45. Festivaljagd

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„Carlo, die haben schon Feierabend. Es ist Freitag." Ich sah mich in den dunklen Gängen von dem Chimperator Büro um und horchte, ob ich noch Tastengetippe, die Kaffeemaschine oder leise Gespräche hörte, aber nichts dergleichen.
„Kody meinte, er wolle was mit mir besprechen. Keine Ahnung." Im dunklen Raum suchte ich vergebens den Lichtschalter.
Aber lange brauchte ich nicht suchen, da tauchten vor mir zahlreiche Funken von Wunderkerzen auf.
„Happy Birthday to you, happy Birthday to you, happy Birthday liebe Hanna, happy Bithday to you." Lauter bekannter Stimmen hinter den Wunderkerzen sangen herzlich, dann drehte jemand das Licht auf und der Raum war voller Leben.
„Oh Gott." Überwältigt hielt ich mir die Hand an den Kopf.
„Party muss sein, Baby. Da kommst auch du nicht drum herum." Er grinste.
Flo war der erste, der mich direkt in die Arme schloss und mich an sich drückte.
„Alles Liebe, Kleine." Flüsterte er und ich genoss den Moment. Er war mir in den letzten Monaten, in denen ich Lucca als Freund verlor, so sehr ans Herz gewachsen, dass ein Leben ohne ihn undenklich ist. Seine liebevolle Art und sein Humor waren immer zur richtigen Zeit für einen da.
„Danke, Flo." Die anderen beglückwünschten mich alle und selbst Kody, der kleine Partymuffel, ließ sich nicht lumpen.
„Ihr seid doch verrückt, danke!" rief ich und ab da wurden die Stimmen lauter, dass wir hoch aufs Dach gehen.
Einer nach dem anderen kletterte die Feuerleiter hoch auf das berüchtigte Chimperator Dach, auf dem das Musikvideo zu Easy und Meine Zeit gedreht wurden. Das Dach, auf dem man auf ganz Stuttgart sehen konnte und dem eine Sekunde lang Himmel so nah war.
Die Musik wurde aufgedreht und Getränke herum gegeben, eine halbe Stunde später war eine super Party am Laufen.
„Gefällts dir?" Carlo legte seinen Arm um mich und zog mich an sich.
„Danke, Carlo. Wirklich. Es ist wunderschön und das schönste Geschenk." Ich legte meinen Kopf an seine Brust und atmete tief ein. Wie wichtig war mir dieser Mann das Jahr übergeworden? Seine Anwensenheit berauschte alle meine Sinne.
„Hee, nicht turteln, sondern mehr trinken." Markus tauschte unsere leeren Becher gegen neue und war sofort wieder verschwunden.
Ich sah flüchtig durch die Menge, aber Lucca war nicht da und das traf mich mitten ins Herz. Er hatte sich so distanziert, dass ich ihn seit Monaten kaum bis gar nicht mehr gesehen habe und nicht mal an meinem Geburtstag ließ er sich blicken.

„Er kommt bestimmt noch." Jedoch schwang in Carlos Tröstung Zweifel mit. Nein, er würde nicht kommen.
„Nun komm, es ist dein Geburtstag." Er zog mich zu den anderen und gemeinsam genossen wir die warme Sommernacht auf dem Chimperatordach.

Das nerv tönende Piepsen von Carlos IPhone ließ mich aufstöhnen.
„Carlo, mach das aus." Rief ich und drehte mich auf die andere Seite.
„Hmmmm." Brummte er und tastete nach seinem Handy. Einen Augenblick später stand er senkrecht im Bett.
„Es ist halb sechs, fuck." Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, was los war.
„Halb sechs?!" rief ich und wand mich schon aus den Laken des Bettes, um ins Badezimmer zu sprinten.
„Hast du deine Tasche gepackt?" rief ich währenddessen und ein undeutliches „Bin dabei..." kam zurück. Dieser Junge konnte auch nie vorher packen.
Ich hatte noch nie innerhalb zwei Minuten geduscht und mir innerhalb drei weiteren Minuten Klamotten übergeschmissen.
„Kaffee bringt Flo mit!" ich schnappte mir meinen Rucksack und stopfte wahllos irgendwelche Klamotten hinein. Viertel vor Sechs.
„Ich muss noch duschen." Meinte er und schmiss mir seinen Rucksack zu, wo ich die restlichen Sachen hineinpackte und die Maske suchte.
„Wo ist deine Maske?" rief ich gegen das Rauschen an.
„In der Schublade vom Nachtschrank!" kam es zurück. Ich ging um das Bett herum und schob die Lade auf, in der mir neben der Maske sofort ein Foto auffiel. Ein Foto von Carlo und mir, letzten Sommer. Ich musste lächeln und riss mich von den Erinnerungen los, um in der Zeit zu bleiben.
Punkt sechs Uhr standen wir in Jogginghose und Top unten vorm Haus, wo Kody uns abholen wollte.
„Wir sind ein super Team." Er grinste.
„Das sind wir wirklich." Ich lehnte meinen Kopf an seinen Oberarm und atmete die schwüle Sommerluft ein.
Erst als wir bei Kody einstiegen löste ich mich vom Anlehnen. Aber nach einer halben Stunde Fahrt waren wir bereits wieder eingeschlafen.

Ich will nur dich.Where stories live. Discover now