16. Gold

450 23 8
                                    

Das Klingeln meines Handys zog alle Blicke in der Berliner U-Bahn auf mich.
„Basti?" begrüßte ich ihn und lächelte automatisch.
„Hey Hanna! Gut, dass ich dich erreiche! Du musst mir einen Gefallen tun." Er war schwer beschäftigt. Es raschelte, klirrte und Flüche aus seinem Mund waren zu hören.
„Du weißt doch, dass ich in Berlin bin." Ich stand mit Mila auf, da wir den Alexanderplatz erreicht hatten, wo wir uns was zum Mittag holen wollten.

„Deswegen ja. Dein Hotel müsste ganz in der Nähe der Pfuelstraße sein. Da ist unser Schwesterunternehmen Chimperator Department. Da müsstest du eben vorbei schauen, es geht um Carlo." Jetzt wurde ich hellhörig. Basti klang ziemlich ernst und eine Sorgenfalte zog sich auf Milas Stirn ab, als ich erschrocken stehen blieb.

„Ist-ist was passiert?" fragte ich leise.
„Ohja, das ist es. Aber das erzähle ich dir lieber persönlich. Jan müsste heute noch in Berlin sein, sag einfach, ich habe dich geschickt, es ging um das Treffen morgen, dann weiß er Bescheid. Und du, mach dir keine Sorgen, Carlo hat nichts Böses angestellt." Er schmunzelte und ich atmete erleichtert auf.
„Mach ich, ich komme morgen noch vorbei, bevor ich zu Carlo fahre, bis dann!"
„Bis morgen!" und dann klickte die Leitung.
„Ich muss gleich noch bei Chimp vorbei." Teilte ich ihr mit und sie nickte.
„Aber erst will ich was essen." Sie hakte sich bei mir grinsend unter und steuerte gezielt den McDonalds an.

„Hallo?" ich klopfte zaghaft an der Bürotür beim Chimperator Department und sah mich flüchtig um.
„Wer bist'n du?" eine rauchige Stimme erklang und erschrocken drehte ich mich um. Vor mir stand ein braunhaariger Kerl mit ebenso braunen Augen wie Carlo. Er war ein Stückchen größer als ich und sah mich eindringlich an.
„Ich ähm-" aber er unterbrach mich direkt.
„Bist du ein Fan, oder was? Du hast hier sicher nichts drin zu suchen, also hau ab, bevor ich die Bullen rufe." Er kam ein Stückchen näher, ich schluckte und wich ihm ein wenig aus.

„Ich suche Jan. Basti hat mich geschickt." Meinte ich ein Ticken selbstbewusster.
„Alle Fans kennen die Namen der Geschäftsführer."
„Ich bin kein Fan! Und falls du Fan von Carlo meinst, dann erst Recht nicht." Ich würde am liebsten mein Handy rausholen, um es ihm zu beweisen, aber da ging eine Tür auf und Jan trat auf den Flur.

„Hey Hanna! Was machst du denn hier?" der Typ mir gegenüber sah Jan perplex an.
„Siehst du." Murmelte ich und widmete mich wieder meiner Aufgabe.
„Ich bin hier auf einer Fortbildung. Basti hat mich angerufen, ich soll dich an das wichtige Treffen morgen erinnern." Ich lächelte.
„Achja, genau! Soll ich dich morgen mitnehmen? Dann sparst du dir den Flug. Kody fährt auch mit."
Ich würde zwar elendig lange im Auto sitzen, aber das war immer hin besser, als zu fliegen.
Nicht nur, weil mir oft genug schlecht war beim Fliegen, sondern auch, weil ich Kody fragen wollte, was denn nun los war.

„Klar, gerne. Ich bin um halb 12 durch mit dem Seminar." Jan nickte und von der Seite musterte ich den Mann, der mich für einen wildgewordenen Fan hielt.
„Achso, das ist Johannes." Stellte ihn Jan vor und höflich reichte ich ihm meine Hand.
„Hanna." Meinte ich knapp und er nickte verwirrt.
„Johannes, das ist Hanna, sie ist eine sehr gute Freundin von Carlo. Sein wandelnder Terminkalender. Ohne sie würde er sicher gar nicht mehr zu Meetings kommen." Den letzten Satz murmelte er.
Ich war froh, dass der Flur zu dunkel war, um zu erkennen, dass ich rot wurde.

„Und Hanna: Das ist Johannes. Ein guter Freund von Carlo und den anderen. Er war jetzt zwei Jahre in Barcelona." Ich nickte. Auch von Johannes hatte Carlo mir nie erzählt. Wahrscheinlich wusste er nicht, dass Johannes heute schon wieder kommen würde.
„Ich muss wieder los, meine Freundin wartet. Bis morgen!" und dann flüchtete ich mit schnellen Schritten vor weiteren Peinlichen Details zu Carlo und meiner Freundschaft.

Erschöpft band ich meinen gelösten Dutt zu einem neuen zusammen und drückte die Autotür auf.
Ich hatte eine 5 einhalb stündige Autofahrt von Berlin bis Stuttgart hinter mir und wusste immer noch nicht, was dieses wichtige Treffen mit Carlo zu tun hatte. Kody wollte mir rein nichts sagen, lediglich ein Zwinkern bekam ich.
Aber dafür durfte ich am Meeting teilnehmen, das über Carlo ging. Er selber wusste davon nichts und saß stattdessen bei seiner Mutter im Keller und vollbrachte einen Track nach dem anderen.

„Also, schön das ihr alle da seid." Basti sah in die Runde, die aus Jan, Kody, zwei Mitarbeiter von Chimperator, einem fremden Mann und mir bestand.
Der Mann saß mir schräg gegenüber und sah ziemlich eindringlich aus. Er hatte eine Glatze, ein Harley Davidson Shirt an und trippelte nervös mit seinen Fingern auf dem Tisch. Er war defintiv um die zehn Jahre älter.
„Zuerst möchte ich euch Freddy vorstellen." Der Mann sah von seinen Fingern auf und lächelte kurz.
„Er ist ab sofort Bodyguard von Carlo, die Sache wird mir sonst zu riskant. Die Maske löst nämlich große Neugierde aus." Nachdenklich sah Basti auf seinen Ablaufzettel.
„Carlo hat mir vorhin gemailt, dass er bereits einige Tracks fertig hat. Kody und ich werden nach dem Meeting zu ihm fahren, um uns die Tracks anzuhören. ‚Easy' wurde ja bereits als Single festgelegt und veröffentlicht. Das Ding hat übrigens die Millionen auf YouTube geknackt und auch die Downloadzahlen des Mixtapes steigen durchgehend in die Höhe. Ein Volltreffer." Kody nickte zustimmend.

„Wir denken, dass Carlo eher fertig sein wird, als die vorhergesehenen drei Wochen. Nach dem Urlaub würden wir an eine Planung einer Tour zum Album gehen." Ich riss die Augen auf.
„Urlaub?!" mir rutschte die Frage einfach so aus dem Mund und sofort sahen mich alle Augenpaare an.
„Hat Carlo dir das nicht erzählt?" fragte Basti und ich schüttelte den Kopf.
„Hat er überhaupt die Zeit für einen Urlaub?" fragte ich leise und sah Basti damit in die Augen. Wenn Carlo sein Album fertig brachte, war es eher unüblich, Urlaub zu nehmen. Denn dann gingen die Planungen erst richtig los.

„Er hat sich die Zeit genommen. Er meinte, er schafft des schon, also haben wir widerwillig eingewilligt." Ich nickte bloß. Carlo hat mir so viel verschwiegen, dass ich erstmal mit ihm reden musste, wenn ich ihn nachher wieder sah. Wir erzählten uns alles, wieso hatte er mir dann den Urlaub verschwiegen?

„Zum wichtigsten Punkt dieses Meetings, trommelwirbel." Basti sah aufgeregt in die Runde und auch Kody grinste.
„'Easy' wurde über 450.000 Mal verkauft." Er machte eine Pause und plötzlich raste mein Herz.
„Dreifach goldene Schallplatte." Hallte durch den Raum und Kody hielt das Ding hoch.
Dreifach goldene Schallplatte.

„Oh mein Gott." Hauchte ich und plötzlich verfielen wir alle in Jubelschreien. Carlo hatte das Ding! Er hatte eine gottverdammte goldene Schallplatte für Easy!

„Wir werden Carlo nachher abholen, er weiß noch nichts, außerdem ist ‚Easy' für die 1live Krone nominiert!" Basti war ganz rot vor Stolz und Überwältigung.

Ich war Kody um den Hals gefallen und rief ihm in Gedanken tausend Mal danke zu, dafür, dass sie Carlo aufgenommen haben.
„Hanna, du bleibst hier, Lucca kommt gleich auch noch." Ich nickte und vergas für diesen Moment, dass ich mit Carlo noch reden wollte.

„Aber wir haben noch einen Punkt." Plötzlich wurde er wieder ernst.
„Carlo braucht eine Band, unzwar schnell. Ich habe Markus bereits Bescheid gegeben und er hat sich bereits gekümmert, nur hat uns das gewaltig Stress bereitet. Max alias Rochstah ist verdammt wütend; Tim, sein Gitarrist will bei Carlo einsteigen. Somit haben wir Kumpel Max den Gitarristen ausgespannt. Außerdem hat Markus auch irgendwas von einem Kumpel erzählt, der Schlagzeug spielt. Flo-"
„Florian König." Brachte ich vor ihm heraus.
Pia hatte mir erzählt, dass Florian, ihr Mitbewohner, Schlagzeug studierte und letztens hatte ich ihn mit Markus in der Innenstadt getroffen. Die beiden haben sich im Club kennengelernt und bauten seit einiger Zeit zusammen Beats.

„Genau der..." verwirrt sah Basti mich an.
„Lange Geschichte." Winkte ich ab und er nahm erneut den roten Faden auf.
„Aufjeden Fall werden wir die beiden für die Tour und die restliche CRO Laufbahn nehmen, Max wird sicher einen neuen Gitarristen finden..." Stille kehrte ein.

„Das wars eigentlich. Wir machen uns dann auf zu Carlo, der wartet schon. Wir sehen uns gleich, Leute. Und poliert das Ding nochmal!" er zeigte auf die Schallplatte.

Kody und er zogen sich Jacken über und verschwanden dann auch recht schnell.
Zurück blieb ich mit Jan und Freddy, die noch weitere Schallplatten für ein Foto dabei hatten. Die Presse würde auch kommen, also musste hier alles blitzblank sein.

Und plötzlich war mein Carlo war mit einem Klick ein Star.


Sonntag! Ich hoffe sehr, dass euch das Kapitel gefällt, hinterlasst doch ein Kommentar!
Bin für alles offen!
Wünsche euch noch einen schönen Tag und eine hoffentlich ruhige Woche.

Bis Donnerstag!

Ich will nur dich.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt