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Taehyung

Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass mir vorher schonmal etwas so peinlich gewesen war. Ehrlich, der Weg zur Schule kam mir wie eine Ewigkeit vor, dabei dauerte es mit dem Auto gerade einmal fünf Minuten. Jungkook sprach mich zwar immer wieder an und ich spürte seinen Blick des Öfteren auf mir, aber ich brachte einfach kein einziges Wort heraus.

Als wir auf den Parkplatz der Schule fuhren, machte ich mich schon bereit, um aus dem Auto zu springen und in die Klasse zu rennen, aber Jungkook drückte die Knöpfe runter und hinderte mich daran. „Tae, rede mit mir! Man, das muss dir doch nicht peinlich sein. Jeder holt sich ab und zu mal einen ru-“, weiter kam er nicht, denn ich presste ihm mit einem geschockten Gesichtsausdruck meine Hände auf den Mund. Allerdings hatte ich nicht mit seiner Reaktion gerechnet, denn der Dunkelhaarige zog die Augenbrauen hoch und leckte mir einmal komplett über die Handfläche.

Sofort zog ich meine Hände wieder zurück und wischte sie an meiner Hose ab.

„Ihh, ist ja eklig! Hat man dir keine Manieren beigebracht?“, sprudelte es verärgert aus meinem Mund und Jungkook lachte kurz auf. „Ach, aber sich auf jemand anderes einen runterholen, der das auch noch mitbekommt, steht wohl in den Knigge-Regeln?“, fragte er und grunzte danach, gefolgt von einem weiteren Auflachen. Sofort schlug ich mir die Hände vors Gesicht und sank tiefer in meinen Sitz. „Man, sag' das doch nicht so! Ich... Ich war einfach...“ „Geil, schon klar“, unterbrach der Dunkelhaarige mich und ich hätte in diesem Augenblick wirklich nichts dagegen gehabt, im Erdboden zu versinken.

„Tae, sieh' mich an“, kam es dann aber ruhig von Jungkook. Als ich nicht reagierte, spürte ich seine Hände auf meinen Handgelenken und er zog sie bestimmt, aber nicht grob von meinem Gesicht. Eine Hand legte sich auf meine Wange und er drückte leicht, sodass ich meinen Kopf zu ihm drehen musste. Vor lauter Scham waren mir ein paar Tränen aus den Augen gedrungen, die er mir seinem Daumen sachte wegwischte. Danach schnallte er sich ab und lehnte sich etwas zu mir rüber, gerade so nah, dass ich ihm direkt in die Augen sah.

„Hör' mal zu: Auch, wenn du mich dafür gerade erwürgen willst, mir macht das absolut nichts aus, im Gegenteil. Irgendwie ist es doch ein Kompliment, oder nicht? Ich fühle mich geschmeichelt, dass ich so eine Wirkung auf dich habe...“, erklärte er wieder mit dieser ruhigen, sanften Stimme und ich beruhigte mich automatisch wieder ein bisschen. Zwar schämte ich mich immer noch dafür, aber dass es Jungkook nichts ausmachte, ließ mich dann doch ruhiger werden. „Außerdem...“, fing er an und zog seine Tasche dabei vom Rücksitz nach vorn. „...kommen wir zu spät, also beweg' deinen Hintern“, grinste er noch, drückte mir schnell einen Kuss auf die Wange und stieg aus. Einen Moment lang, saß ich einfach da, bis ich mir die Mütze über den Kopf zog und ebenfalls das Auto verließ.

In den ersten beiden Stunden hatten wir keinen gemeinsamen Unterricht, also gingen wir in verschiedene Richtungen. Jungkook ins Haupt-, ich ins Nebengebäude, ich sah ihn im Augenwinkel aber noch zu mir sehen und grinsen. Ein bisschen seltsam war es schon, da wir ja sonst immer getrennt zur Schule gegangen waren. Aber es war ja sowieso so gut wie niemand mehr auf dem Schulhof, also dachte ich mir auch nichts weiter dabei.

Die erste Stunde verging relativ schnell, denn ich hatte Mathe und ich mochte dieses Fach schon immer gern. In der Zweiten hatte ich allerdings koreanisch und das war dann doch eher langweilig.

Als es zur Pause klingelte, wartete ich aus Gewohnheit wieder, bis alle draußen waren und ging dann ebenfalls raus. Jungkook stand mit dem Rücken an die Schulmauer gelehnt und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Ich zog meine Mütze etwas weiter runter und setzte mich auf der anderen Seite des Schulhofes auf eine Bank, konnte ihn aber trotzdem noch sehen. Immer wieder sah ich zu ihm rüber und meine Mundwinkel zuckten leicht nach oben, wenn er meinen Blick erwiderte. Irgendwann gesellten sich seine Freunde zu ihm und er unterhielt sich mit ihnen, trotzdem schaute er immer wieder zu mir rüber. Einer von seinen Freunden sah plötzlich auch fragend in meine Richtung und ich senkte schnell meinen Kopf etwas.

Plötzlich zeigte Jungkook aber in meine Richtung und setzte sich in Bewegung, was mich unruhig auf der Bank herumrutschen ließ. Was hatte er vor? Sollte nun der große Knall kommen? Hatte er mich doch nur verarscht, um sich dann über mich lustig zu machen? Die Fragen rotierten nur so in meinem Kopf und ich schluckte trocken.

Als Jungkook nur noch ein paar Schritte entfernt war, stieg die Nervosität ins Unermessliche und der Fluchtinstinkt setzte ein. Meine Beine machten sich schon dazu bereit, mich so schnell wie möglich von hier weg zu bringen, als ich plötzlich lautes Geschrei hörte. Alle Schüler drehten sich in die Richtung, denn es wurde von Sekunde zu Sekunde immer lauter. Zuerst realisierte ich es überhaupt nicht richtig, als Jungkook dann aber mit großen Augen zu mir sah und ich einen erneuten Schrei hörte, spannte mein ganzer Körper sich an und ich riss erschrocken den Mund auf.

Nein, das konnte nicht sein. Er war nicht hier. Nein, nein nein! Bitte nicht!

„TAEHYUNG! WO IST MEIN VERDAMMTER SOHN?“, brüllte mein Vater über den ganzen Hof und torkelte durch die Schüler hindurch, direkt auf mich zu.

Das war doch alles ein Alptraum...

Scars ⇴ ᴛᴀᴇᴋᴏᴏᴋ ✓Onde as histórias ganham vida. Descobre agora