36. Amerika

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Carlo

Ich musste mich beinahe zwingen, jetzt nicht komplett auszuflippen und irgendwas kaputt zu machen. Mein Kopf begriff einfach nicht, wieso sie mich belog. Was ist denn passiert, dass sie mit mir darüber nicht reden konnte? Dass sie stattdessen ihre Zeit mit Luis verbrachte?
Sie war ein wunderschönes Mädchen, das schönste in meinen Augen, aber wieso verkaufte sie ihre Schönheit bei ihm? Und jetzt platzte sie mit vier Monaten Amerika ins Haus?
Tränen brannten in meinen Augen, aber ich konnte und wollte jetzt nicht weinen, erst Recht nicht, als ich einige Fans erblickte.
Ich zog mir meine Kapuze tiefer ins Gesicht und bog spontan links in die Seitengasse ab, wo ich an der Mauer hinunter rutschte, wie ein Häufchen Elend.
Wie sollte ich ihr jetzt noch vertrauen, wenn sie mir eben den Beweis auf den Tisch gelegt hat, dass sie es links ab missachtete? Was sollte dann aus uns werden? Ich liebte sie, Gott, wie sehr. Und wie sehr hat sie mir eben wehgetan. Ich würde für sie alles tun, ich hätte ihr mein Leben zu Füßen gelegt, ich hab sie auf eine Stufe mit meiner Musik gestellt.
Feine Regentropfen trafen auf meine eiskalte Haut und liefen ganz langsam zum Daumen, ehe sie hinunter tropften und zerschellten, wie meine Freude.
„Carlo?" ich hörte Markus, irgendwo rechts von mir, bis sich jemand neben mir an der Mauer niederließ.
„Krach im Paradies?" meinte er leise und eine Träne vermischte sich mit einem Regentropfen.
„Sie haut ab." Zischte ich enttäuscht.
„Es fährt kein Zug mehr nach Stuttgart."
„Sie haut ab nach Amerika, du Idiot. Vier Monate, mit Luis." Stille brach ein. Nur das monotone prasseln des Regens störte es.
„Fuck." Ich holte tief Luft.
„Das wars dann wohl." Meine braunen Strähnen hingen nass ins Gesicht, Markus war auch schon komplett durchgeweicht.
„Bruder, das wars noch lange nicht. Du und Hanna? Euch kann man nicht auseinander denken." Er sah mich an.
„Manchmal sollte man 'n F*ck drauf geben, was andere denken." Und damit rappelte ich mich auf und sah mich flüchtig um. Keine Fans, keine Menschen, nur ich und meine Kippe.

Kody war sicher sauer, ich hab den Soundcheck sausen lassen, Steffen wird mir die Hölle heiß machen, aber es interessierte mich nicht. Mich interessierte mich im Moment gar nichts. Ich fühlte mich taub, leer und belogen.
Sie war noch da, ich hab sie bei Flo gesehen, ihre Verzweifelten Blicke prallten auf meine Haut wie Steine.

„Ist das dein Ernst, Carlo?! Deine erste Tour und du beginnst gleich so unprofessionell?!" Steffen sah mich sauer an.
„Es klappt schon alles."
„Es klappt schon alles? Mensch Carlo! Trenn gefälligst Beruf und Privates!" zischte er.
„Und misch du dich nicht in mein scheiß Leben ein!" seine Augen wurden groß, so kannte mich hier keiner.
„Carlo..." Flo war aufgetaucht, aber er war der letzte den ich sehen wollte.
„Was Carlo?! Ich soll runterkommen?!Wie soll ich das, wenn meine Freundin mir an den Kopf schmeißt, dass sie vier Monate nach Amerika abhaut mit dem Kerl, der meine damalige Beziehung kaputt gemacht hat und Mädchen für seine Sachen ausnutzt?! Sag mir, wie soll ich runterkommen, Florian?!" sie schwiegen alle. Sie schwiegen, weil Hanna reingekommen war und mich mit Tränen in den Augen ansieht.
„Carlo bitte.." flüsterte sie aber ich schüttelte den Kopf.
„Nein, nicht Carlo."

Auf der Bühne drückte alles noch schlimmer. Die Mädels in der ersten Reihe sahen mich so an, als wenn sie mich jeden Moment in den Arm nehmen, aber sie konnten nicht. Jetzt war ich Cro und die Securitys ließen sie leider nicht vorbei.
Als die Takte von ‚Du' anläuteten, gab ich Markus das Zeichen für Pause. Das kann ich nicht.
„Wer hat Bock auf ein Songbattle?!" rief ich und die Menge schrie.
Ich suchte mir einen Jungen und ein Mädchen raus, die Du für mich sangen, während ich gewaltig schlucken musste.
Als die Show zuende war, fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich wollte nur noch in den Bus und schlafen. Auch wenn sie aufgrund Platzmangel direkt an mir lag.

„Ich kann auch auf der Couch schlafen." Flüsterte sie heiser, ich vermied den Blick in ihre Augen.
„Jetzt leg dich hin, es ist okay." Obwohl es ganz und gar nicht okay ist, baby.
Sie legte sich so gut wie es in der Koje ging an das Fenster und ich mich neben sie. Mein Arm auf meiner Brust, ihre Hände an ihrem Kopf.
„Es tut mir leid, Carlo." Wisperte sie.
Und wieso ist deine Entschuldigung auch nur eine weitere Lüge, Hanna?

Mein Nacken war steif, dunkle Augenringe zogen unter meinen Augen und müde war ich auch.
Sie verfolgte mich in meinen Träumen. Ihre Augen, ihre Haut, ihr Geruch, ihr Lachen. Alles.
Heute Morgen lag mein Arm um sie, während sie schlief. Jetzt saß sie mit angewinkelten Beinen neben Flo, den Kopf auf seiner Schulter und die Augen dämmrig geschlossen, während ihr Kaffee vor sich hin dampfte.
Dem Busfahrer gab ich ein Pausenzeichen, ich musste rauchen und diesmal nicht hier drin, ich brauchte frische Luft.
„Hier." Markus hielt mir einen von Johannes seinen selbst gebauten hin, aber ich spürte Hannas Blick und wie automatisch lehnte ich ab und blieb meinen Malboros treu.
Die Raststätte war leer, die Luft feucht und meine Lunge wie abgeschnürt.
Die Jungs haben sich in den Imbiss verdrückt, der Busfahrer schnappte sich eine Kippe von mir und Steffen schlief noch.
„Wars das jetzt? Das du morgens heimlich den Arm von mir nimmst, mich ignorierst und eine Kippe nach der anderen rauchst?" sie stand direkt hinter mir.
„Und du? Das du weiter für Luis modelst, mich belügst und glücklich mit ihm nach Amerika abhaust?" konterte ich und brachte sie damit zum Schweigen. Ich wünschte meine Lippen auf deinen würden dich zum Schweigen bringen.
„Es tut mir leid, ich brauchte das Geld."
„Wieso hast du mich nicht gefragt?" ich schnippte die Kippe weg.
„Weil ich dir nicht auf der Tasche liegen will." Ihre grünen Augen trafen auf meine braunen.
„In einer glückliche Beziehung ist man eben von sich abhängig." Sie zuckte.
„Du denkst also, wir sind nicht glücklich?" fragte sie bitter.
„Ich bin zurzeit nicht glücklich, du etwa?" ich sah sie kalt an.
„Wenn ich in Ruhe Geld verdienen dürfte, wäre ich eindeutig glücklicher." Und damit ging sie zurück in den Bus und ließ mich geschockt stehen.
Und das erste Mal fragte ich mich, was aus der Hanna geworden ist, aus meiner Hanna.
Luis hatte sie in der Hand und mit jeder weiteren Sekunde nahm er sie mir ein wenig mehr weg.
Und Amerika war erst der Anfang.



Da bin ich wieder mit einem neuen Kapitel!

Ebenso bin ich aber auch krank, ough, ich hasse es.

Aber Feedback würde meine Laune schon ein wenig heben

Wir lesen uns Donnerstag! a.

Ich will nur dich.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt