total vergessen." Vorsichtig sammelten wir die Scherben auf und wischten die Sauerrei beiseite.
„Kaffee?" dankend nahm er an und einen Moment hörte man lediglich die aufbrausende Aspirin Tablette und das gluckern des Kaffeeautomaten.
„Danke nochmal, dass ich hier schlafen durfte." Seine Stimme war heiser und seine Augen von der Müdigkeit ganz klein.
„Kein Ding. Schließlich wurden wir gut übers Ohr gezogen." Ich lächelte. Das Klingeln der Tür riss mich aus dem Massieren meiner Schläfen und ich tauschte kurz ein Blick mit Carlo aus.
„Von meinen Leuten ist es keiner. Die schlafen alle noch." Er grinste schief und ich lachte leise.
In Shorts und Top schluffte ich zur Tür, wo eine grinsende Pia auf mich wartete.
„Guten Morgen!" trällerte sie und perplex sah ich sie an. Wie konnte sie um diese Uhrzeit schon so gut gelaunt sein?
„Was machst du hier?" sie striff ihre Jacke ab und hängte sie sorgfältig auf.
„Hab seit vorgestern nichts mehr von dir gehört und wollte-'' in der Küche angekommen starrte sie Carlo an.
„Ich wollte nicht stören." Ihr Blick wechselte zwischen uns hin und her.
„Tust du nicht." Ich lächelte und eindringlich grinsend sah sie mich an.
„Ich muss dann auch mal los, mein Auto steht noch bei der Diskothek." Er strich sich seine Haare aus dem Gesicht und rappelte sich auf. Im Gästezimmer zog er sich seine Jeans über und kam dann zurück in die Küche geschlurft.
„Warte, ich bring dich schnell." Ich hatte bereits meine Tasche gestriffen, als er dankend ablehnte.
„Aber es regnet, Carlo. Das ist kein Ding, Pia wartet wohl eben." Sie nickte und schnell zogen wir uns etwas über, ehe wir gemeinsam die Wohnung verließen und schweigend zur Diskothek fuhren.

Sein alter Mercedes stand wie gestern Abend in der Parkbucht gegenüber.
„Danke fürs fahren." Mit der Hand an der Tür schenkte er mir ein kleines Lächeln.
„Kein Ding, meldest du dich?" er nickte und verabschiedete sich, ehe er durch den Regen an sein Auto hastete.
Aber so schnell er auch war, er fand seinen Schlüssel nicht und war klatsch nass.
Ich lachte, als er mit nassen, verstrubbelten Haaren an der Ampel zum Abbiegen neben mir stand und verpeilt grinste.
Es war grün, dann verlor ich ihn aus dem Blickfeld.

„Geht da was bei euch?" Pia zog die Decke enger um sich und entgeistert sah ich sie an.
„Was? Nein! Wir haben uns im Skatepark getroffen und sind dann feiern gegangen.
Und der Taxifahrer hat uns abgezockt, also habe ich ihm angeboten, hier zu schlafen."
„Ach so." weiter vor sich hin grinsend schlug ich gegen ihren Oberarm.
„Bloß Freunde!" meinte ich scharf lachend und nahm einen Schluck aus meiner Tasse.
„Jaja. Du sag mal, hast du das von Timo schon gehört? Hab auf seiner Facebook Seite gelesen, dass er sich von seiner Freundin getrennt hat."
Sie zeigte mir kurz darauf den Facebook Post.
„Keine Ahnung, sollte ich mich bei ihm melden?" nach kurzem Zögern nickte sie.
„Vielleicht wäre das ganz gut."

Das Freizeichen des Anrufs machte mich nervös, aber da wurde am anderen Ende bereits abgenommen.
„Hallo?" eine vom weinen heisere Stimme meldete sich. Mir stockte der Atem, Timo hatte noch nie geweint.
„Timo? Hier ist Hanna." meine Stimme zitterte, Stille.
„Hey." Sein „Hey" bebte wie ein Erdbeben und ich atmete aus.
„Soll-soll ich vorbei kommen? Bist du in Stuttgart?" ich hörte ein leises Schluchzen.
„Ja bin ich. Ich würd mich freuen."
„Gib mir zehn Minuten." Dann klickte es in der Leitung und mitleidig sah ich Pia an.
„Ich fahre zu ihm." Berichtete ich und sie nickte.
„Packst du schon."

Das einzige, was ich packte waren Timos bebende Schultern, als er mir um den Hals fiel.
„Sie hat einen anderen." Schluchzte er. Ich nickte bloß und strich ihm über den Rücken.
„Sie hat mich betrogen, hier in meinem Zuhause! In meinem Bett!" er wischte sich über die Augen wie ein kleiner Junge.
Er weinte, wie ein kleiner Junge, aber ich konnte es nachvollziehen.
Es musste verdammt wehtun, von der Person betrogen zu werden, die man über alles liebte.
Wenn ich mir vorstellte, dass Timo mich damals betrogen hätte, würde ich ebenso am Boden sein.
Schließlich war Timo mir damals wichtiger als mein Leben. Er war mein Leben. Und ich wusste, dass ich für ihn da sein würde. Wir waren im Guten auseinander gegangen, deswegen war ich auch hier. Wir waren Freunde, so gut es ging. Zwar sahen wir uns wenig wegen seinem Job, aber wir konnten uns trotzdem aufeinander verlassen.
„Ist gut." Ich drückte ihn aufs Sofa und machte in der Küche einen Tee.
Diese Umgebung war mir noch so vertraut, dass mir schlecht wurde.
Ich beeilte mich, mit den Tassen ins Wohnzimmer zu kommen, wo ich mir die elendig lange Geschichte anhörte, Tränen trocknete und auf ihn einredete, dass sie nicht die Richtige war.
Mit rot verquollenen sah er mich an, seine Lippen bebten.
„Alles wieder gut?" flüsterte ich und er nickte kaum merkbar.
„Danke." Hauchte er, ich spürte seine warme Hand an meiner, als mein Blick hinunter glitt.
Langsam glitt diese Situation aus dem Ruder.
Ich rutschte etwas weg, aber als ich auf sah spürte ich bereits seine warmen Lippen auf meinen.


Ich will nur dich.Where stories live. Discover now