53. Mit dir ist die Welt perfekt

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Jule und ich sahen uns ‚Für immer Liebe' gemeinsam an, reichten uns dabei gegenseitig die Taschentücher, obwohl wir beide wussten, wie der Film ausgeht. Aber das Leben von Paige in dem Film war so hart und man fühlte viel zu sehr mit.
Ich musste weggedöst sein, denn als ich langsam wach wurde, lag Jule neben mir auf der Couch und es war dunkel.
Ihr Atem ging ganz regelmäßig und von draußen schienen die gelblichen Straßenlaternen zum Fenster herein.
Mein Handy zeigte kurz vor drei an und auf WhatsApp sah ich, dass Carlo eben noch online war.
Automatisch flogen meine Finger über die kleine Tastatur.
Kannst du auch nicht schlafen?" unter seinem Namen tauchte das kleine ‚online' auf, was sich sofort in ‚schreibt ...' umwandelte.
Hey Baby, nein, Markus schnarcht so laut." Ich kicherte leise.
Jule ist ganz leise. Bin eben wachgeworden."
Ist denn alles in Ordnung?" ich lauschte der Stille in der Wohnung. Er fehlte mir. Obwohl er gestern noch hier war.
Ja, alles in Ordnung. Bei dir auch?"
Du fehlst in meinem Bett, aber sonst ja." Ich wusste nicht, was ich schreiben sollte, aber bevor ich mir irgendwas einfallen lassen konnte, kam direkt die nächste Nachricht.
Du solltest schlafen gehen, bis morgen früh." Ich lächelte.
Bis morgen, versuch du auch zu schlafen." Und dann war er offline und ich sperrte mein Handy.
Ich wollte jetzt nicht aufstehen und ins Bett gehen, also zog ich die Decke höher über uns und kuschelte mich ein wenig an Jule, damit ich bequem lag.
Innerhalb weniger Minuten döste ich in einen Traum, der erst von einem Klingelgeräusch unterbrochen wurde. Als ich langsam zu Sinnen kam, bemerkte ich, dass es die Tür war, die klingelte.
Jule schien davon nicht wach zu werden, sie schlief ganz ruhig weiter.
Ich wand mich aus der Decke und tapste müde zur Tür, wie spät es war, habe ich gar nicht nachgeschaut.
Vor der Tür wartete ein zerknirschter Carlo und Flo.
„Hab den Schlüssel vergessen." Gab er kleinlaut zu und ich grinste.
Ich zog ihn kurz zu mir runter, um ihm einen Kuss zu geben, ehe die beiden reinkamen und auch Flo eine herzliche Umarmung von mir bekam.
Mit einem Blick auf die Küchenuhr sah ich, dass es kurz nach neun war.
„Wie geht's dir?" raunte Carlo, als er mich an sich zog. Ich schluckte.
„Gut. Wirklich. Ich soll mich zwar schonen, aber ich will ab Montag wieder arbeiten. Meine Rippen lassen das schon zu." Misstrauisch sah er mich an.
„Bist du dir sicher? Mach doch lieber noch eine Woche krank." Flo verschwand in der Küche und machte Kaffee, aus dem Wohnzimmer hörte ich Jule wach werden.
„Alles gut, Carlo. Ich will wieder arbeiten, dabei kann ich wirklich entspannen. Hier zu Hause fällt mir die Decke auf den Kopf." Seine Gesichtszüge entspannten sich ein wenig.
„Hier zu Hause?" zitierte er und grinste.
„Ist das jetzt unsere Wohnung?" ich wurde rot. Natürlich war das Carlos Wohnung, aber seit meinem Wohnungsverlust wohnte ich hier und ich hatte mich daran gewöhnt, nach Hause zu kommen und entweder Carlo oder sein Chaos vorzufinden.
„Kaffee ist fertig!" rief Flo kurz danach und ich löste mich aus Carlos Umarmung. Kaffee am Morgen war ein Wundermittel.
Jule verschwand im Badezimmer, kam aber fünf Minuten später dazu und begrüßte uns.
„He kleiner Bruder." Sie wuschelte ihm durch die Haare, als wenn er ein kleiner Junge wäre.
Flo und ich grinsten, wir wussten, wie sehr Carlo es hasste, wenn er als Küken behandelt wird.
„Jule." Mahnend sah er auf.
„Jaja schon gut." Sie ließ sich neben ihm auf der Bank nieder und fädelte sich ins Gespräch über seinen Auftritt in Freiburg ein.
Er wirkte mal wieder so stolz, wenn er von der feiernden Masse erzählte, die wegen ihm da war und wie krass es war. Und das machte mich stolz.
Ich weiß noch, wie er damals hoffnungslos vor der Diskothek auf dem Boden kauerte, blutend, während ich ihm geholfen habe. All die Wochen danach, wo wir einfach Freunde wurden und später ein Paar. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie ein solches Verlangen zu einer Person gespürt, wie zu ihm. Seine Art, sein Lächeln, seine Stimme, es machte mich süchtig, wie andere zu Alkohol oder Drogen. Ich versuchte mir auszumalen, wie mein Leben ohne ihn aussehen würde. Wie es wäre, wenn er nicht mehr hier wäre. Nicht mehr sein Chaos vorzufinden, mit ihm bis zum Morgen zu feiern oder neben ihm aufzuwachen, aber diese Vorstellung passte nicht in meine Gedanken. Als wenn sie blockiert wären.
„Hanna?" Carlo wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum.
„J-ja?" ich verschluckte mich beinahe an meinem Kaffee.
„Wo warst du mit deinen Gedanken?" drei Augenpaare sahen mich an.
„Ich, ähm..." mir fiel nichts ein.
„Wir wollen gleich in den Park, kommst du mit?" Flo wusste Bescheid, also lenkte er ab und dafür war ich ihm ein wenig dankbar. Ich wusste, dass auch Carlo ahnte, worüber ich nachdachte, sein kleines Lächeln auf den Lippen verriet es mir.
„Jaklar, ich muss mich aber erst fertig machen." Ich kippte den Rest meines Kaffees die Spüle runter und verschwand im Badezimmer.
Ich starrte mich gefühlt zehn Minuten im Spiegel an, bis ich endlich von den Gedanken in meinem Kopf abkam, er benebelte mich so sehr.
„Alles okay, Baby?" Carlo war zur Tür reingekommen und sah mich im Spiegel an.
„Ja, alles okay." Ich nickte und drehte mich dann um.
Seine Hände fanden den Weg an meine Taille und schnell zog er mich an sich ran. Als ich daraufhin seine warmen Lippen an meinem Hals spürte, schnappte ich nach Luft.
In meinem Magen explodierte etwas, dass ich sehnte.
Ich versteckte meine Nase in seinem Hals und vergrub meine Hände in seinen Haaren.
„Vielleicht sollten wir hier bleiben." Hauchte er zwischen den Küssen und ich nickte schnell.
Als seine Hand weiter hinunter wanderte, blockierte in mir irgendwas diesen Moment und ich stoppte ihn.
„Carlo..." murmelte ich, noch im Rausch der Gefühlsexplosion.
Er sah mich an, seine Lippen waren leicht geschwollen von den Küssen und ich spürte seinen kräftigen, schnellen Herzschlag.
„Ist okay. Komm her." Er küsste mich sanft und umarmte mich dann ganz fest, dass ich einen Moment jegliche Sorgen und Probleme missachtete. Dieser Mann könnte alles von mir verlangen und ohne zu zögern würde ich es tun. Ich wollte jetzt nicht sagen, dass ich ihn liebte. Ich tat viel mehr als das. Liebe war doch nur irgendwas, aber das hier, diese Momente mit Carlo, die waren nicht irgendwas.
„Ich bin so froh, dich zu haben." Brachte ich hervor und sah ihm dann in die braunen, warmen Augen.
„Ich auch, Hanna." Mein Name in seinem Mund klang so besonders. So anders.
So, als wenn es ein Schatz wäre, der nur ihm gehöre. Bei dem er Angst hat, es jemals zu verlieren.
Aber er würde mich niemals verlieren.
Dafür war ich ihm zu sehr verfallen.


Sonntag!

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Wir lesen uns Donnerstag! a.

Ich will nur dich.Where stories live. Discover now