Kapitel 54

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Seit gut zwanzig Minuten fuhren sie durch Köln und Suvi hatte total die Orientierung verloren. Sie hatte Angst. Angst vor dem was mit ihr geschehen würde, Angst was in dem Brief für ihren Vater stand und Angst vor dieser Frau. Sie lehnte ihren Kopf an die Fensterscheibe und starrte nach draußen. Plötzlich bog das Auto um eine Kurve und dann hielt es. Sie waren an der angekündigten Fabrik angekommen.

Samu stand derzeit auf der Bühne, sang und dachte nach. Er machte sich Sorgen. Natürlich wusste er, dass er es jetzt nicht mitbekäme, wenn Suvi ins Publikum ging, oder in den backstage Bereich ging, aber er machte sich trotzdem Sorgen. Aber dafür hatte er im Moment keine Konzentration. Er musste sich auf das Singen und Spielen konzentrieren.
Verdammt Haber! Wenn Suvi sagt, es geht ihr nicht gut, dann geht es ihr nicht gut! Das akzeptierst du jetzt! Diese Menschen haben Geld ausgegeben um die jetzt singen zu sehen, und du bist nicht einmal richtig bei der Sache! Reiß dich gefälligst zusammen! Tom hat recht. Suvi ist keine zwei mehr und wenn sie mir vor so einem Weib retten kann, dann kann sie sich auch selber retten! Herr im Himmel! Konzentrier dich!, dachte er als Riku eines seiner epischen Solos spielte. Er lief zurück zum Mikro und war jetzt wieder voll bei der Sache. Leider war seine Sorge berechtigt gewesen...

Suvi kniete oberkörperfrei und gefesselt auf dem Boden in einer grauen Halle. Die graue Halle war in einer verlassenen Fabrik, welche irgendwo im Nirgendwo in Köln war. Hinter Suvi stand die Frau und hatte einen Gürtel in der Hand. Mit diesem Gürtel hatte schon dreizehn Mal auf Suvi eingeschlagen. Noch siebenundzwanzig Schläge fehlten. Suvi biss die Zähne zusammen. Der Schmerz auf ihrem Rücken war fast nicht zum Aushalten, aber sie weigerte sich ihn heraus zu weinen. Diese Genugtuung wollte sie der Frau nicht bieten.
„Willst du nicht weinen, Schätzchen?", fragte die Frau und hob den Gürtel wieder. Sie ließ ihn auf Suvis Rücken schnellen und hinterließ dort eine blutige Schramme. Suvi wollte aufschreien, tat es aber nicht. Wieder biss sie die Zähne zusammen und eine einzelne Träne trat aus ihren Augen.
„Bist du noch bei Bewusstsein?", fragte die Frau und ließ den Gürtel noch einmal auf Suvi schnellen. Als das Mädchen zusammenzuckte, lachte die Frau auf.
Lass es einfach über dir ergehen, Suvi! Du kannst dich ohnehin nicht wehren. Tu es für deinen Vater. Du weißt nicht, was sie mit ihm vorhat, aber vielleicht wird es nicht so schlimm, wenn du dich einfach fügst., redete Suvi sich ein und der Gürtel traf sie an der Schulter.
„Wie viele haben wir schon?", fragte die Frau und lachte.
„Fünfzehn Mal.", sagte Suvi leise, damit man das Zittern ihrer Stimme nicht hörte.
„Ich kann dich nicht hören!", flötete die Frau und holte noch einmal mit dem Gürtel aus.
Suvi wartete den Schlag ab und sagte dann lauter: „Sechzehn Mal."
Sofort nach dem sie es gesagt hatte, biss sie die Zähne wieder zusammen und atmete kontrolliert aus. Sie wollte und würde nicht einknicken. Die Frau ging um Suvi herum und ließ den Gürtel beim Gehen auf ihren Arm schnellen. Suvi zuckte zusammen gab aber keinen Muchs von sich.
„Du bist stärker als ich dachte.", sagte die Frau und ließ den Gürtel auf den anderen Arm sausen, und auch dort bildete sich eine blutige Schramme. Zwei Mal schlug sie Suvi noch auf die Arme, dann rollte sie den Gürtel ein und sagte:
„Die anderen zwanzig Schläge hebe ich mir noch auf. Komm."
Suvi stand auf und folgte der Frau in einen kleinen Raum. Dort stand ein Stuhl, und die Frau deutete darauf.
„Hinsetzen!"
Suvi tat wie es ihr gesagt wurde und die Frau fesselte sie an den Stuhl.
„Ich komme bald wieder, aber ich muss mit meinem Kontaktmann telefonieren. Die Flucht ist übrigens zwecklos. Carlos steht dort in der Ecke.", erklärte die Frau und tatsächlich trat Carlos ins flackernde Licht.
„Eine Frage habe ich noch.", sagte Suvi ehe die Frau den Raum verließ.
„Gut, eine Frage will ich dir erlauben.", gab die Frau gutmütig zurück.
„Wie heißen Sie?", fragte Suvi und sah die Frau eindringlich an.
„Nenn mich Charlott."

Das Konzert war derzeit schon fast vorbei und die Band spielte noch eine letzte Zugabe. Dann verließen sie unter tosendem Applaus die Bühne. Doch Samu bekam davon nichts mit. Er war in die Umkleide gestürmt und sah sich um. Keine Suvi.
„Hapa, entspann dich!", forderte Riku seinen Kumpel auf, doch dieser ignorierte es einfach und zog sein Handy aus der Hosentasche und sah drauf. Keine weitere Nachricht. Plötzlich fiel ihm ein Brief zwischen seinen Klamotten auf. Er griff danach und öffnete ihn. Nach dem er den ersten Satz gelesen hatte, schmiss er den Brief frustriert weg.
„Was?", fragte Riku und hob den Brief auf. Laut las er den ersten Satz vor:
„Lieber Samu, wenn du deine Tochter je wieder sehen willst, solltest du tun, was ich verlange."

SEINE Tochter (Samu Haber)Kde žijí příběhy. Začni objevovat