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Jungkook

Seit Tae mir von dem Unfall erzählt hatte, war mittlerweile eine Woche vergangen.

Eine Woche, in der wir wirklich viel redeten, aber auch einfach nur zusammen waren. Der Ältere hatte mir von seiner Angst davor erzählt, dass ich ihn nicht mehr mögen könnte, wenn ich seine Geschichte kannte, aber das Gegenteil war der Fall. In meinen Augen wurde er eine noch stärkere Person als die, für die ich ihn sowieso schon gehalten hatte. Ich konnte mir nicht ansatzweise vorstellen, wie das in den letzten Jahren für ihn gewesen sein musste und es tat mir weh, dass er das Alles ertragen musste. Und ich schwor mir, dass ich das niemals wieder zulassen würde.

Taehyung sollte nie wieder so leiden müssen.

In der Schule gingen wir uns die meiste Zeit über aus dem Weg und doch konnten wir beide nicht dagegen ankämpfen, immer wieder zu dem jeweils Anderen rüber sehen zu müssen. Jedes Mal, wenn ich seine Augen sah, schlug mein Herz mir bis zum Hals und ich musste mir das Grinsen verkneifen, denn sonst hätten alle anderen mich wahrscheinlich für einen Spinner gehalten, der ohne Grund lächelt. Gruselig.

Es klingelte gerade zur Pause und ich ging zusammen mit allen anderen raus. Im Flur wartete Jiyong schon auf mich, den ich komischerweise nach seinem Auftritt an meiner Tür nicht mehr gesehen hatte, auch in der Schule nicht. Nicht, dass ich das großartig schlimm fand, aber seltsam war es schon. Ich hatte es immer noch nicht geschafft, allen mein wahres Ich zu zeigen, aber das war ohne Ji ja auch nicht nötig. Deshalb war ich auch nicht allzu begeistert, als er grinsend auf mich zukam und die Hand ausstreckte, um einzuschlagen. Ich erwiderte notgedrungen, hielt aber Ausschau nach Taehyung.

Schon seltsam. Sonst hielt ich immer Ausschau danach, dass niemand etwas von Tae und mir mitbekam und nun war es andersrum.

„Yo, Kooks! Was geht?“, schlug Jiyong dann auch ein und das verdammt fest. Meine Handfläche pulsierte beinahe sofort und ich rieb sie unauffällig an meiner Hose. „Nichts. Wo warst du die ganze Zeit?“, gab ich zurück und wir machten uns auf den Weg nach draußen. Taehyung stand mit Yoongi und Jimin bei den Bänken und sie unterhielten sich über irgendwas, was ich natürlich nicht verstehen konnte. Auch Jiyong redete über etwas, aber ich hörte ihm nur halbherzig zu. Irgendwas über ein Mädchen, mit dem er was hatte und wie 'geil' es doch gewesen war. Allerdings zog Jiyongs nächster Satz dann doch meine Aufmerksamkeit auf seine Person.

„Also, hast du dir schon was Nettes für unsere kleine Schwuchtel ausgedacht? Wird langsam Zeit, dass wir uns revanchieren“, meinte er, sah mit einem angewiderten Gesichtsausdruck zu den Dreien rüber und spuckte auf den Boden. „Nein, hatte zu tun“, gab ich bemüht gelangweilt zurück, innendrin sah es aber ganz anders aus. Erstens, weil ich mich mittlerweile mit ihnen angefreundet hatte und zweitens, weil es einfach falsch war. Ich wollte bei sowas nicht mehr mitmachen, wusste aber nicht, wie ich Jiyong das klar machen sollte, ohne dass er direkt auf mich losgehen würde.

Leider fiel mir aber nichts anderes ein, als so zu tun, beschäftigt zu sein. „Scheiße, ich muss noch was erledigen!“, sagte ich deshalb schnell und rannte schon fast wieder ins Gebäude zurück. Mir war unglaublich schlecht und ich schwitzte ungemein, denn ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich konnte Jiyong nicht auf Jimin losgehen lassen, geschweige denn da mitmachen. Ich konnte aber auch nicht so tun, als wüsste ich nichts davon. Ich stand mit dem Rücken zur Wand, denn ich war mit meinem Latein völlig am Ende. Was ich allerdings wusste war, dass Jiyong unberechenbar war und ich irgendwie verhindern musste, dass irgendetwas passierte.

Ich warf mir einen Schwung Wasser ins Gesicht und trocknete mir die Hände ab, als die Tür geöffnet wurde und Jimin reinkam. „Oh, hey Jungkook! Alles okay bei dir?“, begrüßte er mich und lächelte freundlich, aber ich bekam kein einziges Wort heraus. Musste ich aber auch nicht, denn nichtmal fünf Sekunden später ging die Tür wieder auf und Jiyong stand fies grinsend im Türrahmen, bevor er ganz reinkam und die Tür zusperrte. „Na, sieh' mal einer an, wen haben wir denn hier? Sieht aus, als könnten wir uns doch revanchieren. Gut gemacht!“, klopfte er mir auf die Schulter, ging aber dann an mir vorbei und packte Jimin blitzschnell im Nacken, bevor er eine Kabinentür auftrat und Jimin hineinschubste. Ich stand wie zu Eis gefroren vor dem Waschbecken. Kein Muskel wollte sich rühren und mein Herz raste schmerzhaft schnell. Als ich aber hörte, wie Jiyong „Zeit, ein bisschen tauchen zu gehen. Tiiiief Luft holen!“, sagte, strömte ein starker Impuls durch meinen Körper und ich setzte mich wie ferngesteuert in Bewegung.

Das durfte einfach nicht passieren.

Nie wieder.

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Das waren schonmal drei Kapitel zum Wiedereinstieg. Ab jetzt geht es hier regelmäßig weiter :)
❤️

Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Where stories live. Discover now