26. Arbeitsstress

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„Und manchmal bekommt man im Leben nicht das, was man will." Ich nahm den Stift zwischen meinen Zähnen heraus und legte ihn traurig beiseite.

Es war schon spät, mein Spiegelbild im Fenster sah mich bedrückt an und Ruhe glitt durch meine Wohnung. Das Manuskript vor mir auf dem Schreibtisch war noch elendig lang, ab morgen früh würde ich im Büro arbeiten und Carlo war noch bei Chimp um den letzten Feinschliff an seinem Album vorzunehmen. Morgen würde die erste Single rauskommen, Raop.

Ich musste lächeln, wenn ich den Namen hörte, den ich mir spontan und unbewusst ausgedacht hatte. Carlo hatte ihn für sein Album übernommen und ich war mächtig stolz auf mich, auch einen kleinen Teil dazu beigetragen zu haben.

Ich merkte, wie meine Konzentration den Tiefpunkt erreichte und schob meine Arbeit beiseite.
Mein Handy zeigte 23:36 Uhr an und meine Augen brannten vor Müdigkeit.
Mein Hals pochte unter dem Pflaster, ich würde morgen ins Krankenhaus fahren und die Fäden ziehen lassen, dann könnte ich hinter dem Thema ein Haken machen. Mirja hatte ich seit dem Urlaub nicht mehr gesehen und der war bald zwei Wochen her. Aber ebenso hatte ich Lucca kaum zu Gesicht bekommen und wenn ich ehrlich war, fehlte er mir als bester Freund.

Ich schlurfte ins Badezimmer und putzte meine Zähne, meine Jogginghose und ein Shirt von Carlo hatte ich bereits an und auf ihn warten hielt mein Körper nicht mehr aus.
Erledigt fiel ich ins Bett und sog den Duft von Carlo auf, der vom Shirt und seiner Betthälfte ausging.
Langsam driftete ich in Gedanken ab, die sich in Träume entwickelten, bis ich endgültig wegschlief.


Ich kam wieder zu Sinnen, als das Drehen des Schlüssels in der Tür hörte.
Verschlafen setzte ich mich auf und sah mein verwüstetes Bett an. Ich hatte wirklich schlecht geträumt.

„Carlo?" murmelte ich, da ging schon die Tür auf und ein verschlafener Carlo kam herein.
„Hey Süße." Er setzte sich zu mir aufs Bett und lehnte sich mit geschlossenen Augen zurück. Mein Handy zeigte halb 8 an.

„Kommst du jetzt erst aus dem Büro?" ungläubig sah ich an ihm herab.
„Nein, ich hab bei Markus gepennt, weil ich dich nicht wecken wollte. Ist ziemlich spät geworden." Er machte ein Auge auf und sah mich an.
„Du hättest ruhig hierher kommen können. Ich hab sowieso schlecht geschlafen." Ich schwang meine Beine aus dem Bett und suchte den direkten Weg ins Badezimmer auf, um mich für die Arbeit fertig zu machen.

Ich hatte tiefe Augenringe, die ich ein wenig wegschminkte und meine Haare schaffte ich auch irgendwie in einen Dutt zu bekommen.


„Musst du wirklich jetzt arbeiten?" schmollte Carlo und ich lehnte mich mit meinem Kaffee in der Hand rücklings an die Theke.
„Ich komme nach der Arbeit zum Büro, okay? Dann kann ich dich zur Mittagspause abholen." Er nickte bloß.

Dass ich jetzt im Büro arbeiten musste, machte die Beziehung von Carlo und mir nicht wirklich einfacher. Er war den ganzen Tag im Büro und bald auf Tour, während ich Bestseller korrigierte. Wir trafen uns nur noch in der Mittagspause und das konnte auf Dauer ziemlich Nervenaufreibend sein.

Frustriert stellte ich meinen Kaffee beiseite und schnappte mir meine Tasche, ich war zwar früh dran, aber vielleicht konnte ich dann eher Schluss machen.
„Ich hau ab. Ciau." Ich hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange und riss die Jacke vom Haken, dann knallte die Tür hinter mir ins Schloss.

„Hanna?" Jürgen steckte seinen Kopf in mein neues Büro, wo ich eben noch das Bild von meiner Familie gerade rückte.
„Guten Morgen, Jürgen." Ich rang mir ein Lächeln ab.

„Hast du dich schön eingerichtet?" er setzte sich auf den Sessel, der eigentlich für die Schriftsteller der Manuskripte zum Besprechen gedacht war und faltete seine Hände.
„Ja, ein wenig, damit das hier nicht so faul aussieht. Was gibt's denn?" erwartungsvoll blickte ich ihn an.

„Ich hab eine schlechte Nachricht, Hanna." Mein Lächeln erlosch.
„Ich weiß, dass du zurzeit ein wenig gestresst bist aus privaten Gründen." Ich hatte ihm nichts von Carlo erzählt und auch nicht davon, dass ich mit einem Rapper teils unter einem Dach wohnte.

„Aber in Hamburg findet ein wichtiger Kongress statt, der dich mehr weiterbilden könnte und dort kommen wichtige Leute. Du bist meine beste Lektorin und ich musste dich da einfach anmelden." Ich nickte.
„Und wann?" mein Mund war trocken.
„Morgen findet der Kongress statt, du kannst am besten heute losfahren, ich hab dir ein Hotel gebucht. Übermorgen kannst du heimfahren." Ich starrte ihn an. Ich würde alle drei Tage verpassen, an dem Carlos Singles rauskamen.

„Ich muss aber vorher noch meinem Freund Bescheid sagen." Ich sah auf die Uhr. Es war halb 10, wenn ich mich jetzt beeile, würde ich zum Abendbrot im Hotel sein.
„Beeil dich. Denn wegen solchen Gründen arbeitest du nun hier auf dem Büro." Er verließ das Büro und ich schnappte mir zum zweiten Mal an diesem Tag meine Jacke.

„Ist Carlo da?" Kody stand mit einer Kaffeetasse vor mir.
„Die haben gerade ein Meeting, ist ziemlich wichtig." Er lächelte.
„Kody, es ist wichtig. Wieso bist du nicht auf dem Mee-, ach vergiss es. Es ist wirklich dringend." Bettelte ich und er zögerte.
„Weil du es bist." Er zog mich mit zum Meetingraum, wo eine peppige Musik ertönte, kurz darauf Carlos Stimme. Ich klopfte höflich und schob dann die Tür auf.
Unzählige Augenpaare waren auf mich gerichtet.
„Hanna? Ist was passiert?" Carlo hatte große Augen bekommen.
„Es ist wichtig. Hast du kurz eine Minute?" ich trat von einem Bein aufs andere. Entschuldigend blickte ich zu Basti und auch Carlo entschuldigte sich mit den Worten „Sorry Jungs."

„Was ist denn?" besorgt blickte er an mir herab.
„Ich muss nach Hamburg, jetzt."
„Was? Hamburg? Weißt du, wie lange du fährst?" entsetzt sah er mich an.
„Den ganzen Tag. Aber es ist irgendso ein Kongress. Aber ich muss jetzt noch ins Krankenhaus wegen den Fäden und ich verpasse deine Singles, jetzt habe ich dich auch noch aus so einem wichtigem Meeting geholt und.." ich brach ab, weil sich vor lauter Frust und Wut Tränen in meinen Augen sammelten.

Er zog mich in seine Arme und küsste meinen Scheitel.
„Ich ruf jetzt Lucca an, der fährt mit dir ins Krankenhaus und begleitet dich nach Hamburg und du rufst an, wenn was ist, du was brauchst oder reden willst, okay?" ich nickte.
„Danke." Ich schniefte leise.
„Für dich immer, Babe."

Ich entschuldigte mich noch kurz bei Basti und den Vertragspatnern, um dann Lucca azuholen.
Der Tag war eindeutig einer, den ich rückwärts in den Mülleimer werfen konnte.


Erschöpft schmiss ich die Tür von Carlos Benz zu, den ich statt meinem Wagen mitnehmen durfte und Lucca grinste.

„Kaputt?" ich nickte. „Mehr als das."
Aber Lucca machte keine Anstalten, ins Hotel zu gehen.
„Willst du hier nicht übernachten?" fragte ich ungläubig.
„Nein, ich fahr jetzt wieder heim."
„Bist du bescheuert? Es ist gleich 8, Lucca. Wenn du unbedingt nach Hause willst, dann buche ich dir einen Flug." Ich nahm mein Handy raus für eine online Buchung, aber er hielt mich ab.
„Schon okay, Kleine. Ich fliege, aber du bezahlst den nicht. Bitte sag, wann du übermorgen losfährst oder falls was ist." Er zog mich in eine Umarmung und rief sich ein Taxi zum Flughafen.

„Bis dann!" rief ich, winkte zum Abschied und verschwand hinter den Türen des Hotels.
Und vor mir lagen zwei Tage langweiliger Kongressstunden, unnötigen Smalltalks und Vermissung des Grades zehn.


Hey Guys! Jaja, langweiliges Übergangskapitel, aber ich kann ja nicht meine ganzen guten Ideen direkt hinter einander raushauen ;) irgendwie müssen wir ja realistisch bleiben ;)

Ich hoffe trotzdem, dass ihr euch beim lesen nicht zu tode gelangweilt habt!

Hinterlasst geeeerne Feedback, um meinen blöden Donnerstag wieder schön zu machen!

Wir lesen uns Sonntag! a.

Ich will nur dich.Onde histórias criam vida. Descubra agora