1O. CRO

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Es waren die drei schönsten Familien Tagen im ganzen Jahr.
Die Zeit, in der ich meine Schwester, meinen Vater und meine Mum um mich hatte waren unbezahlbar.
Vorallem weil Lena immer in der halben Weltgeschichte rumreiste und die schönsten Events managte.
Sie liebte ihren Job, sie war eine pure Workaholic, Männer standen bei ihr zweitrangig.
Und ich freute mich immer, wenn sie von den größten Musikevents erzählte, das riesen Publikum und all die Menschen und Interpreten, die sie kennenlernen durfte.
In ihrer Wohnung hatte sie eine komplette Wand ausschließlich mit Autogrammen vollgehangen und noch nie hatte ich sie so beneidet, wie an dem Tag, an dem sie endlich voll war.
Meine Eltern sah ich nicht oft, mein Vater war hoher Stelle einer Werbeagentur und hatte seinen Sitz zurzeit in Shanghai, meine Mum besaß eine kleine Bäckerei im Dorf. Und ich? Ich saß eigentlich den ganzen Tag zuhause rum, las mir Manuskripte durch, die auf dem Weg zum Bestseller waren und versank in meiner eigenen kleinen Welt. Eine kleine gemütliche Welt,
die nun durch den aufgeweckten Carlo komplett umgekrempelt wurde. Aber irgendwie mochte ich es, wie ich plötzlich endlich mal rauskam, mit seinen und mittlerweile meinen Kumpels abhing und eine Blödsinnsidee nach der anderen machte.
Und nun wartete die Silvester Party des Jahres wartete auf mich.
Carlo wollte eine dicke Haus Party veranstalten, es waren sogar Menschen dabei, die wir nicht einmal kannten oder welche, von denen wir nicht wussten, woher sie die Einladung bekommen haben. Aber eins wusste wir - wenn Carlo feiert, dann richtig.
„Komm gut nach Hause und fahr nicht so schnell, Liebes." Mein Vater, der mich wieder in die Stadt gebracht hatte, gab mir ein Küsschen, ehe ich mit einem Lächeln einstieg. Ich winkte zum Abschied und rollte aus der Parklücke. Stuttgart wartete.


Die Autobahn war brechend voll, dabei hatte ich es echt nicht weit bis nach Stuttgart.
Mein linker Arm lehnte den Kopfstützend am Fenster, ich hasste Stau.
„Das war der Wunschsong von Alina Riefer. Nun haben wir keinen Wunschsong, sondern den Hit des Tages.
Der Song ist brandneu und überflutet seit heute Morgen das Internet. Hier kommt CRO mit Easy!"
Ein einfacher Beat erklang aus dem Radio, ehe die Stimme einsetze.
Ich riss meine Augen auf und drehte das Radio sekundenschnell auf.
„Ich chill im Bett mit ‚ner Chick die sieht aus, wie die Sis von Beyoncé."
Das war Carlo! Wieso hatte er mir denn nichts erzählt?!
Ich fingerte so gut es ging mein Handy und drückte Wahlwiederholung.
„Hey Hanna, gleich da?"
„Oh mein Gott, Carlo! Hör!" ich hielt das Handy an das Radio dran.
„Das bist du!" rief ich und sein Lachen erklang.
„Wie findest du es?" er rauchte grade.
„Es ist der Wahnsinn! CRO? Einfach das A und das L weggestrichen?" ich grinste.
„Genau das." Er grinste.
„Genial." Ich setzte den Blinker, Ausfahrt Stuttgart.
„Bist du gleich da? Wir wollten noch einkaufen."
„Ja, hab gerade die Ausfahrt genommen, gib mir noch eine halbe Stunde." Er verabschiedete sich darauf und ich konzentrierte mich wieder auf den Straßenverkehr. CRO, unfassbar. Seine Lieder im Radio, das war vor ein paar Monaten noch zum Lachen gewesen.
Ich war richtig stolz auf Carlo, das war schließlich immer sein Traum gewesen, mit der Musik rauszukommen.
Seine Beats und Tracks, die er mir nachts vorgespielt hatte, hatten so viel Potenzial und dass er jetzt Menschen gefunden hat, die ihn und seine Musik fördern war umso besser.
Mein Handy piepste, eine neue Nachricht von Carlo.
„Kannst du mich bei Chimp anholen? Basti hat meine Karre mit."


„Hey!" er ließ sich neben mich auf den Beifahrersitz fallen.
„Na du kleiner Rockstar?" ich grinste und fädelte mich wieder in den Straßenverkehr ein.
„Was findest du besser?" er hielt mir sein IPhone vor die Nase, wo eine Panda- und eine Eisbärenmaske abgebildet war.
„Wofür ist die denn?" prustete ich los.
„Für meine Privatsphäre. Basti findet, dass ist eine gute Idee. Schließlich fangen wir übermorgen mit dem Videodreh für ‚Easy' an. Du musst übrigens mitmachen." Videodreh ein Tag vor Silvester? Carlo und seine Ideen...
Dabei war die Idee mit der Maske war eigentlich gar nicht so schlecht. Keiner würde wissen, wer dieser Mann unter der Maske war, Carlo hätte seine Ruhe und konnte zwischen den Personen wechseln. Eigentlich genial.
„Nimm' die Pandamaske." Riet ich und er grinste.
„Dann bin ich ab jetzt ein Panda."


Zuhause schmiss ich direkt meine Klamotten in die Wäsche, ehe mein Blick auf das kleine verpackte Geschenk auf dem Esszimmertisch fiel.
Pias Geschenk.
Ich packte es in meine Tasche und schnappte mir erneut meinen Autoschlüssel.
Sie würde sicher zuhause sein. Und dann würde ich sie auch direkt zur Silvester Party einladen.


Florian machte mir die Tür auf.
„Hey Hanna." Er lächelte.
„Hey Florian, ist Pia da?" er nickte und machte die Tür ganz auf. Aus Pias Zimmer drang laute Musik, mein Klopfen überhörte sie komplett.
„Pia?" rief ich gegen die Musik an. Ihr Blick wanderte zu mir, kalt und unnahbar sah sie mich an.
Ich drehte die Musik ab.
„Hey ..." ich setzte mich auf ihr Bett.
„Was gibs? Oh hey warte, Carlo ist jetzt CRO. Und noch was? Richtig, du bist das Mädchen an seiner Seite. Normale Leute sind ab da uncool. Promi Partys und sowas ist jetzt scheinbar dein neues Leben." Sie sah mich angriffslustig an.
„Pia, das stimmt nicht. Ich bin nicht das Mädchen an Carlos Seite und ich treibe mich erst Recht nicht auf Promi Partys rum. Es tut mir leid, Pia. Wirklich. Du bist der beste Mensch, den es gibt. Nur weil Carlo ein wichtiger Mensch geworden ist, heißt das doch nicht, dass du es nicht bist. Du bist wie eine Schwester für mich!" rief ich und holte das kleine Geschenk raus. Es war eine Kette mit einem gravierten Anhänger. Sie hatte einen mit meinem Namen und ich eine mit ihrem.
Traurig sah sie mich an.
„Ich kann dir sowieso nicht böse sein." Flüsterte sie und ich zog sie in meine Arme.
„Kommst du zur Silvester Party? Bitte." Ich sah sie wehleidig an.
„Klar, aber nur, wenn wir vorher noch shoppen gehen. So viele Männer, da will ich scharf aussehen!" wir lachten.
Ach, wie sehr habe ich meine beste Freundin vermisst.
„Vielleicht kann Carlo uns hier abholen, wir wollten noch einkaufen, dann setzt er uns einfach in der Innenstadt ab." Überlegte ich laut und sie nickte.
„Klar, wieso nicht." Ihre Stimme klang belegt.
„Alles okay?" unsere Blicke trafen sich.
„Ich hab Angst, dass Carlo dir zu wichtig wird und dich irgendwann verletzt."
„Aber warum sollte er das tun?" Natürlich war Carlo neben Pia und meiner Familie der wichtigste Mensch in meinem Leben, aber warum sollte er mich verletzen?
„Weil ... weil Carlo kein Beziehungsmensch ist. Klar, gerne mal für eine Nacht, aber mehr nicht."
Jetzt verstand ich, was Pia dachte.
„Ich stehe nicht auf Carlo, Pia! Wir sind nur beste Freunde! Wie Geschwister!" ich prustete los.
„Ich sags nur, Hanna." Sie sah mich ernst an.
„Ich sags nur."


Feedback erfreut mich immer sehr! :) Ich hoffe ihr habt ein tolles Oster-Fest, meine Lieben!

Ich will nur dich.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt