Kapitel 4

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Samu sah seine Tochter an. Was sollte er tun, damit sie sich irgendwie näher kamen? Nun konnte er die Verantwortung an niemanden abtreten. Also musste er sich selber um seine Tochter kümmern.
„Suvi, du hast recht.", sagte Samu ehe er überlegen konnte, was genau er sagen wollte.
„Womit habe ich recht?", fragte Suvi und strich sich eine der blonden Strähnen aus dem Gesicht. Erst jetzt merkte Samu, wie ähnlich seine Tochter ihm sah. Sie hatte die gleichen blonden Haare und blauen Augen.
„Ich war irgendwie nie ein guter Vater... aber... also... ich... ach da gibt es nichts, was das entschuldigt! Es war nicht fair von mir. Deine Mutter konnte sich nicht um dich kümmern, und ich habe es schlicht und ergreifend nicht gemacht!", sagte Samu und ließ frustriert die Hände auf seine Beine fallen.
„Aha.", antwortete Suvi.
Theoretisch hätte sie ihm jetzt verzeihen können, aber es fiel ihm für ihren Geschmack etwas spät auf, was er getan hatte.
Samu stand auf. „Ich lasse dich mal etwas in Ruhe. Du solltest dich, glaube ich, etwas ausruhen...", sagte er und ging mit hängenden Schultern aus dem Zimmer. Suvi verstand seine Haltung. Immerhin, hatte er sich gerade bei ihr entschuldigt und eine ziemlich harte Abfuhr kassiert... Und trotzdem tat er Suvi nur ein kleines bisschen leid. Er war ziemlich mies zu ihr gewesen. Und das mindestens zwölf Jahre. Suvi war jetzt dreizehn und mit einem Jahr, hatte es sie noch nicht wirklich gemerkt. Zwölf Jahre sind eine verdammt lange Zeit und Suvi fand es nur gerecht, wenn ihr Vater merkte, dass es nicht ganz fair von ihm gewesen war.
Suvi starrte an ihre Decke und spürte wie Tränen ihre Wange hinunter liefen. Sie hatte ihre Mutter verloren und ihren Vater verletzt. Erst jetzt erkannte sie, dass ihre Mutter zwar nicht körperlich für sie da gewesen war, aber immer wenn sie aus ihrem Bett aufstand, hatte sie sich um Suvi gekümmert. Suvi hatte mit so gut wie allem zu Aliisa kommen können, und hatte meistens keinen Ärger bekommen. Und jetzt, war sie weg. Einfach nicht mehr da.

Samu lag wach in seinem Bett.
Es fühlte sich leer an so ohne Aliisa. Zwar hatten sie und er das letzte Mal vor anderthalb Monaten in einem Bett geschlafen, und trotzdem spürte er diese leere. Er hatte sie zwar wirklich schon lange nicht mehr geliebt wie vor der Geburt von Suvi, aber sie war immer noch die Mutter seiner Tochter. Und nun, war sie weg. Einfach aus seinem und ihrem Leben gerissen. Er würde Aliisa nie wieder sehen.
So lag er da und wälzte sich unruhig hin und her. So konnte das nicht weiter gehen! Er hörte Suvi vom Raum nebenan weinen und überlegte, ob er aufstehen sollte und versuchen sollte, sie zu trösten. Doch er entschied sich dagegen da er nicht wusste, wie er überhaupt anfangen sollte. Aber er konnte auch nicht in seinem Bett bleiben. Es fühlte sich falsch an. Kurzerhand nahm er seine Decke und sein Kopfkissen und trug es runter auf das Sofa. Dort griff er nach seiner Gitarre. Er hatte eine Idee, wie er Suvi wenigstens ein wenig trösten könnte. Er fing an zu singen:

Sometimes, our hearts get broken
But keep them open
'Cause when it comes
You can never be ready
(...)

Er wusste nicht, warum er ausgerechnet diesen Song sang. Aber es fühlte sich richtig an.
Suvi lag währenddessen in ihrem Bett und lauschte seinem Gesang. Tatsächlich beruhigte sie sich relativ schnell wieder. Es tat gut zu wissen, dass ihr Vater für sie sang. Sie wusste nicht, warum sie wusste, dass er für sie sang. Aber sie spürte es, tief in ihrem Herzen.

Am nächsten Morgen wachte Suvi mit einem brummenden Schädel auf. Es ging ihr schon viel besser und wärmer war ihr auch. Sie erinnerte sich an die Nacht und daran, dass ihr Vater noch fast eine Stunde für sie gesungen hatte. Sie setzte sich aufrecht hin und gähnte.
„Guten Morgen.", erklang eine Stimme von vor der Tür. Suvi erschrak.
„Papa, musst du nicht ins Studio? Ich meine, dafür bist du doch her gekommen.", fragte Suvi. Samu drückte die Klinke der Türe nach unten und trat ein.
„Stimmt. Ich muss eigentlich zu den anderen. Und Osmo wird mich vermutlich auch dafür umbringen, dass ich nicht komme. Und wenn Osmo es nicht tut, dann macht Sami das. Aber es gibt Dinge, die wichtiger sind.", sagte er und lehnte sich gegen den Türrahmen. „Ich habe mir heute den Tag für dich frei genommen.", sagte er und wartete auf eine Reaktion.
Doch Suvi sah ihn nur an. „Du hast... was getan?", fragte sie perplex.
„Ich. Habe. Mir. Für dich. Frei genommen.", sagte Samu langsam.
„Für mich?" fragte Suvi leise. Ihr Vater nickte langsam. Suvi sah auf ihre Decke. Vielleicht war ihr Vater doch gar nicht so blöd...
Auf einmal spürte sie wie sich jemand auf ihrem Bett niederlies.
„Suvi?", fragte er vorsichtig.
„Hm?"
„Ich weiß, wir hatten nie eine enge Bindung. Aber es tut mir aufrichtig leid. Ich habe nie darüber nachgedacht, wie das für dich sein musste. Ich möchte dich gerne besser kennen lernen. Es ist nur so... ich weiß nicht, ob du das willst...", sagte er und sah sie erwartungsvoll an.
„Soll ich ehrlich sein?", fragte Suvi und Samu nickte obwohl er nicht sicher war, ob er die ehrliche Antwort tatsächlich haben wollte. „Ich weiß es nicht."


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Hallo Leute, 
Ich wollte auch hier nur einmal kurz sagen, dass das hier das letzte Kapitel für die Weihnachtstage ist. Danach geht es wieder weiter aber an den Weihnachtstagen werde ich nicht dazu kommen zu schreiben. 
Ich wünsche euch und euren Familien ein frohes und schönes Weihnachtsfest und bleibt alle gesund!
Thi <3

SEINE Tochter (Samu Haber)Where stories live. Discover now