Auf Wolken

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(TAIS POV)

„Wo ist er nur?"

Ich sah zu Harry, der auf dem kurzen Stück der Couch saß und seine Hände in sein Haar krallte. Er war verzweifelt. Wir alle waren verzweifelt, aber ihn machte es zusehend kaputt. In den letzten Tagen konnte man ihm quasi beim Verhungern zusehen. Sein Körper machte schlapp und jedes Mal wenn er aufstand, weil er keine Ruhe fand, torkelte er nur und jeder glaubte, er würde jeden Moment umkippen. Manchmal hoffte ich sogar, er würde endlich umkippen. Das würde ihm eine Pause verschaffen und sein Körper und auch sein Geisten hätten sich von den Strapazen der letzten Tage erholen können. Aber er gab nicht auf. Er schlief nur noch wenig und wenn dann unruhig. Jeder noch so kleine Lärm auf der Straße, ließ ihn auf Louis' Wiederkehr hoffen, doch jedes Mal wurde er enttäuscht. Die dunklen Ringe unter seine Augen waren erschreckend, von den eingefallenen Wangen ganz zu schweigen. Er zitterte, weil er kaum noch aß und er machte sich selbst die größten Vorwürfe. Immer wieder sagte er, es sei seine Schuld und auch wenn ich Anfangs der selben Meinung war, so war ich es nun schon lange nicht mehr.

Louis war bereits seit acht Tagen verschwunden und die polizeiliche Suche lief auf Hochtouren. Anhaltspunkte gab es jedoch keine. Es gab allerhand Vermutungen. Wahnsinnige Fans, Erpresser... Es gab einige Möglichkeiten. Harry glaubte aber nicht daran. Seine erste Vermutung war ein Kerl namens Eric Hawthorne. Ich hatte den Namen vorher schonmal gehört und bekam zwischenzeitlich mit, dass es sich bei dem Typen um einen Arzt aus Holmes Chapel handelte. Dann konnte ich alles miteinander in Verbindung bringen. Eric war der Kerl der Louis vor Harrys Augen geküsst hatte und der den ganzen Schlamassel hier ins Rollen gebracht hatte. Er war mir von der ersten Sekunde an unsympathisch, aber die Polizei war Harrys Vermutung nachgegangen und konnte bei Hawthorne nichts finden, was den Fall mit Ihm in Verbindung bringen konnte. Einerseits war das gut, andererseits bedeutete dass, das es immer noch keine einzige Spur von Louis gab.

Harry stand wieder auf, nicht fähig auch nur fünf Minuten sitzen zu bleiben. Er tigerte im Wohnzimmer hin und her, versuchte einen klaren Kopf zu bekommen und nach zu denken, man sah es ihm an.

Dann stand auch ich auf. Ich ging zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter und brachte ihn somit zum Stehenbleiben. Harry sah mich aus blutunterlaufenden Augen an.

„Ich gehe wieder nach Hause für den Fall das er sich meldet."

Harry nickte und ich nahm ihn in meine Arme, wofür ich mich auf Zehenspitzen stellen und er sich runter beugen musste.

„Er wird zurück kommen. Davon bin ich überzeugt."

Harry sagte nichts, er drückte mich nur fester an sich und versteckte sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Es zerriss mir das Herz ihn so zu erleben.

„Leg dich hin, Harry. Schlaf dich mal aus und iss endlich etwas. Sophie ist hier und du hast auch Zayn und Liam die hier die Stellung halten. Wenn wir etwas von Louis hören, dann sagen wir dir sofort Bescheid, aber du musst wieder zu Kräften kommen... Bitte..."

Harry löste sich von mir und sah mich an. Tränen liefen über sein müdes aber wunderschönes Gesicht.

„Ich kann nicht... Ich kann das nicht, wenn er nicht hier ist... Er muss zu mir zurück kommen, Tai..."

Ein Schluchzen erfüllte den Raum und Harry war kaum noch wieder zu erkennen. Zayn und Liam kamen von ihren Plätzen im Wohnzimmer auf uns zu und nahmen Harry ebenfalls in den Arm, versuchten ihn zu beruhigen und zu trösten, was natürlich nicht funktionierte und so blieb ich noch etwas länger, bis Liam mir versprach dass er alles im Griff hatte und ich mich auf den Weg zurück in meine Wohnung machte, wo Niall wartete. In meiner Abwesenheit hatte sich aber auch hier nichts getan. Wir setzten uns auf die Couch und Niall legte seine kräftigen Arme um mich. Erst jetzt fiel mir auf wie müde und kaputt ich selbst war. Ohne Vorwarnung fing ich an zu heulen und hätte mich am liebsten irgendwo verkrochen, aber Niall hielt mich fest und streichelte meine Haut. Er flüsterte mir liebevolle Hoffnungen ins Ohr, strich mir durchs Haar und versprach mir das alles gut werden würde, das ich meinen besten Freund gesund und munter wieder sehen würde und dass das alles nicht mehr lange dauern würde.

Ich glaubte ihm.

(ERICS POV)

Ich betrachtete den schlafenden Engel. Er schlief jetzt schon seit einigen Stunden, obwohl es mitten am Tag war, aber ich gönnte es ihm. Er war erschöpft und müde und hatte kaum noch Kraft weiter gegen mich anzukämpfen. Der Schmerz hatte ihn übermannt und er war wieder einfach umgekippt. Ich liebte wie hartnäckig und stur er war. Ich liebte seine Ausraster und seine Beleidigungen fast genau so sehr wie ich sein Flehen und Betteln liebte. Ihn am Boden zu sehen, weinend und hilflos... Es war wie ein Kick. Ich hatte Macht über Ihn und diese Macht, wollte ich auch nutzen. Vor ein paar Tagen wäre er mir fast weggenommen worden.

Wenn diese Teufel ihn gefunden hätten, dann wäre ich daran zerbrochen. Sie kamen her und fragten mich nach seinem Verbleib aus, doch ich spielte mein perfektes Spiel einfach weiter. Sie glaubten mir, ohne die Wohnung zu betreten. Und ich konnte die Hoffnung in seinen Augen sterben sehen. In diesem Moment wusste ich, dass er aufgegeben hatte. Es fehlte nicht mehr viel und er würde für immer mir gehören.

Und gestern, hatte ich endgültig dafür gesorgt, dass er nicht mehr davon flattern konnte. Ich hatte ihm seine schönen Flügel gestutzt.

(LOUIS' POV)

Schmerz riss mich aus dem Schlaf. Meine Arme...

Ich öffnete die Augen und sah mich um. Ich steckte noch immer in diesem Albtraum fest. Ein Albtraum ohne Erwachen. Eric lag neben mir und schlief. Sein Arm lag auf meinem Bauch, seine Hand war unter meinem Shirt. Ich zuckte und rutschte etwas von ihm weg, was ihn aufweckte. Kalter Schweiß brach auf meiner Stirn aus und der Schmerz wurde wieder stärker.

„Wie geht es dir, Lou?"

„Du Psychopat hast mir die Arme gebrochen! Was glaubst du, wie es mir geht?"

Meine Wut auf diesen Menschen kochte über und heiße Tränen begannen in meinen Augen zu brennen. Ich wollte nicht das sie frei kamen. Tränen bedeuteten Schwäche und ich erlaubte mir nicht mehr, sie ihm gegenüber zu zeigen. Scheinbar geilte er sich daran auf. Aber mit jeder Sekunde wurden die Schmerzen in meinen Armen heftiger.

Eric setzte sich auf, überprüfte die Fesseln an meinen Handgelenken und verließ dann das Bett. Er trug nur eine weite Jogginghose, die viel zu tief auf seinen Hüften saß. Er lief zu seiner Kommode, öffnete die oberste Schublade und holte eine Spritze heraus.

Gott sei Dank.

Lächelnd kam er auf mich zu.

„Gleich geht es dir besser, mein Engel..."

Ich weiß... Ich weiß das es mir jeden Moment besser gehen würde. Sobald das Zeug durch meine Adern fließt, verblasst der Schmerz bis er gar nicht mehr zu spüren ist. Und sobald das passiert, ist mir alles andere völlig egal.

Ich sah zu wie die Injektionskanüle nach einem leichten Stich in meiner Haut verschwand und schlagartig hatte ich das Gefühl wieder richtig atmen zu können. Das leichte Brennen und der sanfte Druck in meinem Arm bescherten mir, ein bis gestern nie gekanntes Gefühl. Ich hatte das Gefühl auf Wolken zu liegen. Alles um mich herum wurde weich und meine Haut kribbelte angenehm. Die Tränen in meinen Augen trockneten und ich war zufrieden.

Lächelnd schloss ich die Augen.

„Danke..."

„Gern geschehen, mein Engel."

Mein Engel... Ja. Ich wünschte, ich wäre Einer. Dann wäre ich tot und würde nicht anfangen abhängig zu werden.

Light My Fire [Larry Stylinson]✔️Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu