Kapitel 18

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Die ganze Messe über, spürte Suvi die skeptischen Blicke ihrer Oma auf sich. Zwei Mal hatte sie angefangen zu weinen und beide Male hatte Samu sie sofort getröstet. Suvi war es irgendwie nicht gewohnt, so schnell, so viel, so ehrlichen Trost zu bekommen. Aber sie spürte wie gut es tat.
Nach der Messe durfte jeder eine Blume von dem Gesteck nehmen und mit zum Friedhof bringen. Suvi entschied sich für eine weiße Rose und zog sie behutsam aus dem Gesteck heraus. Dann wartete sie auf Samu der mit der roten Rose etwas zu kämpfen hatte, da sie sich nicht einfach aus dem Gesteck lösen wollte. Als er es dann aber auch geschafft hatte, verließen sie gemeinsam die Kirche und gingen zum Auto. Der Friedhof lag eigentlich gar nicht so weit entfernt nur ungefähr sieben Minuten Fußmarsch, aber Suvi und Samu mussten Auto fahren wegen der Gitarren und Boxen. Außerdem wäre es für Suvi zu kalt. Sie trug schließlich nur das Kleid.
Als sie im Auto saßen, fing Samu an zu fluchen.
„Was bildet die sich ein wer sie ist? Vor acht Jahren sah ich mehr aus wie ein Vater. Vor acht Jahren sah ich aus, wie ein gewöhnlicher Finne mit einer Band! Wenn es nicht die Beerdigung von Aliisa wäre, dann würde ich dieser Pute aber mal so was von die Meinung geigen!", sagte er und schlug frustriert auf das Lenkrad.
„Papa, beruhig dich bitte. Ich finde es auch voll die scheiß Aktion, aber so ist Oma nun mal! Und das weißt du genauso gut wie ich. Aber davon können wir uns das nicht kaputt machen lassen. Wir können uns nach der Beerdigung gerne über die Blödheit meiner Oma unterhalten, aber bitte: Können wir es erst noch genießen, so sehr man eine Beerdigung genießen kann?"
So wie Suvi fragte, konnte Samu nicht böse sein. Auf niemanden.
„Na klar.", sagte er und parkte aus.
Gut drei Minuten später stand das Auto wieder auf dem nächsten Parkplatz und Suvi und Samu warteten auf den Leichenzug. Als er langsam eintrudelte stiegen die beiden aus und sofort fing Suvi an zu frieren. Samu nahm sie in den Arm und gemeinsam gingen sie zu den anderen trauernden.
Inzwischen war auch eine Freundin von Aliisa eingetrudelt und hatte sich dazu gesellt. Samu und Suvi stellten sich zu Riku, Osmo, Sami und Raul und gingen langsam hinter dem schwarzen Auto her. Ganz vorne lief der Priester und führte sie zu dem freien Grab.
Das Grab, so hatte Samu es arrangiert, lag recht weit abseits auf einer großen freien Fläche. Nur zwei Bäume standen dazwischen und ein großes Kreutz. Suvi hielt ihre Rose fest und sah auf den Boden. Sie gingen über den verschneiten Friedhof und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken.
 Als sie an dem Grab ankamen, betete der Priester einige Gebete dann wurde der Sarg in die Erde gelassen. Suvi weinte ganz fürchterlich und bekam auch langsam Kopfschmerzen von dem ganzen Weinen. Samu drückte sie an sich und als sie ihm in die Augen blickte, erkannte sie, dass auch er ein wenig weinte.
Als der Sarg in der Erde war, warf der Priester noch Erde darauf und dann durfte jeder seine Blume zu dem Sarg werfen. Suvi hatte von zuhause noch eine kleine Haselnuss mitgenommen, die sie mit ihrer Rose in das Grab fallen ließ. Irgendwann würde aus diesem Grab ein schöner Haselnussbaum wachsen.
Suvi stellte sich zurück zu ihrem Vater und beobachtete die anderen Gäste, wie sie ihre Blumen in das Grab warfen und weinte dabei. Auch wenn sie ihre Mutter manchmal echte gehasst hatte, hatte sie es dennoch nicht verdient so früh zu sterben. Suvi lehnte sich an ihren Vater und vergrub ihr Gesicht in seinem Hemd. Sie zitterte vor der Kälte und Samu legte seinen Arm um sie. Ohne zu zögern, zog er sein Jackett aus und legte es ihr um die Schultern.
„Aber dann fängst du doch an zu frieren.", sagte Suvi und wollte ihm sein Jackett zurückgeben, doch er hielt es auf ihrer Schulter fest.
„Lass das mal meine Sorge sein. Und überhaupt, es ist mir lieber, wenn ich friere, als wenn du frierst.", und damit war die Debatte beendet. Suvi kuschelte sich in das Jackett und schon war ihr etwas wärmer. Samu zog sie zu sich und blickte zu dem Grab. Dann musste er seine Blume in das Grab werfen und lies Suvi los, um nach vorne zu gehen.
Als er seine Rose in das Grab fallen ließ, flüsterte er: „Ich werde für uns beide auf Suvi aufpassen. Kümmere du dich nur um deine Angelegenheiten im Himmel."
Eine einzelne Träne tropfte von seinem Gesicht in das Grab und Samu lächelte traurig ehe er zu seiner Tochter zurück ging. 

SEINE Tochter (Samu Haber)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt