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Jungkook

Wofür Taehyung den Alkohol kaufen wollte, war mir sofort klar. Und ich wusste auch, dass seine Panik nicht daran lag, dass sein Vater es nicht schaffte. Ich hatte den Mann ja bereits kennengelernt. Andersrum konnte ich aber auch verstehen, dass er mir davon nicht erzählen wollte. Ich wusste nichtmal, ob ich an seiner Stelle überhaupt irgendwas gesagt hätte. Aber dass er mich um Hilfe bat bedeutete, dass es dringend war und deshalb tat ich es einfach.

Und ich war es ihm ja schuldig.

Ich suchte gerade nach meinen Lieblings-Bonbons, als mich jemand an der Schulter antippte. Ich dachte erst, es wäre Taehyung, der mir das Geld zurück geben wollte, als ich mich aber umdrehte, stand eine Frau vor mir, die mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. „Entschuldigung, dass ich dich einfach so anspreche, aber ich habe dich mit Taehyung gesehen. Seid ihr befreundet?“, fragte sie und ich legte den Kopf schief. „Äh, wer sind Sie?“, fragte ich die Frau und sie sah sich suchend um, bevor sie näher an mich heran trat.

„Ich bin Yejin, eine Freundin seines Vaters. Und ich... kannte seine Mutter“, stellte sie sich vor und nun zog ich die Augenbrauen hoch. „Jungkook“, sagte ich knapp und verbeugte mich ein wenig. Ganz meine Manieren verloren hatte ich dann eben doch nicht. Trotzdem war diese Frau seltsam. So, wie sie sich dauernd umsah und wie sie flüsterte, konnte man fast meinen, die wäre auf geheimer Mission unterwegs gewesen. „Ich weiß, du kennst mich nicht, aber ich würde gern wissen, ob ihr euch gut versteht. Genauer gesagt, ob ihr Freunde seid“, sagte sie und machte sich damit noch merkwürdiger.

„Und wieso sollte ich Ihnen das sagen? Sie verkehren mit seinem Vater...“, gab ich zurück, murmelte den letzten Teil aber nurnoch. Trotzdem schien sie mich genau verstanden zu haben und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber direkt wieder. Stattdessen trat sie einen Schritt auf mich zu und legte ihre Hand auf meinen Oberarm. „Ich möchte dich nur um etwas bitten...“, fing sie an und sah sich wieder um. „...wenn du Taehyung magst, oder er dir irgendetwas bedeutet... pass' bitte auf ihn auf“, und schon drehte sie sich um und verschwand.

„Was zum-“, stieß ich aus und stand einen Moment wie festgefroren da. Dann schoss mir aber durch den Kopf, dass sie ja etwas über Taehyung und seine Situation wissen musste, also wollte ich ihr hinterher, um sie danach zu fragen. Als ich aber um die Ecke bog, war sie nicht mehr zu sehen. Ich sah in jedem Gang in der Nähe nach, aber sie war wie vom Erdboden verschluckt und ich mächtig verwirrt.

Ich ging zur Kasse und bezahlte mein Zeug, bevor ich rausging und dort auf Taehyung wartete. Die ganze Zeit über musste ich an diese Yejin denken und was sie gesagt hatte. „Wenn du Taehyung magst, oder er dir irgendetwas bedeutet, pass' bitte auf ihn auf“. Sie schien auf jeden Fall zu wissen, was Taehyungs Vater für ein Mensch war, aber das war er nicht, was mich so beschäftigte. Viel mehr beschäftigte mich die Frage, die ich mir selbst die ganze Zeit stellte: Mochte ich Taehyung?

Sicher, er interessierte mich, das war mir inzwischen klar. Aber war dieses Interesse auch gleichzeitig mögen? Und wie sollte ich es schaffen auf ihn aufzupassen, wenn er mir nicht wirklich etwas erzählen wollte? Es drehte sich alles immer wieder in meinem Kopf, denn das widersprach so ziemlich allem, was ich mir in den letzten Monaten aufgebaut hatte und ich hätte eigentlich nichtmal eine Sekunde daran gedacht, meinen Ruf zu riskieren. Für niemanden hätte ich es riskiert, wieder der erbärmliche Loser zu werden, wie ich es auf meiner alten Schule war. Eigentlich.

„Jungkook?“, hörte ich plötzlich Taehyungs Stimme, der ein paar Meter entfernt stand und seine Tüten in der Hand hielt, während er sich umsah. Ich stand versetzt an eine Säule gelehnt, sodass er mich nicht sofort sehen konnte, ich ihn aber schon. Ich betrachtete ihn einen Moment lang und stieß mich dann von der Säule ab, um zu ihm zu gehen. Als er mich sah, konnte ich ihn unter seiner Kapuze kurz lächeln sehen und ich warf alle meine Bedenken über Bord. Ich hatte mich entschieden...

...ich würde ihn beschützen.

Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt