40. Angebot

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Hanna

Mein Kopf presste wie ein Presslufthammer und ich kniff schmerzverzogen die Augen zusammen, als ich die Sonnenstrahlen wahrnahm.
Ich merkte, dass das nicht mein Bett war, dafür war die Matratze zu hart. Im nächsten Moment kam mir der Gedanke, dass ich in einem Bett eines Mannes liegen könnte.
Mit dem schielenden Blick unter die Bettdecke sah ich Pias Tshirt und eine Schlafhose. Glück gehabt.
Das erste, was ich jetzt brauchte, war ein pechschwarzer Kaffee und eine Aspirintablette.
Aus der Küche vernahm ich leise Stimmen, aber noch bevor ich irgendwas tun konnte, stand er vor mir und sah mich aus zugekniffenen Augen an.
Seine Haare standen zu allen Seiten ab, er hatte nur eine Boxer an und ich schluckte schwer, ehe ich den Blick von ihm nahm. Alles in mir schrie nach ihm, mit meinen Fingern über seine Haut zu fahren, seinen Atem zu spüren.
Ein plötzlicher Schwall Übelkeit ließ mich ins Badezimmer abbiegen und den gesamten letzten Abend herauszulassen.
„Hanna!" ich nahm Pia im Augenwinkel wahr, ehe ich mich erneut übergab.
„Es-es ist okay. Es ist alles raus." Ich wischte mir den Mund ab und setzte mich erschöpft auf den Boden.
„Tut mir leid wegen ihm, aber ihr wart so betrunken.." ich nickte, meine Erinnerungen an gestern waren vergangen.
Als ich jedoch in den Spiegel sah, entfuhr mir ein kleines „Oh mein Gott.".
An meinem Hals prangte ein lila Fleck, ein Knutschfleck.
„Du hattest mit niemandem was." Meinte Pia leise und sah mich im Spiegel an. Carlo.
„Hatten wir..." sie schüttelte den Kopf.
„Markus hat ihn weggezogen, danach bist du zusammengeklappt." Ich hielt mir eine Hand an den Kopf. Wie krass bin ich bitte abgestürzt?
„Hanna, so blöd das klingt, aber Alkohol ist auch keine Lösung." Und dann verließ sie das Bad und hinterließ ein ziemlich schlechtes Gewissen.
Behutsam strich ich über den Fleck und spürte, dass meine Lippen zitterten. Da muss ich jetzt drüber stehen. Ich war betrunken und er hat das ausgenutzt.
Ich strich mein Shirt gerade und machte mir einen Dutt auf den Kopf, ehe ich das Badezimmer verließ und die Küche betrat.
Drei Augenpaare waren auf meinen Hals gerichtet, aber ich lief auf Flo zu und wir zogen uns gegenseitig in die Arme. „Es tut mir leid." Murmelte ich kaum hörbar gegen seine Brust und er nickte.
„Es ist okay, Kleine."
„Nochmal alles Gute." Er küsste kurz meine Stirn und lächelte. „Danke."
Pia reichte mir meinen Kaffee und ich meidete Carlos gekränkte Blicke.
„Was hab ich verpasst?" fragte ich fröhlich. „Einen besoffenen Markus, einen antanzenden Tim, der einen Korb bekommen hat?" zählte ich auf und merkte die stohlenden Blicke von Pia zu Flo.
Oder eine Hanna, die sich von ihrem Ex abknutschen lässt, weil sie zu betrunken war? Dachte ich und nahm einen großen Schluck.
„Hanna, kann ich gleich kurz mit dir reden?" Flo sah mich an und Pia nickte.
„Ähm, jaklar." Meinte ich zögerlich und sah, wie Carlo mit einer Zigarette auf den Balkon verschwand.
„Was gibt's?" bitte nicht das Thema von gestern Abend.
„Carlo hat uns erzählt, dass du Stuttgart verlässt." Ich schluckte.
„Ja. Ja, ich habe meinen Job geschmissen und suche einen neuen Verlag." Nicht weinen, Hanna. Nicht schon wieder.
Pia holte einen zerknitterten Zettel hervor.
Thinemann Verlag
Mit großen Augen blickte ich die beiden an.
„Ihr habt mir einen neuen Verlag gesucht?" sie nickten.
„Wir wollen nicht, dass du in der Welt rumirrst, sondern dein altes Leben in Stuttgart wieder aufnehmen kannst. Du hast heute Nachmittag ein Vorstellungsgespräch." Dabei verschluckte ich mich dich tatsächlich am Kaffee. „Heute Nachmittag?!" und dann fiel ich den beiden jubelnd um den Hals.

„Sind Sie jederzeit erreichbar, oder pflegen sie Verwandte oder Hobbys, die spontan Ihre Zeit in Anspruch nehmen könnten?" der junge Herr lächelte mich freundlich an und ich biss auf meiner Unterlippe herum. Bei Carlo war das immer eine Sache, wenn ich mit auf Tour war oder ihn zu Festivals begleitete, aber wir waren kein Paar mehr. Ich hatte ihm gegenüber keine Verpflichtungen mehr.
„Ich bin jederzeit erreichbar." Er nickte begeistert.
„Nun, Frau Tiekler. Sie begeistern mich wirklich. Ihre vorherige Arbeit war wirklich hervorragend und ich kann mir mit Ihnen eine Zusammenarbeit vorstellen." Mein Herz schlug schneller.
„Wirklich?" er nickte.
„Sie müssten mir noch die genannten Unterlagen nachrreichen und Sie könnten nächste Woche anfangen." Er stand auf und reichte mir die Hand.
„Vielen Dank, Herr Thinemann! Wirklich!" glücklich verließ ich das Gebäude und schrieb Pia sofort eine SMS, dass ich den Job bekommen habe. Und für einen kleinen Moment schien alles beim Alten.
Ich hatte endlich wieder einen Job, konnte mir bald eine kleine Wohnung finanzieren und wohnte wieder in Stuttgart, ich war zurück in dem Leben, dass ich immer wollte. Auch wenn Carlo kein Teil mehr davon war.

Mit einem Kaffee to Go machte ich mich auf den Weg zu Pia, wo ich mich schnell umziehen konnte, der nächste Termin war eine Wohnungsbesichtigung.
Die Wohnung war wunderschön und wirklich perfekt für mich, aber ich würde mir Geld leihen müssen, um die ersten Mieten zu bezahlen. Sehr viel Geld.
Als Pia aufmachte, wusste ich sofort, dass Carlo da war. Ihr verzweifelter Blick sagte alles.
Flo hörte ich bereits diskutieren mit niemand anderem als Carlo.
„Sie will nicht, Carlo. Sie hat eben erst den Job bekommen, das Geld kriegen wir schon zusammen."
Vorsichtig betrat ich das Wohnzimmer.
„Hey." Meinte ich leise und beide sahen mich augenblicklich an.
„Hey Hanna." Carlo musterte mich sanft.
„Carlo..." brummte Flo und ich brauchte nicht einmal nachfragen.
„Hanna, komm zurück in meine Wohnung. Ich weiß, dass du mich nicht sehen willst, aber die Festivalsaison beginnt wieder und ich bin kaum zuhause. Du wärst verrückt, dir so viel Geld zu leihen." Ich sah zu Boden. Würde ich das aushalten, wieder in die vier Wände zu ziehen, wo ich so glücklich gewesen bin?
„Hanna, du musst das nicht." Flo kam langsam auf mich zu.
„Schon okay, Flo. Ich nehme das Angebot an." Schluckend sah ich in die glänzend braunen Augen.


Donnerstag!!

Sonntag seh ich ihn endlich wieder, uff.

Wir lesen uns Donnerstag! a.

Ich will nur dich.Where stories live. Discover now