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Taehyung

„Jungkook, du musst mich wirklich nicht nach Hause bringen, das ist nicht nötig“, sagte ich nun schon zum dritten Mal, aber mein Mitschüler schien plötzlich taub geworden zu sein, denn er ignorierte was ich sagte und lief einfach stumm neben mir her. Es war mir wirklich unangenehm, dass er sich einfach nicht abwimmeln ließ, denn ich wollte auf keinen Fall, dass er sah, wo und wie ich wohnte. Ganz zu schweigen davon, dass er auf meinen Vater treffen würde...

Ruckartig blieb ich stehen und schnaubte verärgert. „Würdest du mir mal antworten? Ich weiß ja, dass man mich gerne mal übersieht, aber du läufst neben mir her, als würde ich gar nicht existieren!“, meckerte ich und nun blieb auch Jungkook endlich stehen und sah mich erstaunt an. „Ich weiß, dass du existierst, Taehyung. Wäre es nämlich nicht so, würde sich jetzt niemand darüber aufregen, dass ich nett sein und ihn nach Hause begleiten will“, antwortete er, als wäre es selbstverständlich gewesen.

Vielleicht war es das auch, aber ich war es nunmal nicht gewohnt, dass mir jemand half. „Zieh' nicht so ein Gesicht, sonst bleibt das so“, setzte er nach und wedelte mit seinem Zeigefinger vor meinem Gesicht herum. Ich musste unwillkürlich grinsen, denn den gleichen Satz hatte meine Mutter immer zu mir gesagt, wenn ich mal wieder grübelnd über irgendwelchen Rätseln saß und meine Stirn in Falten legte. Leicht schlug ich gegen seine Hand und sagte schmunzelnd: „Lass' das“, was auch ihn zum Lachen brachte.

Es klang schön, so klar und herzlich.

Ein warmer Schauer durchfuhr meine Brust und mein Herz begann, einen Takt schneller zu schlagen. Das hatte ich sonst nur, wenn ich Angst hatte, deshalb fasste ich mir an die Brust und schluckte trocken. Die Stimmung zwischen uns kippte und ich konnte sehen, dass er ebenso schluckte, als er mich ansah. Keiner sagte mehr etwas und es wurde unglaublich still. So still, dass ich glaubte, mein Herz schlagen zu hören. Bis mein Handy wieder anfing zu klingeln und ich vor Schreck die Tüte mit den Lebensmitteln fallen ließ. Sofort griff ich nach meinem Handy und sah auf das Display.

„Scheiße“, stieß ich aus und ging dran

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„Scheiße“, stieß ich aus und ging dran. Sofort brüllte er durch den Hörer, sodass Jungkook ihn auch hören konnte und ich drehte mich weg. Ich wollte nicht sehen, wie er darauf reagierte und so hatte ich irgendwie das Gefühl, als könnte er es nicht mehr ganz so laut hören. „Ja, Appa... Ja, ich habe etwas zu tri-... Ja, ich bin auf dem Weg na-... Ja“, versuchte ich, zu antworten, aber mein Vater ließ mich überhaupt nicht zu Wort kommen. Am Ende brüllte er nurnoch „Ich gehe jetzt. Wenn ich wiederkomme, steht gefälligst was zu Essen auf dem Tisch und du hast dich unsichtbar gemacht“, bevor er einfach auflegte.

Ich atmete zittrig aus und versuchte, die Tränen zurück zu halten, die mir in die Augen stiegen und meine Sicht verschwimmen ließen. Deshalb bekam ich nicht wirklich mit, dass Jungkook irgendwann neben mir stand. Erst als er seine Hand auf meine Schulter legte, wischte ich mir schnell über die Augen, aber Jungkook hielt mein Handgelenk fest und legte einen Arm um meine Schultern. „Hör' auf, dich vor mir zu verstecken, Taehyung. Du darfst weinen, das ist menschlich... Gerade in deiner Situation“, sagte er sanft und in mir brach etwas zusammen.

Ich konnte es nicht mehr aufhalten und zitterte am ganzen Körper, während meine Wangen von meinen Tränen durchnässt wurden und ich unkontrolliert schluchzte. Nur weinte ich nicht wegen der Situation mit meinem Vater, sondern weil Jungkook es wusste. Er wusste, wie es mir ging und das war genau das, was ich niemals wollte. Ich war zufrieden damit, unsichtbar im Schatten zu sein, aber mit einem Satz hatte Jungkook mich ins Licht gezerrt. Er sah mich, obwohl ich mich versteckte und das war mir für diesen Moment zu viel.

„I-Ich muss gehen...“, schluchzte ich und wollte nach der Tüte greifen, die ich hatte fallen lassen, aber sie lag nicht mehr auf dem Boden. Jungkook hielt sie in der Hand und drehte sich zur Seite. Dabei glitt sein Arm von meinen Schultern und die Wärme verschwand. „Dann los“, sagte er noch und setzte sich in Bewegung...

Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Onde as histórias ganham vida. Descobre agora