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Taehyung

Eine Woche war vergangen und ich lag noch immer im Krankenhaus.

Durch die Tritte meines Vaters hatte ich mir innere Verletzungen zugezogen. Ich hatte eine starke Rauchvergiftung, weshalb ich verdammt lange mit diesem blöden Schlauch in der Nase rumlaufen musste und eine weitere Brandnarbe zierte meinen Körper, diesmal aber meinen Unterarm. Jungkook hatte ebenfalls eine Narbe davongetragen und sagte mir immer, wenn ich deshalb wieder traurig wurde, dass wir nun wenigstens im ‚Partnerlook' herumlaufen konnten.

Generell war er mir nur sehr selten von der Seite gewichen und sorgte die ganze Zeit über dafür, dass ich das, Zitat: „Nach alter Pappe" schmeckende Essen nicht ertragen musste. Jeden Tag brachte er mir etwas anderes zu Essen mit und lenkte mich durchgehend mit irgendetwas ab. Manchmal kam es sogar vor, dass er neben mir im Bett einschlief und die Krankenschwestern, die wohl einen Narren an mir gefressen hatten, drückten immer wieder ein Auge zu.

Doch so sehr er sich auch bemühte, wenn ich nachts allein war, konnte ich meine Gedanken nicht daran hindern, dauernd laut gegen meinen Kopf zu hämmern. Jin bemühte sich schon die ganze Woche darum, die Vormundschaft für mich zu bekommen und suchte sogar nach einer neuen Wohnung, damit ich nicht mehr in dem Haus leben musste, an dem so viele schlechte Erinnerungen hingen. Ich war ihm wirklich dankbar dafür, aber es machte mir Angst, nicht mehr bei meinem Vater zu leben. Ihn nicht mehr sehen zu können und nicht mehr zu wissen, wie es ihm ging.

Die Anderen verstanden es nicht, denn sie sahen nur, wie gewalttätig und böse er war, aber sie kannten ihn eben nicht so, wie ich ihn kannte. Ich wusste immer, dass es nicht er war, der mir all diese Dinge antat, sondern der Alkohol. Dieses Teufelszeug machte aus ihm dieses Monster, das meinen Vater gefangen hielt und den Schlüssel weggeworfen hatte. Und nun sollte mein Vater in einer Gefängniszelle sitzen...

„Hey! Ich hab' heute kein Sushi bekommen, der Laden hat geschlossen. Aber ich dachte, du hättest stattdessen vielleicht Lust auf Kimbap? Ich habe welche mit Thunfisch, Karotte, Spinat, Ei...", zählte Jungkook auf, nachdem er am Morgen reingelaufen kam. Er stellte eine ziemlich große Tüte auf den kleinen Tisch, daneben Getränke und eine kleinere, weiße Schachtel. Ich hatte zwar Hunger, aber allen voran musste ich dringend mal duschen und da der Arzt es mir bei der Visite endlich erlaubt hatte, konnte ich es kaum erwarten.

„Jungkook?", unterbrach ich den Redefluss des Dunkelhaarigen und er sah mich nach einem kurzen „Hm?", auch endlich mal an. „Ich würde gern duschen gehen", gab ich zurück und setzte mich auf die Kante des Bettes. „Oh, darfst du endlich? Gut, dann stinkst du wenigstens nicht mehr so", lachte er und wedelte übertrieben mit seiner Hand vor seinem Gesicht herum. „Ha ha, sehr witzig. Aber ich brauche Hilfe", schob ich noch nach und Jungkook ging schon zur Tür. „Okay, Ich hole eine Schwester", erklärte er und wie aus der Pistole geschossen, schrie ich schon fast: „NEIN!", was den Jüngeren sofort stocken ließ. „K-Kannst du mir nicht helfen? Ich will nicht nackt vor einer Fremden stehen...", murmelte ich dann kleinlaut und konnte spüren, dass mir die Hitze in die Wangen schoss. Jungkook hustete kurz, sammelte sich aber schnell wieder und ich konnte sehen, dass er sich zusammenriss.

„Okay. Also... Ehm, ich hole deine Sachen und ein Handtuch. Schaffst du es allein ins Bad, oder soll ich dich tragen?", wollte er wissen und ich testete es sofort, indem ich langsam aufstand. Zwar klappte das an sich gut, aber ich war durch das lange Liegen noch etwas wackelig auf den Beinen.

Kurze Zeit später standen wir im angrenzenden Bad und zu sagen, dass die Situation seltsam war, wäre wirklich untertrieben gewesen. Für mich jedenfalls, denn Jungkook zögerte nicht und legte seine Hände um meinen Hals, ehe er die Bänder meines Krankenhaushemdes öffnete und es langsam nach vorn über meine Schultern zog. Bevor er es aber ganz über meinen Oberkörper striff, sah er mich besorgt an. „Alles in Ordnung? Ich kann die Augen auch einfach schließen, aber dann wird das mit der Hilfe schwierig", schmunzelte er und erst da merkte ich, dass mein kompletter Körper sich angespannt hatte. Ich atmete zittrig aus und versuchte, mich zu entspannen, aber so richtig funktionieren wollte es nicht.

„Hey, Tae...", fing der Dunkelhaarige an und legte seine Hand um mein Kinn. „...du kannst mir vertrauen, okay? Du bist wunderschön, sowohl von innen, als auch von außen und es gibt nichts auf der Welt, das etwas daran ändern könnte", sprach er zu Ende und ich schluckte. Seine Stimme klang so liebevoll, dass ich mich wieder etwas entspannte. Zwar war es mir noch immer nicht so ganz geheuer, aber ich nickte zögerlich. „O-Okay..."

„Gut, du stinkst nämlich", grinste Jungkook und platzierte einen kurzen Kuss auf meiner Wange, ehe er mir das Hemd komplett auszog, gefolgt von dieser zwar bequemen aber furchtbar unpraktischen Netzunterhose. Mein Gesicht war sicher feuerrot in diesem Moment und ich bekam eine Gänsehaut, aber zum ersten Mal, wollte ich nicht einfach wegrennen.

Dem Jüngeren dabei zuzusehen, wie er sich konzentriert daran machte, das Wasser richtig einzustellen und wie er die frischen Sachen ordentlich auf den Toilettendeckel legte, hatte zusätzlich etwas sehr Beruhigendes an sich. Er gab mir zu keiner Zeit das Gefühl, dass an mir irgendetwas schlecht war und dafür war ich ihm wirklich unheimlich dankbar. Meine Mundwinkel zuckten nach oben, als der Jüngere mich in die Dusche schob und mich dabei leicht kitzelte, ehe er auch schon damit anfing, mich zu waschen. Gerade als er dabei war, meine Haare einzuschäumen, packte mich ein Reflex und ich schlang meine Arme um seinen Hals.

Jungkook quiekte kurz auf, legte seine Arme dann aber um meinen Rücken und stützte sein Kinn auf meiner Schulter ab. „Danke... für alles", flüsterte ich und Jungkook atmete tief durch. 

„Immer, Tae. Immer..."

Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Where stories live. Discover now