35. Vertrag

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„Luis, ich weiß nicht, ob ich das kann." Ich biss mir nervös auf die Unterlippe und sah durch die schwach beleuchtete Wohnung.
„Hanna, hör mir zu. Du hast dieses Shooting gemacht und den Vertrag unterschrieben. Was sollen wir denn jetzt ohne dich machen? Wir haben keinen Ersatz parat und der Designer freut sich!" ich hörte, wie er sich durch die Haare rieb.

Durch das Fenster drang die kühle Nachtluft, der Oktober war in Stuttgart eingekehrt und Carlo war heute den dritten Tag auf Tour. Zwei Monate, erst dann würde ich ihn wiedersehen.
Der Abschied hat mir förmlich das Herz zerrissen, ohne die Jungs war ich alleine da. Nur Lucca ließ sich ab und zu blicken. Aber ohne Carlo und Flo, Tim und Markus war es still hier in Stuttgart.

Stattdessen hatte ich den blöden Deal mit Luis am Hals, da ich irgendeinen Vertrag unterschrieben habe. Carlo wusste natürlich nicht, dass ich weiterhin für seine Agentur modelte, die Ausreden reichten aus und die Bilder hat er auch noch nicht gesehen, er hat kaum Zeit, um im Internet zu surfen.

„Luis, ich kann das nicht. Ich habe meinen Job und mein Freund findet das auch nicht so super, er ist selber viel unterwegs und wir sehen uns kaum." Ich hatte den Drang aufzulegen und seine Nummer zu sperren, aber er würde mich nicht in Ruhe lassen.
„Hanna, hast du eigentlich eine Ahnung, wieviel Geld du dafür bekommst? Damit hast du nicht genug Miete, damit kannst du dir fast ein Haus kaufen. Was willst du mehr? Komm, sag mir, hast du nicht genug verdient, dass du noch mehr haben möchtest?" mein Blick fiel auf den Esstisch, wo mein neues IPhone lag, dass ich mir gekauft habe, weil mein jetziges den Geist aufgibt. Und neben dem habe ich bereits eine Wohnung in Aussicht.

„Doch, ich habe viel verdient." Gab ich zu und seufzte.
„Aber Amerika ist eine Nummer zu viel, Luis. Und dann noch für vier Monate. Ich kann hier nicht weg."
„Wenn du das da fertig hast, kannst du deinen Job schmeißen. Dann wirst du auf Fashion Weeks laufen und die Welt bereisen." Der Gedanke daran war natürlich wundervoll. An Orte kommen, die ich sonst nie sehen würde, aber die Liebe zu Carlo baute mir eine Mauer davor.
„Luis, ich kann nicht weiter reden, okay? Ich-ich melde mich." Und dann legte ich auf.

Wieso war das alles so kompliziert?

Ich ließ mich auf den Stuhl fallen und sah mein neues Handy an. Es tat so gut, sich etwas kaufen zu können, ohne auf den Preis achten zu müssen. Sich einfach mal Luxus zu gönnen und auch anderen Menschen von dem Geld etwas Schönes zu kaufen. Und bei Luis kam ich an das nötige Geld und wenn er Recht hatte, dass ich dort so gut bezahlt werde, dann könnte ich mir auch endlich ein neues Auto kaufen. Ich hatte mit Carlo bereits darüber gesprochen und er wollte mir ein neues holen, aber ich konnte mich nicht so abhängig von ihm machen. Wir hatten deswegen einen kleinen Streit gehabt, er will nicht, dass ich so denke, aber ich konnte nicht anders.

Das Vibrieren eines Anrufes ließ mich auffahren. Lito ruft an.

„Hey." Ich lächelte und begab mich zur Fensterbank, wo ich mich niederließ.
„Hey Babe, alles okay bei dir?" ich nickte bloß und spürte Tränen in meinen Augen.
„Alles gut." Ich schluchzte leise. „Und bei dir?"
„Dortmund war der Kracher. Wir sind gerade in den Tourbus eingestiegen auf dem Weg nach Münster. Was machst du so?"
„Allein sein..." flüsterte ich.
Dumpfe Autogeräusche löschten die einsame Stille. Der Mond schien fahl durch das große Fenster in die Küche und ich schluckte stumm.
"Ich bin bald wieder da." hörte ich ihn am anderen Ende sagen und ich nickte. Nach und nach erloschen die Lichter in den Häusern von Stuttgart und weniger Autos befuhren die Straße.
"Ich vermisse dich." flüsterte ich leise ins Handy und hörte etwas rascheln.
"Ich dich auch."
„Die zwei Monate gehen ganz schnell rum. Außerdem wolltest du doch nächste Woche kommen und ein paar Termine mitfahren. Ich hole dich in Rostock am Bahnhof ab."
„Okay. Ich liebe dich."
„Ich dich auch, Babe."
„Gute Nacht, meld dich morgen." Ich verdrückte die Tränen.
„Mach ich, schlaf gut." Und dann klickte es in der Leitung.



Die Leute in der Bahn starrten mir förmlich an.
Ich hatte einen neuen Mantel an. Den hatte Luis mir geschenkt und er sah wirklich teuer aus. Wobei ich auch der festen Überzeugung war, dass er teuer gewesen war. Das Louis Vitton Etikett hing dort nicht umsonst.
Rostock war nur noch zwei Stationen entfernt und Luis gab mir noch drei Tage Zeit, mich wegen Amerika zu entscheiden, sonst wäre ich raus aus der Agentur.
Aber ich arbeitete gerne für ihn, die Arbeit machte mir wirklich Spaß und das Geld stimmte auch eben. Ich stand zwischen zwei Stühlen.

Carlo erblickte ich sofort. Er hatte seine verwaschene Thight Jeans an und seinen VIOVIO Pullover.
Ein Lächeln stiel sich auf seine Lippen, als er mich sah.
„Hey Baby." Ich küsste ihn kurz und fing seinen verwirrten Blick auf den Mantel auf.
„Woher hast du den neuen Mantel?" ich sah kurz zu Boden. Eine Lüge noch.
„Den hat meine Mum mir gekauft. Sie fand ihn so schön für mich, weil meine alte Jacke kaputt war." Ich rang mir ein Lächeln ab.
„Wie lieb von ihr." Er schnappte sich meine Hand und gemeinsam verließen wir den Bahnhof und fuhren zur Location, wo wir uns in den Backstagebereich mummelten.

„Du-du hast ein neues Handy?" ich wurde rot und ließ das Handy in meiner Tasche verschwinden.
„Hanna, was ist hier los? Neuer Mantel, neues Handy?" er setzte sich auf und sah mich an.
„Ich, ähm, also das habe ich mir gekauft. Also das Handy." Ich traute mich nicht, ihm in die Augen zu sehen.
„Wovon? Dein Gehalt..." er sprach es nicht aus, ehe er es zu begreifen schien.
„Nein..." seine Augen wurden groß.
„Carlo, ich kann das erklären." Er stand auf.
„Du arbeitest immer noch für ihn? Für diesen..." er brach ab und raufte sich durch die Haare.
„Carlo, ich-"
„Nein Hanna! Wie lange schon?! Sag mir, wie lange?!" seine Stimme wurde laut und ich immer kleiner.
„Ich habe nie aufgehört." Flüsterte ich leise und sein Rucksack flog durch den Raum.
„Ist das dein beschissener Ernst?! Ist des jetzt so?! Lügen wir uns an, ja?! Ich hab dir gesagt, ich unterstütze dich, Hanna. Und du nimmst das dreckige Geld dieses dreckigen Kerls an?!" brüllte er.
„Luis ist okay, Carlo! Er ist super nett und die Arbeit macht mir Spaß, ich weiß nicht, wo dein Problem ist!" brüllte ich jetzt zurück und war dabei aufgestanden.
„Super Nett? Tickst du noch ganz richtig Hanna?! Der Kerl und seine Verträge sind alles andere als super nett!"
„Nur weil ich für vier Monate nach Amerika muss?!" ich riss meine Augen auf. Und Carlo auch. Es war raus, ich hatte es gesagt und konnte es nicht ungeschehen machen.

„Sag mir, dass das nicht dein ernst ist." Flüsterte er.
„Ich habe irgendso einen Vertrag unterschrieben." Ich war den Tränen nahe.

Und ich konnte ihm nur zusehen, wie er sich seinen Windbreaker schnappte, die Kapuze ins Gesicht zog und die Tür hinter ihm ins Schloss knallte.


Sooooonntag! Oder, äh, auch Montag ...  SOORRY es tut mir so leid, dass gestern kein Kapitel kam, aber dieses Wochenende war stressig!

Dies ist des letzte Kapitel vor meinem Urlaub, es kommt erst nächste Woche Sonntag wieder eins!

Vielleicht schreibe ich zu Mittwoch noch eins, jetzt, wo es spannend wird. Aber versprechen kann ich nichts!

Bitte gebt mir doch Feedback, da würde ich mich sehr drüber freuen!

Wir lesen uns bald! a.

Ich will nur dich.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt