60. Zweifel

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„Meld' dich, sobald du da bist." Pia zog mich in ihre Arme und ich nickte.
„Bis dann!" Flo schenkte mir ein Lächeln, dann fiel die Tür ins Schloss und ich schulterte meinen Rucksack.
Wir hatten dieses Wochenende ein kleines Familientreffen bei meinen Eltern. Nicolas mit Enna und Skyla, seine Eltern und ich. Nicolas kam von einer Konferenz aus Saarbrücken und Enna würde ich gleich abholen.
Ich schmiss mein Rucksack auf die Rückbank von Pias BMW und stieg auf der Fahrerseite ein. Ich hatte ja kein Auto mehr und den Benz von Carlo konnte ich nicht mehr benutzen.
Ich atmete tief durch und verdrängte Carlo aus meinem Kopf und startete den Motor. Enna wohnte eine knappe halbe Stunde von hier, also folgte ich den Anweisungen von meinem Handy.

„Hey!" mit einem Maxicosi in der Hand umarmte sie mich.
„Warte, ich leg den Rucksack nach vorne." Sie setzte sich nach hinten und schnallte den Maxicosi richtig an.
„Alles fertig?" ich sah durch den Rückspiegel, wie sie nickte.
„Muss Carlo arbeiten?" fragte sie nebenbei und ich schluckte.
„Ja." Ich nahm die Ausfahrt und atmete tief ein.
„Wir sind getrennt." Ich hörte ein leises „Ohh." Und nickte bloß.
„Wenn du reden möchtest, bin immer da." Sie fixierte mich durch den Rückspiegel.
„Danke, wirklich." Ich rang mir ein Lächeln ab.
Reden half auch nichts. Ich habs versucht, ich hab mir alles von der Seele geredet, aber der Stein auf meiner Brust bewegte sich kein Stück. Pia hat alles versucht, aber nichts half. Er verschwand nicht aus meinem Kopf. Genauso wenig, wie die SMS.
„Ich wollte dich fragen, ob du deinem Job als Patentante demnächst treu werden kann." Ich lächelte.
„Was gibt's denn?"
„Nicolas und ich fahren demnächst nach England. Er hat da ein Geschäftstreffen und wir machen dort Urlaub. Und Skyla braucht einen Babysitter."
„Klar, liebend gerne. Sagt einfach Bescheid." Sie nickte und baute ein Gespräch über Nicolas auf. Ich stieg ein, alles war besser, als von Gedanken erdrückt zu werden. Aber wie sollte ich ohne an Carlo zu denken, klar kommen? Keiner wusste von unserer Trennung, allen werde ich die Geschichte erzählen müssen und mir erneut alles anhören. Was ihm einfallen würde, wie sauer nun alle auf ihn waren und das ich ihn vergessen soll. Aber wie soll man die Liebe seines Lebens vergessen? Mit der man beinahe ein Kind bekommen hätte, beinahe alt geworden wäre? Diese Liebe wird man nicht vergessen. Carlo werde ich nicht vergessen.

Als wir in München ankamen, erwarteten uns bereits meine Tante und mein Onkel, meine Eltern und Nicolas.
„Hey Schatz." Er zog Enna an sich und schnell wand ich mich ab. Aber wie sollte ich dem entgehen? Die beiden hatten eine Tochter zusammen, sie hatten es verdient glücklich zu sein.
„Hanna?" ratlose Augenpaare sahen mich an, als ich bemerkte, dass sich bereits wieder Tränen in meinen Augen gesammelt hatten.
„Tut mir leid." Schnell nahm ich die Umarmung von meiner Mutter an, um die Tränen weg zu blinzeln.
„Ist alles in Ordnung, Schatz? Wo ist denn Carlo?" ich schloss meine Augen, sonst würden die Tränen wieder hochkommen.
„Wir...wir sind kein Paar mehr." Stille. Augen musterten mich, Enna schob ihre Hand in die von Nicolas.

„Bitte?" mein Vater fand als erstes seine Worte.
„Er- wir haben uns getrennt. Es ist besser so." ich konnte ihnen nicht den Grund nennen. Meine Kehle war zugeschnürt und ich drohte zu ersticken.
„Ich pack meine Sachen dann mal aus." Mit meinem Rucksack flüchtete ich in mein Zimmer und schloss die Tür, nur um an ihr herunter zu rutschen und die Tränen loszulassen.
Ich wollte hier nicht schlafen, wollte es gleichzeitig so gerne. All die Erinnerungen.
Vielleicht irgendwann mal.
Nur wir zwei gegen den Rest der Welt.
Nur wir beide.

Die Sätze bombardierten meinen Kopf und ich schluchzte leise. Ich vermisste ihn so, seine Arme, seine Anwesenheit, ich vermisste uns.
Was machte er gerade, war er noch in Köln? Dachte er an mich, oder hatte er schon eine Neue?
Ich wischte mir über die Augen und schniefte.
„Babygirl?" Nicolas leise Stimme drang durch die Tür und ich rappelte mich auf.
„Komm rein." Antwortete ich und öffnete meinen Rucksack. Die Tür ging wieder zu.
„Komm her." Er drehte mich und zog mich an sich.
„Ich will gar nicht weinen." Schluchzte ich, seine Arme umschlangen mich.
„Was hat er getan?" ich löste mich und sah ihn an.
„Er hat mit einer anderen geschlafen." Er atmete scharf ein und ich schluckte.
„Ich würde dir gerne sagen, dass du ihn nicht verdient hast, aber genau das hast du. Er war das Beste, das dir passieren konnte, babygirl, aber das was er getan hat, das hast du nicht verdient. Es tut mir leid."
„Wir wollten in den Urlaub, Santa Monica, ich werde deswegen noch mit ihm reden müssen. Ich sollte ihn anrufen." Er nickte.
„Mach das." Er küsste mich auf die Stirn und verließ mein Zimmer, ich fingerte mein Handy.
Automatisch tippten meine Finger auf „Lito<3". Das Freizeichen machte mich nervös und ich kaute auf meiner Unterlippe.
„Hanna." Ich erschrak, als er abnahm und holte Luft.
„Hi." Brachte ich raus und könnte mich dafür schlagen.
„Hi." Antwortete er zögernd.
„Ich ähm, ich wollte mit dir über den Urlaub reden." Stille am anderen Ende.
„Ich kann ihn problemlos stornieren." Er klang enttäuscht, aber was hatte er erwartet? Das wir in den Urlaub fahren, als wenn nichts passiert wäre? Als wenn das nicht passiert wäre?
„Das wäre das Beste." Ich sank langsam auf mein Bett.
„Okay." Etwas raschelte, dann eine Stimme, die nach Benno klang.
„Okay." Und dann legte ich auf. Mein Herz klopfte wie verrückt und ich brauchte einen Moment, um klaren Gedanken zu fassen. Kein Urlaub, keine USA, nicht wir beide gegen den Rest der Welt. Wir waren Geschichte.

Carlo

Stumm starrte ich die Decke an und ging im Kopf unser Telefonat durch. Was war aus uns geworden, was hatte ich ihr angetan?
Ich ignorierte sämtliche Anrufe vom Büro und konnte mir denken, was das für ein Donnerwetter geben würde, aber diese Woche bei Benno hat so verdammt gut getan.
Ich schwang mich aus dem Bett und schulterte meinen Rucksack.
„Ich hau ab, danke für alles." Ich umarmte meinen Bruder und schnappte mir die Autoschlüssel.
Eine halbe Stunde später war ich auf dem Rückweg und legte mir die Worte zurecht, wie ich Kody sagen wollte, dass alles keinen Sinn mehr hat.
Das CRO für mich kein Sinn mehr hat.


Donnerstag!

Ich weiß, mein Schreibstil lässt zu wünschen über, aber nehmt es mir bitte nicht übel...


Feedback würde mich so glücklich machen


Wir lesen uns Sonntag! a.

Ich will nur dich.Where stories live. Discover now