8. Cheers!

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Carlos Action Film, den wir wegen dem miserablen Wetter geguckt hatten, musste so langweilig gewesen sein, dass ich weggedämmert war.
Wobei wegdämmern bei mir wohl eher schlafen hieß, denn als ich mit pochendem Kopf von meinem klingelnden Handy wach wurde,
war es bereits in den frühen Morgenstunden.
Carlo lag neben mir, der Kopf nach hinten gekippt und der Mund leicht geöffnet.
Der wird schöne Nackenschmerzen haben.
Grinsend nahm ich den Anruf an und rutschte etwas aus Carlos Position.
„Hallo?" flüsterte ich und hörte Rascheln.
„Hanna?" Pias Stimme drang zu mir ans Ohr.
„Hey." Immer noch im Flüsterton.
„Bist du verrückt geworden? Wieso zur Hölle flüsterst du? Ich versteh dich kaum." grummelte sie gespielt beleidigt und ich verkniff mir ein Lächeln.
„Carlo schläft noch."
„Carlo? Hast du bei ihm geschlafen?"
„Hmm." Bestätigte ich mit einem flüchtigen Blick zu ihm. Pia erwiderte nichts.
Ich konnte förmlich hören, wie es in ihrem Kopf arbeitete.
„Okay. Meld dich nachher mal." Sie grinste.
„Bis nachher." Und dann klickte es in der Leitung.
Wieso hatte sie mich angerufen? Eigentlich rief sie nie aus heiterem Himmel an.
Die Müdigkeit kehrte wie ein Schlag zurück, kein Wunder, es war erst kurz nach vier, aber ich konnte mich auch schlecht wieder zurück lehnen.
Mit Kopfschmerzen schlich ich durch den Flur in die Küche, Carlo hatte sicher eine Ibo-Tablette hier oder wenigstens einen Kaffee.
Glucksend dampfte der Kaffeeautomat vor sich hin, ich hatte mich an die Wand gelehnt und meine Beine angezogen.
Die Situation erinnerte mich an Timo.
Unser erster spontaner Trip nach Paris, als wir morgens um drei wieder heim kamen und Timo sich auf die Couch gelegt hatte und
direkt eingeschlafen war.
„Ich liebe diese Stadt und verdammt nochmal: Ich liebe dich!" hatte er vorher gerufen.
Ich hatte mir einen Kaffee gemacht, ihn im Schneidersitz auf dem Boden getrunken, da es seine neue Wohnung war.
Nur mit einer Couch möbeliert.
Tränen brannten in meinen Augen und ich unterdrückte einen Schluchzer. Ich schlang meine Arme um meine und versuchte, mich zu beruhigen.
Wieso trauerte ich ihm noch hinterher?
Wir waren so lange getrennt, ich hatte es akzeptiert, aber ich hatte den unheilbaren Schmerz einfach verdrängt.
Und jetzt, nach diesem Kuss, wurden die halbgeflickten Wunden gewaltsam aufgerissen.
„Du sollst nicht weinen. Das macht mich traurig." Ein müder Carlo stand im Türrahmen.
„Ich- du-du hast Recht." Ich wischte mir schnell über die Augen und atmete ein.
„Ja, du hast Recht." ich rappelte mich auf.
Gemeinsam tranken wir einen Kaffee und beschlossen, den gerade erst angefangenen Tag gemeinsam zu verbringen.
„Vielleicht können wir zu meiner Schwester fahren." Überlegte ich laut und Carlos Augen musterten mich neugierig.
„Wo wohnt sie?"
„Konstanz. Direkt am Bodensee." Ich lächelte.
„Klar, wieso nicht." Er grinste und wir beendeten unser spärliches Frühstück.
In weniger als drei Stunden wird es auf nach Konstanz gehen.


Es war ein verschneiter Donnerstagmorgen, Lucca hatte frei und mir versprochen, Weihnachtsgeschenke zu kaufen.
Heiligabend lag unmittelbar vor der Tür und ich war der Mensch, der alles auf den letzten Drücker organisierte.
Lucca und ich waren uns öfters über den Weg gelaufen, bis er mich mal zum Kaffee eingeladen hat und wir uns super anfreundeten.
Carlo war nicht dabei.
Ich erinnerte mich an letzte Woche, wo wir beide abends bei ihm saßen. Er hatte Pizza bestellt und einige Becks Flaschen wurden auch geköpft.
Er hatte den gesamten Tag dieses Grinsen auf den Lippen, bis ich ihn darauf ansprach.
Ich hatte noch nie gesehen, wie Augen so schnell zu funkeln begannen.
„Ich habe heute eine Nachricht bekommen." Fing er geheimnisvoll an.
„Unzwar von jemandem, der im Auftrag eines Labels kam." Man musste ihm alles aus der Nase ziehen.
„Sie haben mein Mixtape gehört und sie wollen mich kennenlernen. Nächste Woche." Und das war der Moment, wo ich begriff, was er mit Label meinte.
Er meinte ein Musik Label. Menschen, die richtig Ahnung von Musik hatten und die Carlo kennenlernen wollten.
Ich war ihm um den Hals gefallen und gemeinsam haben wir uns kaum noch eingekriegt, so groß war die Freude.
Und heute, an diesem Donnerstagmorgen war er zu Besuch bei diesem Label, während ich mit Lucca unterwegs war.
Und da Carlo noch einige Stunden dort sein würde, konnte ich mit Lucca als Hilfe sein Weihnachtsgeschenk kaufen.
Bei Snipes mussten wir nicht lange überlegen, das war der erste Laden, in dem wir fündig werden würden.
„Schuhe hat Carlito tausende." Lucca sah sich um.
„Aber nicht die." Ich hielt weiße Nikies mit SUPREME Aufdruck hoch, die ich mir bestellen lassen hab.
Beeindruckt musterte er sie und grinste.
„Sein Geschmack voll getroffen." Ich sah die Schuhe begeistert an, sie waren perfekt für Carlo, der sonst nur mit angemalten, ausgelatschten Vans rumlief.
„Feiert ihr Weihnachten zusammen?" Lucca drehte sich von den Schuhen weg zu mir.
„Wir haben es in Erwähnung gezogen, aber wir beide wollen bei unseren Familien feiern. Also wird Heiligabend bei uns Heiligmorgen."
Ich grinste und wir schlenderten noch ein wenig durch Stuttgart.
„Und du? Auch Familienfeier?" ich musterte ihn von der Seite.
„Nein, ich fahr zu Freunden hoch an die Ostsee." Ich zündete sich eine Zigarette an und blies den Qualm in die eisige Dezember Luft.
Ich gab mich mit der Antwort zufrieden.
Mein Handy fing an zu vibrieren und auf dem Display erschien „Carlo ruft an", als ich es aus meiner Tasche holte.
Verunsichert sah ich zu Lucca. Carlo war gerade mal zwei Stunden dort.
„Hey Carlo, was gibt's?" begrüßte ich ihn und hörte lautes Gelächter im Hintergrund.
„Hey Hanna, wollte eben Bescheid geben, dass es heute ein wenig später werden könnte. Wir wollen gleich noch los."
Berichtete er und ich atmete erleichtert auf.
„Ja, kein Ding. Viel Spaß, bis nachher." Er verabschiedete sich und dann klickte es in der Leitung.

Lucca musste noch kurz zu Carlo, um seinen Rucksack rauszuholen, den er hat liegen lassen und verschwand dann.
Ich blieb noch ein wenig, drehte die Heizung auf, weil seine Bude eiskalt war.
Außerdem hatte ich ihm versprochen einkaufen zu gehen.
Mit einem gefüllten Kühlschrank und einer warmen Wohnung setzte ich mich noch aufs Sofa und klickte mich durch ein paar Programme.
Es war kurz nach neun, vielleicht würde Carlo gleich wieder kommen.
Ein Klicken im Schloss ließ mich auffahren.
Ich war tatsächlich eingeschlafen, mein flüchtiger Blick auf mein Handy verriet mir, dass es kurz nach sechs Uhr morgens war.
„Carlo?" meine Stimme klang heiser, der Fernseher hatte sich selbst ausgeschaltet.
„Hanna?" sein Kopf kam zur Tür herein.
„Was machst du hier?" fragte er und ich setzte mich auf.
„Eingeschlafen." Ich grinste.
„Jetzt erzähl, wie wars?" hibbelig sah ich ihn an.
Seine Lippen zogen sich zu einem Grinsen.
„Ich bin unter Vertrag." Meinte er.
„Was?!" ich sprang auf.
„Ich bin unter Vertrag!" rief er und ich fiel ihm um den Hals.
„Oh mein Gott, Carlo! Glückwunsch!" er holte eine Flasche Sekt und gemeinsam, um kurz nach sechs Uhr morgens, stießen wir gemeinsam an.
Ein Anstoß auf ein neues Kapitel, ein neuer Start, ein Anstoß auf eine neue Freundschaft.

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Ich will nur dich.Where stories live. Discover now