Kapitel 69

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Einige Tage später wurde Samu zwar entlassen, musste aber zur Kontrolle jeden zweiten Tag zum Arzt. Jetzt saßen Suvi und er am Esstisch und Suvi stocherte lustlos in ihrem Essen herum. In den letzten Tagen hatte sie nur gefrühstückt und dann auch nur einen Apfel gegessen. Dadurch hatte sie einen extremen Gewichtsverlust erlitten und sah auch insgesamt sehr mager aus. Das war auch Samu aufgefallen und er machte sich Sorgen. Suvi wollte ihren Teller gerade wieder weg schieben, da haute er mit aller Wucht auf den Tisch.
„So jetzt reicht es mir!", rief er und Suvi zuckte zusammen. „Du stehst nicht auf, ehe du nicht den Teller mindestens leer gegessen hast!", rief er und schob ihr den Teller zurück.
„A-", wollte Suvi protestieren, doch Samu schüttelte den Kopf.
„Essen. Ich weiß, dass du kaum gegessen hast als ich im Krankenhaus war. Du bist nur noch Haut und Knochen! Das ist nicht gesund, Suvi. Iss jetzt.", sagte er und Suvi schnaubte. Trotzdem bemühte sie sich, dass Essen in sich hinein zu bekommen.
„Ich kann nicht mehr Papa!", beklagte sie sich, doch Samu schüttelte nur den Kopf. „Wenn ich gleich auf den Tisch kotze, ist es deine Schuld!", rief sie und nahm noch einen Bissen.
„Solange du nicht auf meinen Teller kotzt, soll mir das egal sein.", sagte Samu und Suvi musste ein Kichern unterdrücken. Tatsächlich schaffte sie es, den ganzen Teller Kartoffelpüree mit Spinat und Fischstäbchen herunter zu zwingen. Ihr war kotzübel, aber Samu war zufrieden.
„Und wenn ich das jeden Abend machen muss, aber du isst ab jetzt mehr. Ob du willst oder nicht.", sagte er und Suvi seufzte. Sie wusste ja, dass er ihr nur helfen wollte. Daher war sie auch nicht sauer auf ihn, obwohl sie sich so etwas eigentlich ungerne gefallen lies.
Tatsächlich zwang Samu sie die nächsten Abende zum Essen. Aber langsam kehrte auch ihr Appetit wieder zurück.
Auch in der Schule funktionierte wieder alles einwandfrei und sie wurde tatsächlich sogar recht beliebt. Zu Auseinandersetzungen zwischen ihr und Viivi kam es immer seltener und schließlich ließ sie Suvi auch ganz in Ruhe.
So verging die Zeit, Moonset schrieb fleißig Songs und spielte kleine Konzerte, bis zu ihrem Geburtstag, im November, wo Samu ihr und den beiden Bands einen Urlaub nach China schenkte, weil er wusste, wie gerne sie China sehen wollte. Der Urlaub war zwar erst im Sommer, aber auch nur, weil man dann besser alles Mögliche sehen konnte. Nach dem Urlaub ging es wieder ganz normal weiter. Suvi und Nick kamen sich immer näher, aber da er nun volljährig war, war an eine Beziehung nicht zu denken. Auch dieses Jahr verging und alles bekam eine gewisse Routine. Bis zu Suvis achtzehntem Geburtstag...

„Happy Birthday!", rief Samu und Suvi schrak aus ihrem Schlaf. In ihrem Zimmer standen Samu, Nick, Riku und Phil und grinsten ihr entgegen.
„Spinnt ihr denn?", fragte Suvi lachend und stand auf. Sie nahm ihren Vater in den Arm und er drückte sie an sich.
„Alles Gute zum Geburtstag, mein Schatz.", sagte er und Suvi lächelte.
„Danke, Papa.", Dann nahm sie auch Riku und Phil in den Arm. Nick verhielt sich allerdings etwas seltsam, und das spürte Suvi. Er führte irgendetwas im Schilde.
Nach einem großen Frühstück gingen alle fünf in einen großen Park wo bereits der Rest der beiden Bands wartete. Auch Lumi, Antti und Mervi waren da.
„Nun macht es aber nicht so spannend!", beklagte Suvi sich, doch alle grinsten nur. Sie bogen um eine Ecke und es verschlug Suvi die Sprache. „Ihr habt doch nicht... also... machen wir?", stotterte sie und Samu lachte.
„Ja, wir geben jetzt alle zusammen ein Geburtstagskonzert!", grinste er und Suvi quietschte vor Vergnügen. Vor ihnen war eine Bühne aufgebaut und viele Leute standen herum. Die Musiker betraten die Bühne während die drei Nicht-Musiker ihre Ehrenplätze direkt vor der Bühne einnahmen. Samu wartete kurz bis alle leise waren und begann mit einer epischen Rede:
„Heute vor achtzehn Jahren, war ich extrem überfordert mit allem. Ich bekam eine Tochter und war alles andere als bereit dafür. Ich war dreizehn Jahre lang extrem überfordert. Anfangs, ging es ja eigentlich noch ziemlich klar, ich konnte mich sowohl um Suvi, als auch um meine Band kümmern, aber irgendwann klappte es nicht mehr. Ich musste mich für eines entscheiden. Und das habe ich. Ich habe Suvi im Stich gelassen und es tut mir von ganzem Herzen leid.
Als Aliisa dann starb, sollte ich von Null auf Hundert ein Vater sein und ich sage mal so; die Tatsache, dass Suvi sich fast umgebracht hätte, spricht ziemlich für sich. Aber irgendwie habe ich dennoch die Kurve gekriegt. Ich habe versucht Suvi so gut es eben ging ein guter Vater zu sein.
Ich weiß nicht, wie sie das sieht, aber wenn ich mir jetzt ansehe, zu was für einer wundervollen Frau sie geworden ist, kann ich zu mindestens nicht komplett versagt haben. Ich bin wahnsinnig stolz auf dich und werde es immer sein. Du bist so wunderschön, schlau und musikalisch geworden und das sehe ja nicht nur ich so. Ich habe dich lieb und daran wird sich nichts ändern. Auch wenn du jetzt erwachsen bist, hoffe ich, dass sich zwischen uns wenig bis am liebsten gar nichts verändert.
Du bist die wundervollste Tochter, die ein Vater sich wünschen kann. Happy Birthday, Suvi."

Suvi hatte Tränen in den Augen. Sie stand mit ihrer Gitarre in der Hand neben ihrem Vater und versuchte die Tränen in ihr zu unterdrücken. Es klappte allerdings nicht. Die ersten Freudentränen kullerten über ihre Wange und Samu legte die Gitarre weg. Er ging auf Suvi zu und nahm sie in den Arm. Sofort erwiderte sie die Umarmung. Das Publikum jubelte und machte Fotos. Dann begann die Musik, und Samu ließ seine Tochter wieder los.
„Ich habe dich auch lieb, und du bist der beste Vater, den man sich vorstellen kann.", flüsterte sie und ging zum Mikrofon.
„Nicht, dass wir das geprobt hätten, aber hier ein Song für den besten Vater dieser Erde! By your side!"s rief sie und sofort änderte sich die Melodie und Suvi fing an zu singen. Nach einiger Zeit stimmte Samu ein und sie sangen gemeinsam.

Den ganzen Vormittag gaben sie einen Song nach dem Anderen zu ihrem Besten und es kamen immer mehr Leute. Doch irgendwann verabschiedeten sie sich und gingen von der Bühne. Natürlich mussten dann noch Fotos gemacht und Autogramme gegeben werden, aber es machte Suvi spaß.
„Ich glaube, ich hatte noch nie so viele Gäste an meinem Geburtstag!", lachte sie zu Nick und dieser lachte ebenfalls.
Was hat der denn nur? Der ist schon den ganzen Tag so seltsam..., überlegte sie, aber da kam ein kleines Mädchen und drückte ihr ein Stoffpanda in die Hand.
„Alles Gute zum Geburtstag. Du bist übrigens mein Vorbild...", sagte die Kleine und sah verlegen zu Boden. Suvi lächelte und hob das Mädchen hoch.
„Es ist mir eine Ehre.", sagte sie und eine Frau und Mervi machten einige Fotos. Mervi, Lumi und Antti waren tatsächlich zu den Medienbeauftragten von Moonset geworden und nahmen ihren Job sehr ernst und machten ihn auch sehr gut.
„Danke, für den Panda. Das sind meine Lieblingstiere.", bedankte Suvi sich bei dem Mädchen und ließ sie wieder herunter.
„Bitte.", rief diese und rannte überglücklich zu ihrer Mutter zurück. Suvi blieb lächelnd stehen, bis jemand sie zu sich zog und sie mit ihrem Vater einige Fotos machte.
Nachdem jeder ein Autogramm bekommen hatte, verabschiedeten sich die Musiker und fuhren zu einem China-Restaurant.
„Uii! Mein Lieblings-Restaurant!", freute Suvi sich und Samu nickte.
„Bedank dich bei Aare und Markku. Die haben dafür gesorgt, dass wir einen Tisch bekommen habe!", lachte er und Suvi drückte erst Aare und dann Markku einen Schmatzer auf die Wange.
„Ihr seid allesamt die Besten!", rief sie und alle lachten.
Nach dem Essen fuhren sie an den Hafen wo irgendwer ein Hausboot gemietet hatte.
„Nicht euer Ernst?", rief Suvi als sie das erfuhr.
„Oh doch! Wir übernachten heute alle auf dem Hausboot!", rief Phil und Suvi hüpfte herum vor Freude.
„Das wollte ich schon immer einmal machen!", freute sie sich und betrat als erste das Boot. Es war sehr schön eingerichtet und das beste war, unter Deck gab es einen Pool aus Glas. Das hieß, wenn man dort badete, konnte man gleichzeitig Fische beobachteten. Samu steuerte das Boot von der Küste weg, bis man kein Land mehr sehen konnte. Dann ging er zu den anderen die im Wohnzimmer saßen und redeten.
„Wer kommt mit in den Pool?", rief Suvi plötzlich und alle riefen:
„Ich!"
Sie lachte auf und rannte nach unten. Der Pool war größer als sie erwartet hatte und schon bald waren alle klatsch nass.
„Schaut mal da, ein Fischschwarm!", freute Osmo sich und alle tauchten unter, um die Fische besser sehen zu können.
Nach dem Baden gab es Essen und es wurden noch sämtliche Teile von ‚Pirates oft he Caribbean' geguckt. Zwar konnte Suvi die Texte schon so gut wie auswendig, aber es war trotzdem wunderschön. Während des Filmes saß Suvi neben ihrem Vater und Nick. Sie lehnte an Samus Schulter als plötzlich etwas ihre Hand berührte. Sie hob den Kopf etwas und sah, dass Nicks Hand an ihre gestoßen war. Er wollte seine Hand gerade wieder zurück ziehen, aber Suvi legte ihren kleinen Finger darauf. Ein Kribbeln durchzuckte ihren Finger, doch sie zog ihn nicht weg.
Als sie fertig waren, war es mitten in der Nacht und alle gingen auf ihre Zimmer, um zu schlafen.
Suvi lag in ihrem Bett und dachte noch einmal über den gesamten Tag nach, als es plötzlich klopfte.
„Ja?", fragte sie leise und die Türe öffnete sich. Herein trat Nick. Verlegen sah er zu Suvi. „Hallo, Nick. Komm rein.", forderte sie ihn lächelnd auf.
„Kann ich... kann ich kurz mit dir reden?", fragte er schüchtern.
„Klar. Wollen wir auf den Balkon gehen?", fragte Suvi und Nick nickte. Suvi öffnete die Glastüre und trat auf den Balkon. Nick trat neben sie und lehnte sich an das Geländer. So standen sie eine Weile einfach da und starrten auf das Meer.
„Suvi ich...", hob Nick an und Suvi wandte sich zu ihm. Sie sah ihm in die grünen Augen und eine Gänsehaut jagte ihren Rücken herunter. „Es ist nur so...", fuhr er fort und kam ein wenig näher an Suvi heran. Auch sie rückte näher zu ihm und schon standen sie so nah beieinander, dass kaum noch ein Papier zwischen sie gepasst hätte. Suvi sah zu Nick hoch und spürte seine Ungewissheit.
„Ich... ich liebe dich.", flüsterte er und schloss den Abstand zwischen ihnen.    

SEINE Tochter (Samu Haber)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora