Kapitel 33

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Nach dem Essen brachte Suvi ihren Vater in sein Zimmer und setzte sich dann wie ein Wächter in eine Ecke des Raumes und lehnte den Kopf an die Wand. Sie schloss die Augen und lauschte. Im Raum war es Finster und das einzige Geräusch war der röchelnde Atem von Samu.
Dieser lag mit offenen Augen im Bett und starrte an die Wand. Er erinnerte sich daran, wie er schon einmal eine solche Grippe gehabt hatte und Aliisa ihn gesund gepflegt hatte. Suvi machte es aber auch ganz toll. Aber er wünschte sich, dass sie dieses Casting morgen gewann. Es würde ihrem Selbstbewusstsein extrem helfen und außerdem hatte sie es wohl mehr als verdient.
Samu drehte sich auf die andere Seite und sah in das Gesicht seiner Tochter. Wie ähnlich sie ihm doch sah... Aber sie war so anders vom Charakter her. Samu überlegte, wie er gehandelt hätte, wenn seine Mutter gestorben und er auf einmal bei seinem Vater hätte leben müssen. Doch schnell verwarf er den Gedankengang. Er wollte und würde nichts mit seinem Vater zu tun haben. Und Suvi auch nicht.
Er schloss ebenfalls die Augen und versuchte den Schmerz, der seine Kehle zuschnürte, herunter zu schlucken. Er wusste nicht, ob es an seiner Heiserkeit lag, oder an dem Gedanken an seinen Vater. Aber was auch immer es war, er wollte es nicht mehr. Samu drehte sich wieder zur anderen Seite und starrte den Schrank an.
Langsam aber sicher wurden seine Lider schwer und schließlich, fielen sie ganz zu.

Suvi lauschte. Auch wenn Samu noch immer röchelte, war sein Atem jetzt gleichmäßig. Sie stand auf und ging leise in die Küche. Auf keinen Fall wollte sie Samu wecken, jetzt wo er schlief. Sie kochte ihm einen Tee für die Nacht und stellte sie ebenso leise an sein Bett. Dann ging sie in ihr eigenes Zimmer und setzte sich an das Keyboard. Als ihre Mutter noch gelebt hatte, hatte das Instrument nur zur Zierde da gestanden. Jetzt könnte sie es endlich einmal verwenden.
Sie schloss ihre Kopfhörer an und fing an zu spielen. Sie wollte ‚Bad Day' für den nächsten Tag noch perfektionieren.
Gegen 22 Uhr hörte sie auf und zog sich ihren Schlafanzug an. Sie legte sich in ihr Bett und sah an die gegenüberliegende Wand und musterte das Poster. Es war ein Poster von ‚Unholy Ground'. Irgendwann schlief sie dann ein.

Der nächste morgen war etwas hektisch. Suvi sprang wieder aus dem Bett, allerdings nicht halb so gut gelaunt wie am Morgen zuvor. Leise zog sie sich an und schlich nach unten wo sie erst in Samus Schlafzimmer ging um die Thermoskanne zu holen. Wie Suvi feststellen musste, war die Kanne leer. Lächelnd nahm sie die Kanne mit in die Küche und füllte sie dort wieder auf. Bevor sie das Haus verließ, brachte sie den Tee und drei Scheiben Brot in Samus Zimmer und wünschte ihm schon einmal einen guten Morgen.
In der Schule angekommen, herrschte überall geschäftiges Treiben. Es rannten Leute mit Kabeln und Licht durch die Gegend.
„Ich dachte, das wird ein Casting... und keine Fernsehsendung.", murmelte Suvi als ihr drei Kinder entgegen gerannt kamen.
„Guten Morgen, Suvi!", rief Mervi.
„Guten Morgen, Mervi, Lumi und Antti!", begrüßte Suvi die drei lächelnd.
„Du machst doch bei dem Casting mit, oder?", fragte Lumi und es klang irgendwie hoffnungsvoll.
„Was denkt ihr denn? Natürlich!", lachte Suvi und die drei Kinder fingen an zu strahlen.
„Dann sollte es dich interessieren, was wir herausgefunden haben!", sagte Antti und blickte stolz drein.
„Dann schießt mal los!", lachte Suvi.
„Das Casting wird live übertragen!", rief Mervi und sprang hysterisch auf und ab. Suvi klappte der Mund auf.
„Was?!", rief sie halb fröhlich halb schockiert.
„Aber das ist doch egal! Du gewinnst trotzdem. Das Video von dir und deinem Vater im Krankenhaus hat schon fast eine Millionen Klicks!", sagte Mervi und Lumi nickte bestätigend.
„Wenn die Band Erfolg haben sollte, sorgt ihr für alles PR-Technische!", lachte Suvi und die drei grinsten sich stolz an.
„Na Haber, schon Muffensausen?", erklang eine bekannte Stimme.
„Ach, guten Morgen Viivi! Darf ich dir meine Freunde vorstellen: Mervi, Lumi und Antti. Nein eigentlich gar nicht... und du?", fragte Suvi und klang dabei so fröhlich es ging. Vorsichtshalber stellte sie sich etwas vor die Kleinen. Viivi traute sie auch zu, Zweitklässler anzugreifen.
„Warum sollte ich Angst haben? Ich gewinne doch eh!", lachte Viivi und ihre Freunde fingen wie dressierte Affen an, mit zu lachen. Suvi verdrehte innerlich die Augen.
„Wenn du dir da so sicher bist...", sagte sie und lächelte absichtlich gestellt. „Im Gegensatz zu dir, kann ich ja singen!", lachte Viivi weiter.
„Ach so, und darum hat ein Video wo sie sing ja auch knapp eine Millionen Klicks mit über Neunhundertausend Likes? Weil sie ja nicht singen kann?", drängte Mervi sich an Suvi vorbei und streckte Viivi ihr Handy entgegen. Diese wurde etwas blass, kam aber nicht von ihrem Egotrip herunter.
„Wenn es so ein Video von mir gäbe, hätte es bestimmt schon mehr als vier Millionen Klicks.", sagte sie und Suvi grinste.
„Und dann vier Millionen Dislikes, oder wie?", grinste sie und Viivi wurde rot.
„Ihr werdet schon sehen!", sagte sie und stakste beleidigt davon.
„Wenn diese Pute die größte Konkurrenz ist, dann gewinnst du das Ding im Schlaf.", flüsterte Mervi und alle vier fingen an zu lachen. 

SEINE Tochter (Samu Haber)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt