61. Benebelt

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Als ich mit eingezogenem Kopf die Treppen zum Büro hochlief, hörte ich bereits Stimmen.
„Wenn er hier auftaucht, dann ist was los." Rief Kody und einatmend stieß ich die Tür auf und hatte alle Augenpaare auf mir.
Kody fixierte mich mit kleinen Augen, schluckte dann, um nicht ganz auszuflippen.
„Mitkommen. In mein Büro, jetzt." Ich nickte bloß und schloss kurz darauf die Tür hinter mir.
„Okay." Er atmete ruhig.
„HAST DU SIE NOCH ALLE?!" brüllte er mich darauf hin an und ich zuckte.
„HAST DU EINE KLEINE MINUTE AN CRO GEDACHT? HM?!" er war rot angelaufen von Zorn und ich wurde immer kleiner. Jetzt oder nie.
„Hanna hat Schluss gemacht." Brachte ich hervor und er sah mich an.
„Bitte?"
„Du hast mich schon verstanden." Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
„Ist das ein Scherz oder was? Wo sind die verdammten Kameras für dieses ganze schlechte Theater!" rief er und schlug auf den Schreibtisch. Das fragte ich mich auch, realitätsnah spürte sich das nicht an.
„Ihr kriegt das hin, ihr müsst das hinkriegen."
„Wir kriegen gar nichts hin, verdammt! Ich habs verdammt nochmal versaut und das wars! Mit ihr, mit CRO, mit allem!" brüllte ich. Ich war aufgesprungen und meine Hände waren zu Fäusten geballt. Die Worte waren raus und ein Kieselstein fiel von meinem Herzen.
„Bitte? Carlo, sei nicht kindisch." Er lachte.
„Ich bin nicht kindisch, ich bin raus." Ich machte auf dem Absatz kehrt und riss die Tür auf, wo beinahe Basti und Markus hereinfielen. Geschockt sahen sie mich an, aber wütend stürmte ich an ihr vorbei aus dem Büro. Ich wusste nicht mal, woher ich meine Wut nahm, aber sie war da.
Ich raste über die Straßen, wäre mir die Tränen über meine Wangen rannen und mir teilweise meine Sicht versperrten. Ich habe sie verloren und konnte mich nicht mal entschuldigen, weil sie mich weder sehen noch hören wollte. Sie hatte mir vertraut und was tat ich? Ich nutzte es kaltblütig aus. Ich war ein Versager. Ein hinterhältiger Versager.
Wo sollte ich jetzt hin? Nach Hause? Wo mich die verräterische Stille erdrückte und ich in jedem Zentimeter an Hanna erinnert wurde? Zu Lucca, ihrem besten Freund, der ihr immer zur Seite stehen würde und meine Tat nicht verstand? Sollte ich ins Studio, wo jedes Wort meiner Lyrics ihr gewidmet war? Wohin sollte ich, wo ich gottverdammt nicht an die Liebe meines Lebens erinnert wurde?
Ich hielt auf dem nächsten Parkplatz, zog mein Handy hervor, auf dem keine neue Nachricht war und sah mit tränengetränkten Augen mein Hintergrundbild an. Sah sie an. Sie hatte mich verändert. Sie hatte aus dem Aufreißer und Partymacher einen neuen Menschen gemacht, der Kuscheln plötzlich komplett in Ordnung fand. Der sein Mädchen als Hintergrundbild hatte und ihr eine Kette geschenkt hatte. Einen Menschen, der alles für sie tun würde.
Gefrustet schlug ich aufs Lenkrad und sank mit dem Kopf an die Lehne des Sitzes. Es tut mir so leid.

Als ich mein viertes Bier an der Bar bestellte, bekam ich einen misstrauischen Blick des Kellners, der es aber ohne weiteres vor mir auf die Theke stellte. Die Schräglage war gut gefüllt, Bässe wummerten durch meinen Körper und Weiber klebten mir am Arsch wie Kaugummi. Dabei wussten sie nur, wer ich war und das war alles, weshalb sie Interesse an mir hatten.
Meine Sicht war ein wenig vernebelt, zwischen den Bieren gab es einen Kurzen und die unzähligste Kippe fand den Weg an meine Lippen.
„Hey Bruder." Markus sank neben mir und orderte einen Wodka Tonic.
„Hey." Ich sog den Rauch tief ein, behielt ihn einen Moment an meinen Lungen, ehe ich ihn ausblies und erneut ansetzte. Nikotin beruhigte mich, immer.
„Kody war ziemlich sauer." Meinte er und ich zuckte mit den Schultern.
„Hey Carlo, überleg dir des nochmal. Mit CRO... Musik ist dein Leben." Ich funkelte ihn an.
„Warum, he?! Damit Kody weiter Geld macht? Damit Chimperator überlebt und du deinen Job nicht verlierst? Ihr kotzt mich an." Die Zigarette stopfte ich in die Bierflasche, woraufhin ein genervtes „Ey!" des Kellners kam, dann bahnte ich mir ein Weg durch die Masse nach draußen. Super, jetzt hatte ich nicht nur meine Freundin, sondern auch meinen besten Freund verloren. Mein Leben ging steil nach oben.
Gedankenverloren rempelte ich irgendwelche Leute an, bis mich zwei Arme packten.
„Hast du 'n Problem, oder was?" ein breit gebauter Kerl starrte mich an.
„Hau ab." Meine alkoholisierten Gedanken brachten mich dazu, ihn wegzuschubsen. Aber bevor ich reagieren konnte, zog er seine Faust komplett durch mein Gesicht. Blut tropfte aus meiner Nase und Wut kroch meinen Nacken hoch. Er grinste, stolz auf das, was er getan hatte. Tief atmete ich ein, bevor ich ausholte und ihm einen Kinnhaken verpasste. Ich taumelte, meine Faust schmerzte und es war zu dunkel. Der Boden schwankte unter meinem Pegel und ich stürzte.
„Mach das noch einmal und ich schlag dich ins Krankenhaus!" schrie der wildfremde Kerl und sein Fuß traf in meiner Magengegend. Ich würgte beim Aufprall, krümmte mich vor Schmerzen auf dem eiskalten Asphalt und presste meine Hände auf den Bauch. Ich war außer Gefecht, fluchend zog der Kerl ab.
Tränen rannen über meine Wangen, der Verlust von Hanna war schmerzhafter als meine Verletzungen. Aber ich hatte es doch nicht anders verdient. Sollten sie mir alle ins Gesicht schlagen.
„Diggi! Was machst du denn!" Markus war mit einem Satz bei mir, aber ich bekam nichts raus. Ich röchelte nach Luft, meine Stirn war augenblicklich schweißnass.
Es fühlte sich an, als wenn ich einen Moment komplett weg gewesen wäre, denn als ich meine Umgebung richtig wahrnahm, blendete mich das gleißend helle Licht des Krankenwagens.
Markus saß neben mir und kaute nervös auf seinem Lippenpiercing. Ich stöhnte vor Schmerzen.
„Carlo, mensch..." murmelte er und ich schloss meine Augen. Ja, ich weiß. Das war ein Schritt zu viel.
„Haben Sie Schmerzen?" der Sanitäter schob meinen Pullover hoch. Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte einfach raus hier. Als er auf meinen Magen drückte, würgte ich und stöhnte auf. Ich musste automatisch an Hanna denken. Wie sie mir damals gefolgt war, als ich mich in der Schräglage geprügelt hatte. Als sie den Krankenwagen gerufen hatte und sich um mich gekümmert hatte. Selbst die beschissenste Situation verband mich mit ihr.
Im Krankenhaus nahm mich der Arzt sofort auf und untersuchte mich.
„Sie haben Glück, Herr Waibel." Ich musterte ihn. „Ihre Milz hat gerade so keinen großen Schaden abbekommen, sonst hätten wir Sie operieren müssen. Da sie jedoch ein wenig eingerissen ist, werden Sie ein oder zwei Tage hierbleiben müssen. Wenn nicht sogar länger." Ich nickte. Egal wo, Hauptsache nicht zuhause.
„Ich werde Ihnen Schmerzmittel per Tropf verabreichen, von dem Sie sehr müde werden. Morgen sehen wir weiter." Er legte einen Zugang an meinen Venen und schloss den Tropf an. Dann schob eine Schwester mich auf ein Einzelzimmer, abgedunkelt, steril, abartig.
Aber die Stille beruhigte mich ein wenig. Mein Kopf war komplett benebelt von Alkohol und starken Schmerzmittel und mein Herz schlug kräftig gegen meine Brust. Einen Moment stellte ich mir vor, wie ihr Herzschlag gegen meinen pochte. Wie ihr Lachen durch den Raum hallte, ihre Finger sanft an meiner Wange strichen. Meine Gedanken trugen mich weiter, ein Haus, dann ein Lachen eines kleinen Kindes. Eines kleinen Mädchens. Sie sah mich mit ihren strahlenden grünen Augen an, ihre Finger griffen nach mir, dann zwei Arme, die sie hochhoben und dann sah ich Hanna vor mir. Strahlend, lachend, glücklich.
Ihre Finger striffen an meiner Wange entlang, sanft zog ich sie zu mir und unsere Lippen berührten sich einen Moment, ganz leicht, dann patschten kleine Hände auf meinen Kopf.
„Ich liebe dich." Hauchte sie und es hörte sich so realistisch an. Als wenn sie direkt neben mir sitzen würde.
„Ich dich auch, mehr als alles andere auf dieser Welt."

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Sonntag!

Also: ich muss jetzt hier mal was schreiben, euch überlassen, ob ihrs lesen wollt:

Ich war gestern in 'Unsere Zeit ist jetzt' und ich kann nur sagen, wie stolz ich auf Carlo bin. Der Film ist wunderschön, packt einen sofort.
Aber ich kann mir vorstellen, dass der Film ein Flop war, sorry dafür. Er handelt eben komplett über Carlo, welcher eben die Grundlage des Filmes ist. Würdet ihr in einen solchen Film von z.b Justin Bieber gehen? Ich nicht, sorry.

Aufjeden Fall hab ich viel Stuff für die neue Fanfiction gesammelt ;)

Anderes Thema, andere Frage: Gibts hier welche, die Festivalbändchen - Liebhaber sind? Tragt ihr welche?

Ich LIEBE sie. Selber trage ich 7 Stück an meinem Arm und bin stolz auf die Erinnerungen, die ich damit verbinde.

So, genug davon. Feedback ist gerne erwünscht!

Wir lesen uns Donnerstag zu den letzten Kapiteln, die noch kommen.... a.


Ich will nur dich.Where stories live. Discover now